Braunschweig. Der Kader soll verkleinert werden. Gleichzeitig führt Benjamin Kessel Zukunftsgespräche – gar nicht einfach mitten im Abstiegskampf.

Ein Spiel noch – dann ist Weihnachten. Unabhängig davon, wie die finale Partie vor der Winterpause gegen den 1. FC Kaiserslautern (Sonntag, 13.30 Uhr, Eintracht-Stadion) auch ausgehen wird, gilt es für Eintracht Braunschweig, sich für eine Rückrunde im Abstiegskampf zu rüsten. Zu diesem Zweck haben Benjamin Kessel und Daniel Scherning jeden einzelnen Spieler des Fußball-Zweitligisten noch einmal genau unter die Lupe genommen.

Das haben der Sportdirektor und sein Trainer bei dessen Antritts-Pressekonferenz bereits klar herausgestellt. Denn wenn die Blau-Gelben doch noch in Liga 2 bleiben wollen, müssen Einsatz, Emotionalität und der Wille, sich der Situation zu stellen, passen. Wer diese Eigenschaften – neben fußballerischer Qualitäten – nicht bedient, ist für den sportlichen Überlebenskampf nicht zu gebrauchen.

Benjamin Kessel führt Gespräche mit den Spielern

Das Casting bei der Eintracht läuft also auf Hochtouren. „Wir haben bereits mit fast jedem Spieler persönliche Gespräche geführt. Wir stecken aber noch mitten in dem Prozess und wollen das letzte Spiel noch miteinbeziehen“, sagt Kessel. Gewünscht ist es, den mit 31 Spielern doch arg aufgeblähten Kader im Winter nach Möglichkeit etwas zu verkleinern. Das macht es auch dem Trainer leichter. Schließlich wären dann ein paar Charaktere weniger zu moderieren.

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Welche Namen auf einer Art Streichliste stehen könnten, verraten die Entscheider freilich nicht. Scherning hat aber schon fleißig herumprobiert. Mit Ron-Thorben Hoffmann, Ermin Bicakcic, Robert Ivanov, Marvin Rittmüller, Anton Donkor, Fabio Kaufmann und Johan Gómez standen sieben Spieler bislang unter dem neuen Coach stets in der Startelf. Wenn Anthony Ujah nach der Winterpause wie erhofft wieder einsatzfähig ist, wäre sicher auch er gesetzt im Aufgebot für den Abstiegskampf.

Transfers im Winter? Schwierig

Auch Saulo Decarli, Hasan Kurucay und Robin Krauße wussten unter Scherning zu überzeugen. Thorir Helgason und Jannis Nikolaou bekamen ebenfalls üppige Einsatzzeit. Lediglich Brian Behrendt, Youssef Amyn und Niko Kijewski kamen bislang noch gar nicht zum Zuge. Aber auch etwa Jan-Hendrik Marx oder Keita Endo bekamen nur Kurzeinsätze.

Die Frage ist: Gibt es für Spieler, von denen sich der Klub trennen würde, überhaupt einen Markt? Traditionell ist die Wintertransferphase für Manager schwieriger als die Wechselperiode im Sommer. Wenn sich kein Abnehmer findet oder sich beide Seiten nicht einig werden, gibt‘s auch keinen Transfer. Und vom Hof jagen, werden die Blau-Gelben auch niemanden – das lassen auch die Vertragsverhältnisse nicht zu.

Winterneuzugänge müssten Eintracht Braunschweig sofort helfen

Gleiche Hürden gelten selbstverständlich für potenzielle Neuzugänge. Und auch die sind nicht ausgeschlossen. Kessel stellt aber klar: „Wir sehen Optimierungspotenzial im Kader. Wenn wir im Winter einen oder mehrere Spieler dazu holen, muss klar sein, dass es sich um Sofortverstärkungen handelt. Sonst ergibt es für uns keinen Sinn.“ Gerade in der aktuellen Lage ist das nachvollziehbar. Die Wintervorbereitung und damit die Integrationszeit ist kurz. Da bleibt kaum Raum für Experimente – als Zweitligavorletzter schon gar nicht.

Doch was geschieht eigentlich danach? Kessel befindet sich auch perspektivisch in einer schwierigen Verhandlungslage. Nur elf Akteure haben einen Vertrag, der über den Sommer hinaus gilt. Und nicht jeder davon würde auch in Liga 3 greifen. Unter anderem enden nach der Saison die Arbeitspapiere von Hoffmann, Ujah, Donkor, Kurucay, Kaufmann, Decarli und Krauße. Eintrachts Sportdirektor muss also zweigleisig planen.

Eintracht Braunschweig muss zweigleisig planen

Ob der Tatsache, dass sich die 2. und die 3. Liga nicht nur im sportlichen Niveau, sondern auch in den Verdienstmöglichkeiten unterscheiden, macht das die Sache ganz sicher nicht einfacher. „Mit jedem Spieler sprechen wir ligaunabhängig über eine Zukunftsperspektive. Es würde die Sache aber natürlich erleichtern, wenn wir in der 2. Liga bleiben würden“, sagt Kessel, fügt aber an: „Wir werden auch in dieser Saison wahrscheinlich erst spät Planungssicherheit haben. Die Zeit bis dahin wollen wir dennoch sinnvoll nutzen, um sowohl für die Spieler als auch für uns die Optionen zu erörtern. Wir werden uns auf beide Szenarien vorbereiten.“

Dass Spieler wie Ujah oder Hoffmann mit in die Drittklassigkeit gehen, ist kaum vorstellbar. Bei dem einen oder anderen weiteren ist dann Kessels Verhandlungsgeschick gefragt – sofern die Blau-Gelben überhaupt an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sind. Aber solange der Klassenerhalt machbar ist, wollen die Braunschweiger ihn auch nicht aus dem Fokus verlieren. Ein Spiel ist noch vor Weihnachten. Und gelingt Scherning und Co. auch gegen die Roten Teufel ein Sieg, ist die Konkurrenz in Sichtweite – für einen kräftezehrenden Abstiegskampf.