Braunschweig. Eintracht Braunschweigs Trainer will noch kein Zwischenfazit ziehen, findet aber bemerkenswerte Worte für seine neue Mannschaft.

Daniel Scherning durchlebte jede Aktion beim 2:1-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern so leidenschaftlich, als wäre er ein Fan auf der Tribüne. Der Trainer von Eintracht Braunschweig fluchte, jubelte, ballte die Fäuste und war hinterher glücklich über den Erfolg. Seine Bilanz liest sich vielversprechend. Aus dem abgeschlagenen Abstiegskandidaten hat der 40-Jährige binnen weniger Wochen ein Team gemacht, das auf Tuchfühlung zum Relegationsplatz ist.

Nach monatelanger Tristesse waren die drei Siege aus fünf Spielen eine Wohltat für den Klub und auch den Braunschweiger Anhang. Mit etwas mehr Glück hätten aus den Niederlagen gegen den Hamburger SV und Greuther Fürth zumindest Unentschieden werden können, doch auch so keimt wieder Hoffnung an der Hamburger Straße auf. „Es macht viel Spaß“, sagte Scherning über seine Arbeit als Trainer des Fußball-Zweitligisten. „Ich habe das ja auch schon betont. Vielleicht ist es auch ein bisschen anders als im letzten Jahr. Ich habe hier eine Mannschaft vorgefunden, die auch eine Mannschaft ist. Das macht es für einen Trainer einfacher.“

Daniel Scherning vergleicht Eintracht Braunschweig und Arminia Bielefeld

Zur Erinnerung: In der vergangenen Saison übernahm der gebürtige Paderborner beim damaligen Erstliga-Absteiger Arminia Bielefeld. Doch in der Mannschaft der Ostwestfalen schien niemand so richtig auf den Abstiegskampf vorbereitet. Nach einem 3:3 in Braunschweig musste Scherning den Klub verlassen, der mit Uwe Koschinat wenig später in der Relegation gegen Wiesbaden verlor und mittlerweile wieder Drittligist ist.

Die Eintracht will unbedingt vermeiden, wieder eine Spielklasse tiefer antreten zu müssen. Aber erst seit Kurzem ist dieser Wunsch wieder realistisch – auch dank Scherning. Der sagt er über die intensiven ersten Wochen, in denen auch seine Familie zurückstecken musste: „Für ein Zwischenfazit ist es zu früh, aber wir haben drei von fünf Spielen gewonnen, sind Schritte in die richtige Richtung gegangen und haben es geschafft, den Abstand zu verkürzen.“ Jetzt sei sein Team in einer guten Position, um in der Rückrunde anzugreifen.

Solch offensive Aussagen kennt man von Braunschweiger Trainern gar nicht. Selbst Torsten Lieberknecht sprach in Zeiten, in denen die Eintracht ein Zweitliga-Topteam war, stets von starken Gegnern, von Demut und von kleinen Schritten. Schernings Kommunikation ist erfrischend. Und er füllt sie durch sportliche Erfolgserlebnisse mit Leben. Schon unter der Woche habe er bei seinen Spielern thematisiert, dass es darum gehe, gewinnen zu wollen. „Man hat gesehen, dass wir das Ding ziehen wollten. Ich bin stolz auf meine Mannschaft, weil sie das über 90 Minuten mit ganz viel Leben, Herz und Leidenschaft gefüllt hat“, sagte der Coach.

Mit dem Auftritt der Braunschweiger gegen Kaiserslautern konnten sich auch die Zuschauer zweifelsfrei identifizieren. Eintracht war aktiv, griffig in den Zweikämpfen und kam zu vielen Offensivaktionen. 17 Torschüsse zählte die Deutsche Fußball-Liga. Erstmals in dieser Saison gab es zwei Siege in Folge. Kommt die Winterpause da zur Unzeit, Herr Scherning? „Für den Kopf finde ich es gar nicht verkehrt. Alle können sich erholen und neue Motivation und neue Kräfte sammeln. Wir können uns sportlich neu ausrichten, schauen, was man in der Transferphase so macht und Anfang Januar wieder angreifen“, bekräftigte der ehemalige Profi, der angesichts des guten physischen Zustands seiner Mannschaft ein Lob aussprach. Das darf dem Trainerteam, aber auch seinem Vorgänger Jens Härtel zugeschrieben werden. Im Sommer wurden zumindest in diesem Bereich ordentliche Grundlagen gelegt.

Eintracht Braunschweigs Trainer Daniel Scherning zieht Lehren aus letzter Saison

Doch Scherning hat der Mannschaft Automatismen verpasst, die defensiv wie offensiv für mehr Sicherheit und Spielfreude sorgen. Das loben auch die Spieler, die auch weiche Faktoren bei Schernings Spielvorbereitung schätzen. Welche genau, wisse Scherning nicht, aber er scheint an den Fehlern der Bielefelder Zeit gewachsen zu sein. „Ich habe für mich selbst ein paar Lehren gezogen aus dem letzten Jahr, habe sie in der freien Zeit aufbereitet und jetzt ein paar Dinge versucht, anders zu machen“, verdeutlichte der Trainer der Blau-Gelben.

Der Plan ist jedenfalls erkennbarer als noch zu Saisonbeginn. „Jeder weiß, was zu tun ist“, ist ein Satz, den man in den vergangenen Wochen häufiger von Spielern hörte und den auch Scherning jetzt noch mal hervorholte. Außerdem schob er nach: „Wir haben extrem guten Teamgeist, auch im Trainerteam. Wir stehen zusammen. Und das ist ein entscheidender Faktor für Erfolg, egal ob du oben oder unten stehst.“

Bemerkenswert war auch ein anderer Satz Schernings. Er sagte: „Ich freue mich, hier Trainer zu sein.“ Das klingt nach starker Übereinstimmung und voller Identifikation für die Aufgabe in Braunschweig. Für diese will er sich aber gewiss nicht auf ersten Teilerfolgen ausruhen. Das Verteidigen von Standards wird ein Thema sein. Außerdem solle sein Team Dinge verfestigen. „Wir müssen längere Phasen besser spielen, müssen hinten heraus so ein Spiel wie gegen Kaiserslautern eher entscheiden oder es konsequenter verteidigen“, erklärte Scherning.

Für den Trainer ist klar: „Wir sind noch nicht am Ende.“ Damit war gewiss ein fortlaufender Entwicklungsprozess gemeint. Doch für alle, die es mit der Eintracht halten, könnte es auch eine schöne Erkenntnis für die Weihnachtszeit sein. Im Keller brennt noch Licht.