Wolfsburg. Erstmals kostete die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg eine Hinausstellung in einem Bundesliga-Titelkampf unmittelbar Punkte.

Sechs Tage zuvor war Marina Hegering noch die gefeierte Heldin bei den Fußballerinnen des VfL Wolfsburg, die mit einem Treffer der Marke „Tor des Monats“ die Bundesliga-Partie bei der SGS Essen drehte. Am Sonntag beim 1:1 bei Bayer Leverkusen kam der Nationalverteidigerin dann eine tragische Rolle zu: Nach einem starken Spiel der Nummer 31 sah sie in der 71. Minute wegen Nachtretens Gelb-Rot, ihren ersten Platzverweis überhaupt. Aus dem folgenden Freistoß resultierte das 1:1, über das Unentschieden kamen die Wolfsburgerinnen nicht hinaus. Es war dabei erst der achte Platzverweis in 21 Bundesliga-Jahren des VfL - und vielleicht der folgenschwerste.

Denn die Lage im Titelkampf spitzt sich dadurch aus Wolfsburger Sicht weiter zu. Angesichts des Aus‘ in der Champions-League-Quali hatte der siebenfache Meister früh das nationale Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal (hier wäre es der zehnte Triumph in Serie) ausgerufen, um die Saison zu retten. Hegerings Platzverweis wurde am Sonntag nicht ins Feld geführt für diese gefühlte Niederlage. Vielmehr die zahlreichen ausgelassenen Chancen in der starken ersten Hälfte. Gleichwohl sah Coach Tommy Stroot, wie das Momentum dadurch und den folgenden Ausgleich an die Werks-Elf überging. Er sagte weiter: „Das Unentschieden tut weh, aber es ist nicht zu ändern.“

In sechs von sieben Wolfsburger Meister-Jahren gab‘s keinen Platzverweis

In der Regel sind die Wolfsburger Fußballerinnen in der Fairness-Statistik ganz vorne oder zumindest weit vorne dabei. In 14 von 21 Erstliga-Spielzeiten kassierten sie überhaupt keinen Platzverweis. Und in sieben Titel-Jahren wurde nur in einem eine VfLerin vom Feld gestellt. Oder vielmehr zwei. 2017/18 sah Tessa Wullaert Gelb-Rot, auch Ella Masar flog auf diese Weise vom Platz. Aber: Beide Partien gewannen die Wölfinnen, Wullaert steuerte zuvor eine Vorlage zum 3:1 gegen den FC Bayern bei, Masar traf doppelt beim 2:0 gegen Essen.

Auch sonst schwächten die VfL-Platzverweise das Team nicht unmittelbar im Titelkampf. In der zurückliegenden Saison kassierte Svenja Huth Gelb-Rot bei einem deutlichen 3:0 gegen Essen, auch für sie war es übrigens der erste und bisher einzige in der Karriere. 2011/12, als der VfL sich als Zweiter erstmals für die Champions League qualifiziert hatte, sah Sturm-Ikone Martina Müller Rot wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit.

Den ersten VfL-Platzverweis der Bundesliga-Geschichte kassierte einst Anna Blässe

Beim 7:0 gegen Jena war das noch zu verkraften, Müller verpasste aber auch das Spitzenspiel gegen den späteren Meister Potsdam, das die Mannschaft mit 0:1 verlor. Turbine wurde mit drei Punkten Vorsprung (und einem weitaus besseren Torverhältnis). Den allerersten Platzverweis sah aus Wolfsburger Sicht übrigens Anna Blässe in der Saison 2007/08, ihrer ersten von insgesamt 15 Spielzeiten für den Klub. In den Titelkampf griff Wolfsburg aber erst ab 2011 ein.

Anna Blässe (vorne, hier 2008 im Spiel gegen Essen) sah als erste VfL-Spielerin im November 2007 einen Platzverweis.
Anna Blässe (vorne, hier 2008 im Spiel gegen Essen) sah als erste VfL-Spielerin im November 2007 einen Platzverweis. © Michael Gohl | Michael Gohl

Hegerings Platzverweis war dagegen einer, der in Leverkusen unmittelbar Folgen hatte. Entschieden ist nach dem VfL-Ausrutscher bei Bayer natürlich nichts, zumal es noch das direkte Duell mit den Bayern am 17. Spieltag (23./24. März, noch nicht zeitgenau terminiert) in der VW-Arena gibt. Aber nach dem überraschenden Punktverlust darf sich das Stroot-Team nicht mehr viel erlauben. Ein Sieg am Sonntag (14 Uhr) im ersten Arena-Spiel gegen Verfolger Eintracht Frankfurt ist Pflicht. Der Coach sagt: „Es ist wichtig, die guten Dinge mitzunehmen und gegen Frankfurt in der Lage zu sein, das Spiel zu gewinnen.“ Auf die dann gesperrte Hegering, die sich in einer tollen Form befand, muss er allerdings verzichten.

Alle VfL-Platzverweise in der Bundesliga:

2007/2008: Anna Blässe (Gelb-Rot bei einer 1:2-Niederlage in Saarbrücken)

2008/09: Andrea Wilkens (Gelb-Rot bei einer 1:2-Niederlage beim SC Freiburg)

2010/11: Navina Omilade (Rot bei einem 3:2-Sieg in Saarbrücken)

2011/12: Martina Müller (Rot bei einem 7:0 gegen Jena)

2017/18: Tessa Wullaert (Gelb-Rot bei einem 3:1-Sieg gegen Bayern München), Ella Masar (Gelb-Rot bei einem 2:0-Sieg gegen die SGS Essen)

2022/23: Svenja Huth (Gelb-Rot bei einem 3:0-Sieg bei der SGS Essen)

2023/24: Marina Hegering (Gelb-Rot bei einem 1:1 bei Bayer Leverkusen)