Wolfsburg. Der Außenspieler des VfL Wolfsburg kommt in dieser Saison einfach nicht in Tritt. Ein Platz im EM-Kader ist in weite Ferne gerückt.

Nur drei Spieler des VfL Wolfsburg kamen in dieser Saison in sämtlichen 17 Hinrundenpartien der Fußball-Bundesliga zum Einsatz: Top-Torjäger Jonas Wind, Millionen-Einkauf Lovro Majer und – etwas überraschend – Ridle Baku. Letzterer geht aktuell durch eine schwere Zeit und spart im persönlichen Gespräch nicht mit Selbstkritik: „Es war nicht gerade überragend“, sagt der Wolfsburg-Profi mit Blick auf seine Leistungen in der laufenden Serie. Und trotzdem: Aufgeben will der 25-Jährige beim VfL nicht. Mit einem vorzeitigen Ausstieg aus seinem bis 2025 laufenden Vertrag beschäftigt er sich nach eigener Aussage nicht.

17 Einsätze in 17 Spielen – das hört sich im ersten Moment nicht schlecht an. Doch wer genauer hinsieht, der erkennt die persönliche Krise, in der sich Ridle Baku seit Sommer befindet: Achtmal kam der Außenspieler von der Bank, nur fünfmal stand er in der Liga von Anpfiff bis Schlusspfiff auf dem Rasen. Sein einziger Scorerpunkt gelang ihm beim DFB-Pokal-Erstrundensieg bei Makkabi Berlin, als er das zwischenzeitliche 5:0 markierte. Bei den Halbjahresnoten unserer Zeitung liegt Baku unter den VfL-Spielern mit seinem Zeugnis ganz hinten. Notenschnitt: 4,05.

2020 debütierte Baku in der Nationalelf unter Löw

Das ist deutlich zu wenig für einen Spieler, der einst mit ganz anderen Ambitionen zu den Grün-Weißen gekommen war. Im Oktober 2020 war Baku von Mainz 05 zu den Wölfen gewechselt, kurz darauf debütierte der mehrfache Junioren-Nationalspieler unter dem damaligen Bundestrainer Jogi Löw sogar in der A-Nationalelf. Die Karriere schien damals exakt in jene Richtung zu laufen, von der selbst Ridle Bakus Vater kaum zu träumen gewagt hatte. Er hatte seinem Sohn aus Verehrung für den früheren Nationalstürmer Karl-Heinz Riedle den Spitznamen „Ridle“ gegeben, den sich der Profi schließlich 2018 offiziell in seinen Pass eintragen ließ.

Zwar lief das erste Jahr beim VfL für Baku super. Der damalige Neuling war unter Oliver Glasner gesetzt, gehörte zu den Leistungsträgern. Im darauffolgenden Sommer wurde er mit der deutschen U21 Europameister. Auch in seiner zweiten Spielzeit in Wolfsburg war Baku unter Mark van Bommel und Florian Kohfeldt Stammspieler, absolvierte sämtliche 34 Bundesliga-Spiele und lief für den VfL in der Champions League auf. Und auch als Niko Kovac im Sommer 2022 Chefcoach wurde, stand der Rechtsfuß in der abgelaufenen Saison fast durchgehend in der Startelf. In dieser Saison ist alles etwas anders. Ja, es stimme schon, dass es bei ihm derzeit etwas krisele, gesteht Baku ein. Aber jeder Spieler habe mal so eine Phase, daraus könne man auch viel mitnehmen.

In Wolfsburg unterschrieb der Außenspieler gleich für fünf Jahre

Mit Kovac sei er natürlich im Austausch, erzählt Baku. Den Trainer will der Spieler nicht für seine Situation verantwortlich machen. „Da kann Person XY draußen stehen – wichtig ist, dass du auf dem Platz Leistung zeigst“, meint Baku. Trotzdem dürfte gerade ihm die Tatsache schwer fallen, dass er unter einem Coach aktiv ist, bei dem sich kaum einer seines Stammplatzes sicher sein kann. Beständigkeit, das hatte er bereits in der Vergangenheit erklärt, ist für Ridle Baku ein wichtiger Wert. Auch deshalb blieb er seinem Heimatverein Mainz 05 lange treu. Und als er sich zum Wechsel nach Niedersachsen entschied, band er sich gleich für fünf Jahre an den VfL.

Recht schnell verflogen sei die Zeit, findet Baku rückblickend. Jetzt ist er an einem Punkt angelangt, wo sich bald entscheiden dürfte: Geht es für ihn in Wolfsburg weiter oder nicht? Richtig raus mit der Sprache will Baku bei diesem Thema verständlicherweise nicht. Den Sprung ins Ausland wagen wie sein Bruder Makana, der gerade von Legia Warschau an OFI Kreta verliehen wurde? Darauf angesprochen scheint er nicht abgeneigt zu sein, doch letztlich schwenkt Baku bei solchen Fragen lieber um: weg von ihm selbst und hin zu der Mannschaft. Die steht derzeit ebenfalls an einem Scheidepunkt. Oder anders gesagt: im Niemandsland der Tabelle. Der Puffer zu den Abstiegsrängen ist komfortabel, doch an einen Sprung in Richtung internationale Plätze mag derzeit auch niemand so recht glauben. „Wir haben zu viele Spieler, die nicht konstant Leistung bringen, zu viele Spieler, die zu schwankend sind“, sagt Baku und nimmt davon auch sich selbst nicht aus. Lediglich Jonas Wind, Koen Casteels und Kapitän Maximilian Arnold seien eine Ausnahme.

Profi ist mittlerweile verheirateter Familienvater

„Keiner weiß, wo wir so richtig hingehören“, fasst Baku das Dilemma in Worte. Die Beschreibung trifft auch ein bisschen die persönliche Situation des Außenspielers, der auf dem Platz trotz seiner Vergangenheit im Mittelfeldzentrum mittlerweile die Außenbahn bevorzugt. Privat ist er mit TV-Sternchen Michelle Hendrich verheiratet, seit vergangenem Jahr sogar Familienvater, was ihn aber nicht ruhiger werden ließ. „Man macht sich noch mehr Gedanken, man nimmt Dinge anders war“, sagt Baku, der seinen Sommerurlaub stets kurzfristig bucht. „Im Fußball geht immer alles so schnell. Die schönsten Dinge passieren immer unerwartet“, sagt der Profi mit Blick auf die EM 2024 im eigenen Land, weiß aber auch: Derzeit ist das überhaupt kein Thema. Er braucht jetzt schnell Spiele und viel Einsatzzeit, um wieder der Alte zu werden. Von Beginn an, bis zum Ende. Gute Leistungen – und keine trügerische Statistik.