Braunschweig. Der Mittelfeldspieler konnte bei Eintracht Braunschweig zuletzt sportlich kaum Impulse geben – und zeigt sich selbstkritisch.

Auch wenn sie kurz war: Für Eintracht Braunschweig kam die Winterpause eigentlich ungelegen. Hatte der Fußball-Zweitligist sportlich doch gerade Schwung aufgenommen – zum ersten Mal in dieser Spielzeit. Den Spielern aber war die Unterbrechung schon recht. Allen voran wohl Jannis Nikolaou. Der Kapitän der Blau-Gelben genoss die Zeit mit der Familie und einen kurzen Urlaub. Akkus aufladen – und eine Hinserie reflektieren, in der er seinem eigenen Anspruch hinterherlief.

So richtig kam der 30-Jährige nie in den Tritt. Ein Formtief? „Der Begriff Formtief fällt im Fußball immer schnell. Ich bin selbstkritisch genug, um zu sehen, dass ich nicht die Leistung gebracht habe, wie ich sie bringen kann“, sagt Nikolaou. Zwischenzeitlich wirkte es fast so, als sei der Mittelfeldmann mit sich selbst beschäftigt. Aber auch äußere Umstände brachten ihn aus dem Rhythmus. Drei Spiele verpasste er gesperrt, beim 0:3-Debakel in Elversberg fehlte er krankheitsbedingt.

Jannis Nikolaou will Einfluss nehmen – auch wenn er nicht spielt

Und dann kam noch ein neuer Trainer. Unter der Führung von Daniel Scherning ging‘s für alle Spieler bei null los. Offene Gespräche gab es. Scherning teilte jedem der Kicker mit, was er von ihm erwartet. Auch Nikolaou natürlich. Das Leistungsprinzip steht über allem. Hierarchien sind da erstmal zweitrangig. Nur wer der Mannschaft hilft, steht auch auf dem Platz. Und das konnte Nikolaou zuletzt längst nicht immer. Der neue Coach ließ ihn nie länger als 45 Minuten ran. „Bei der Mannschaft lief es dann natürlich auch und ich bin Teamplayer genug, dass ich die Truppe voll unterstütze und mich über jedes Tor und jeden Punkt freue. Es geht nicht um Einzelschicksale – aktuell erst recht nicht. Ich bin Kapitän dieser Mannschaft und habe versucht, das Team von außen so viel zu pushen wie es geht. Trotzdem ist mein Anspruch zu spielen“, sagt der Deutsch-Grieche.

Richtig, er ist der Kapitän. Und der muss eine Wirkung im Team haben – in welcher Form auch immer. „Ich glaube schon, dass ich einen gewissen Einfluss in der Kabine habe und mein Wort da ein gewisses Gewicht hat“, sagt Nikolaou, „das versuche ich immer einzubringen. Klar ist es für mich eine große Ehre, die Kapitänsbinde zu tragen. Und diese Verantwortung möchte ich auch ausfüllen – auf dem Platz, neben dem Platz, in der Kabine.“

Daniel Schernig: Kapitänsbinde ist „nur ein Symbol“

Das Kapitänsamt hatte ihm Jens Härtel im Sommer anvertraut. Der Sachse ist als Trainer nun seit mehr als zwei Monaten beurlaubt. Und seinem Nachfolger ist zwar eine klare Ordnung, eine Hierarchie wichtig, das Amt des Mannschaftsführers aber will er nicht überhöht wissen. Die Kapitänsbinde sei „nur ein Symbol auf dem Platz“, sagte Scherning ein paar Wochen nach seinem Amtsantritt. Der Fußballlehrer merkte aber auch an: „Ein Kapitän sollte im Normalfall häufiger spielen als Jannis zuletzt.“ Dass die Gesamthierarchie nicht in Stein gemeißelt ist, stellte der 40-Jährige ebenfalls heraus: „Im Winter werden wir schauen, was wir vielleicht noch tun müssen, oder ob es in Ordnung ist, wie wir aufgestellt sind.“

In den vergangenen Wochen haben sich schließlich auch andere Akteure in den Vordergrund gespielt. Ermin Bicakcic zum Beispiel. Der zurückgekehrte Routinier konnte auf dem Platz schnell überzeugen – und ist auch in der Kabine zu einer wichtigen Figur geworden. Sollte Scherning sich gar dazu entscheiden, die Kapitänsbinde weiterzureichen, wäre der Bosnier ein logischer Kandidat. Zumal sich die Kaderperspektive für Nikolaou auch nicht verbessert hat. Mit Niklas Tauer haben die Blau-Gelben einen weiteren Spieler für das zentrale Mittelfeld geholt.

Schlussendlich steht der Erfolg des Teams im Mittelpunkt. Und da ist es nicht entscheidend, wer sich vor dem Anpfiff beim Schiedsrichter zur Platzwahl einfindet. Eine funktionierende Einheit hat mehr als einen Führungsspieler. Und wenn einer davon eine Schwächephase hat, springen andere ein. Aber kann so eine Etappe auch an die Psyche gehen? „Ich versuche, das nicht zu sehr an mich herankommen zu lassen. Ich lasse mich da nicht verrückt machen und habe genügend Selbstbewusstsein, um zu wissen, dass ich es besser kann, als ich es zuletzt gezeigt habe“, sagt Nikolaou. Wie beim Derbysieg in der Vorsaison etwa, als er den Siegtreffer besorgte. Ein Moment, den der 1,84-Meter-Mann als einen der emotionalsten in seinen 114 Partien für die Blau-Gelben beschreibt.

Eintracht Braunschweigs Fans sollen sich nicht sorgen

Auch ein Blick auf die Zahlen verrät: Der 30-Jährige hatte trotz Flaute sportlich durchaus einen gewissen Einfluss. Wie aus Werten des Datenanbieters Wyscout hervorgeht, verzeichnete er im Kalenderjahr 2023 pro 90 Minuten 11,1 erfolgreiche Defensivaktionen. Kein anderer Mittelfeldspieler der Eintracht war in dieser Kategorie stärker. Gerade in den jüngsten Partien war dieser Aspekt aber kaum spürbar. „Ich hatte so eine Phase wie jetzt zuletzt noch nicht so oft in meiner Karriere. Trotzdem gehört auch das dazu. Da gilt es jetzt, gestärkt herauszukommen“, sagt Nikolaou und fügt an: „Die Fans müssen sich keine Sorgen machen, dass ich wieder zu meiner Form finde. Ich bin im Kopf stark genug.“

Für das neue Jahr jedenfalls habe er sich viel vorgenommen. Er wolle sich wieder mehr einbringen und seinen Teil beitragen. „Dass ich der Mannschaft helfen kann, habe ich schon gezeigt. Jetzt möchte ich auch wieder mehr auf dem Platz stehen“, sagt der gebürtige Bonner. Um dieses Ziel in Angriff zu nehmen, kam die Pause vielleicht genau zum richtigen Zeitpunkt.