Braunschweig. Wenn einer der letzten Wünsche vor dem Tod ein Fußballspiel ist, sagt das viel über die Bedeutung des Sports aus, meint Dirk Breyvogel.

Fußball ist soviel mehr als Tore, Punkte und Tabellenstand oder die immer wieder geführten Debatten um Rivalität, Konflikte und leider auch Gewalt im und rund um das Stadion. Das Schicksal eines Mannes, den mein Kollege Leonard Hartmann porträtierte, zeigt das sehr eindrucksvoll. Der glühende Eintracht-Fan seit Kindertagen weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Ein Tumor wuchert in seiner Lunge. Der Krebs ist unerbittlich. Die Chemo kann alles nur verlangsamen, aber nicht umkehren. Der Mann ist, wie es kühl im Arzt-Deutsch heißt, „austherapiert“.

Er hat also nicht mehr viel Zeit, sich Wünsche zu erfüllen. Einen großen erfüllte er sich am Samstag. Zurück bei seiner Eintracht erlebte er ein blau-gelbes Schützenfest gegen Elversberg. 5:0. So wird er das Stadion sehr zufrieden verlassen haben. Nicht nur wegen der wichtigen drei Punkte im Kampf um den Klassenerhalt, sondern auch, weil es das Leben an diesem Tag gut mit ihm meinte. Es wäre naiv zu glauben, so ein Sieg könnte einem schwerkranken Menschen neuen Lebensmut einhauchen. Nein, aber er hilft vermutlich, auch die dunkleren Stunden zu meistern.

Demut ist gefragt, Hass ist fehl am Platz

In Stadien wird viel gerufen und gesungen. Manches ist verstörend und wirkt angesichts eines solches Schicksals noch weltfremder. Wer seinem Erzrivalen alles Unglück der Welt bis hin zum Tod wünscht oder behauptet, er würde die eigenen Farben bis in den selbigen verteidigen, sollte sich überlegen, ob er mit so einem Verhalten die Bedeutung des Spiels nicht in unsäglicher Art und Weise überhöht. Das gilt auch und gerade in Derbyzeiten.

Was das Leben, den Fußball und die bedingungslose Liebe zu „seinem Verein“ eint, ist etwas anderes. Man kann sich immer viel wünschen. Ob sich Wünsche erfüllen, liegt dabei oft nicht in eigener Hand.