Wolfsburg. Chefcoach Kovac spart nach dem 2:3 seines VfL Wolfsburg in der Fußball-Bundesliga in Augsburg nicht mit Kritik an Mannschaft und Unparteiischen.

Niko Kovac‘ Miene war es am Samstagabend deutlich anzusehen, dass er gar nicht wusste, worüber er sich zuerst und am meisten aufregen sollte. Der Trainer des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg hatte bei der ärgerlichen 2:3 (2:1)-Niederlage in Augsburg im Spiel und im Auftreten seiner Mannschaft, aber auch in zwei Schiedsrichter-Entscheidungen so viel Zündstoff gesehen, dass in der anschließenden Pressekonferenz die Kritik nur so aus ihm herausplatzte.

Unglücksrabe Sebastian Bornauw (von links) vom VfL Wolfsburg wird nach seinem Eigentor von Torwart Pavao Pervan getröstet.
Unglücksrabe Sebastian Bornauw (von links) vom VfL Wolfsburg wird nach seinem Eigentor von Torwart Pavao Pervan getröstet. © IMAGO/kolbert-press | IMAGO/kolbert-press/Peter Fastl

Das Spiel: Kovac hatte nach der 1:2-Heimpleite gegen Leverkusen die Startelf auf vier Positionen verändert und eine mutige Wahl getroffen: Nicolas Cozza, Lovro Majer, Kevin Paredes, Patrick Wimmer rein, Sebastiaan Bornauw, Yannick Gerhardt, Ridle Baku und Tiago Tomas raus. Einer der anfangs gefährlichen Augsburger Konter führte zum 0:1 (17. Minute) durch Phillip Tietz. Der VfL steigerte sich, kam durch Jonas Winds achtes Saisontor zum 1:1 (35.) zum Ausgleich und durch einen von Mattias Svanberg herausgeholten und von Majer (45.) sicher verwandelten umstrittenen Elfmeter zur 2:1-Pausenführung. Nach dem Seitenwechsel wurde der VfL jedoch unerklärlicherweise immer passiver. Der FC machte Druck. Der eingewechselte Bornauw haute plötzlich völlig unbedrängt im eigenen Strafraum den Ball beim missglückten Klärungsversuch volley und unhaltbar in die eigenen Maschen – ein Slapstick-Tor zum 2:2 (79.). Böse Zungen behaupten: Es war endlich der erste Joker-Scorerpunkt des VfL in dieser Saison. Nur 135 Sekunden später traf der eingewechselte Arne Engels zum 3:2-Endstand.. Bitter, dass sich die Wölfe in der Nachspielzeit selbst um den Ausgleich brachten. Maximilian Arnolds Tor zählte nicht, weil Bornauw fast zeitgleich mit dem Schuss ein Foul beging. Dann irritierte der mit nach vorn geeilte Torwart Pavao Pervan den in aussichtsreicher Position befindlichen Gerhardt beim Abschluss. Schlusspfiff!

Warum Kovac sauer auf seine VfL-Profis ist

Kovac‘ Analyse: Der VfL-Chefcoach nahm kein Blatt vor den Mund. „Meine Mannschaft hat es in der ersten Halbzeit sehr ordentlich gemacht. Wir haben wie in vielen unserer Auswärtsspiele geführt. Leider haben wir es in der zweiten Halbzeit dann wieder weggegeben“, meckerte er. Augsburg habe sehr leidenschaftlich, körperbetont und intensiv Fußball gespielt, aber auch sehr einfach mit langen und zweiten Bällen. „Wir haben es nicht verstanden, Ruhe ins Spiel zu bringen beziehungsweise dem Gegner den Wind aus den Segeln zu nehmen.“ Und eine taktische Maßgabe sei nicht befolgt worden. „Wir haben drei Tore aus Flanken kassiert. Das hatten wir an- und besprochen. Wir wissen, wie wir das zu verteidigen haben. Leider ist es uns nicht gelungen. Ich bin sehr enttäuscht und verärgert über die Art und Weise, wie wir uns in der zweiten Halbzeit präsentiert haben.“

Kovac‘ Forderung: Nach drei Niederlagen in Folge könne es so nicht weitergehen. „Die Tendenz ist nicht gut.“ Ein „Weiter so“ könne den VfL nach unten ziehen. „Man darf jetzt nicht den Fehler machen und denken, dass wir gut genug sind. Wir haben eine gute Mannschaft. Aber man sieht, dass die Bundesliga sehr viel mehr erfordert als nur guten Fußball. Man muss auch mit guter Intensität und Leidenschaft die Sache angehen.“ Das Saisonziel, ein Platz im internationalen Geschäft, sei weiter realistisch. „Aber jetzt geht es in erster Linie darum, den Abwärtstrend zu stoppen.“ Wie, das habe Augsburg vorgemacht. „Jeder Einzelne hat im Verbund gegen den und mit dem Ball gearbeitet. Das habe ich bei uns in der zweiten Halbzeit vermisst. In der war allein die Mentalität der Augsburger im Vergleich zu uns entscheidend für den Sieg.“

VfL-Trainer zählt die Schiedsrichter an

Strittige Szene: VfL-Spieler Mattias Svanberg krümmt sich am Boden, nachdem ihn Augsburgs verdutzter Niklas Dorsch (vorn) leicht berührt hat. Es gibt Elfmeter.
Strittige Szene: VfL-Spieler Mattias Svanberg krümmt sich am Boden, nachdem ihn Augsburgs verdutzter Niklas Dorsch (vorn) leicht berührt hat. Es gibt Elfmeter. © picture alliance/dpa | Daniel Löb

Schiedsrichter-Kritik 1: Kurz vor der Pause kam Svanberg nach einer leichten Berührung von Niklas Dorsch im FC-Strafraum zu Fall. Schiedsrichter Daniel Schlager entschied auf Strafstoß. Der Kölner Keller, in dem zentral die Video Assistant Referees (VAR) sitzen, checkte in Person von Guido Winkmann die Szene. Schlager blieb aber bei seiner Entscheidung, ohne sie selbst noch einmal zu überprüfen. „Für mich war da nichts. So einen ähnlichen Touch hatten wir in Stuttgart. Da gab es den Elfmeter gegen uns. Auch da war nichts“, kritisierte Kovac und schlug vor: „Solche Szenen sollte man sich im Keller in Realgeschwindigkeit anschauen. In Slowmotion sieht jeder Kontakt aus, als ob jemand mit der Axt gefällt wird.“

Nächster Aufreger: Wolfsburgs Patrick Wimmer (am Boden) hält sich das schmerzende Sprunggelenk. Für das harte Foul sieht Augsburgs Mads Pedersen (Nummer 3) nur Gelb.
Nächster Aufreger: Wolfsburgs Patrick Wimmer (am Boden) hält sich das schmerzende Sprunggelenk. Für das harte Foul sieht Augsburgs Mads Pedersen (Nummer 3) nur Gelb. © imago/Krieger | IMAGO/Klaus Rainer Krieger

Schiedsrichter-Kritik 2: In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit traf Augsburgs Mads Pedersen mit gestrecktem Bein, voller Wucht und offener Sohle Wolfsburgs Wimmer am Knöchel. Schlager zeigte dem Dänen nur Gelb. Zu wenig, wie die TV-Bilder bewiesen und selbst Augsburgs Sportdirektor Marinko Jurendic („Das war Rot“) einräumte. Kovac ärgerlich: „Da geht es nicht um ober- oder unterhalb des Sprunggelenks getroffen, sondern um die Intensität und das gestreckte Bein. Das war eine klare Fehlentscheidung aus dem Keller.“ Winkmann hätte Schlager überzeugen können und müssen, sich auch die Szene noch einmal anzuschauen. Auch Alex Feuerherdt, Leiter Kommunikation und Medienarbeit der DFB Schiri GmbH, bezeichnete die Entscheidung hinterher im Sky-Interview als falsch.

Mal sehen, ob Kovac‘ Zorn bis zum DFB-Pokal-Heimspiel am Dienstag (18 Uhr, VW-Arena/live bei Sky) gegen RB Leipzig verraucht und seine Mannschaft geläutert ist...