Abu Dhabi. . Mercedes gibt seinem Talent Pascal Wehrlein keine neue Chance in der Formel 1. Red-Bull-Berater Helmut Marko ist fassungslos.

Ein Blick auf die Fahrerliste beim ersten Freien Training vor 14 Tagen in Sao Paulo verheißt keine gute Zukunft für deutsche Fahrer in der Formel 1. Mit Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg (beide 30) waren nur noch zwei Deutsche dabei. Vorbei die Zeiten, als – wie 2010 – zum Teil sieben deutsche Fahrer unterwegs waren. Schlimmer noch: Wenn Vettel und Hülkenberg in den nächsten Jahren ihre Karrieren beenden, droht der Autonation Nummer eins die totale Flaute: mit null Beteiligung im Fahrerfeld.

Die Suche nach einem neuen Vettel scheint eine Mission impossible. Aus den unteren Klassen drängt sich niemand auf. 81 Fahrer aus 31 Nationen tummeln sich in den vier wichtigsten Nachwuchsklassen. Darunter nur vier Deutsche, auch Michaels Schumachers Sohn Mick. Das Quartett fährt in der Formel 3 gegen neun Briten, acht Italiener und sieben Franzosen. In Sachen Nachwuchsarbeit haben die anderen Nationen Deutschland überholt.

Für den größten Nachwuchs-Experten, Red-Bull-Chefberater Helmut Marko (74), steht die Causa Pascal Wehrlein symbolisch für den drohenden Niedergang der Deutschen in der Formel 1. Der 23-Jährige gewann 2015 im Mercedes als jüngster Pilot die DTM und stieg in die Formel 1 auf, in der er zwar seine jeweiligen Teamkollegen bei Manor Racing und Sauber deutlich dominierte, aber mit unterlegenem Material nicht weiter auf sich aufmerksam machen konnte.

Mercedes zieht es nach England

Als Weltmeister Nico Rosberg zurücktrat, holte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff für eine Millionen-Ablöse den Finnen Valtteri Bottas von Williams, statt dem Eigengewächs eine Chance zu geben. Wehrlein ist für 2018 noch ohne Vertrag. Von Mercedes hat er keine Hilfe zu erwarten. Der Österreicher Wolff plant zwar weiter mit den Millionen aus Stuttgart, legt aber keinen großen Wert mehr auf Förderung deutscher Talente, da der Rennstall nach und nach gen England verlegt wird.

Auch die Formel E, in die Mercedes 2019 einsteigt, wird aus England betrieben. Da passt es, dass Wolff lieber auf George Russel (19) baut. Der Brite gilt zwar nicht als Überflieger, hat aber einen großen Vorteil. Sein Vater ist mit dem F-1-Chefstrategen der Silberpfeile, James Vowles, befreundet, der auch für das Mercedes-Nachwuchsprogramm zuständig ist.

Red-Bull-Berater Marko kann über so viel Vetternwirtschaft nur den Kopf schütteln: „Wehrlein ist ein großes Talent. Wie kann ein Mercedes-Vorstand zulassen, dass man sein eigenes Juniorprogramm mit einem extrem talentierten Deutschen ad absurdum führt, indem man für viel Geld einen Finnen einkauft? Bei uns wäre das nie und nimmer passiert!“