Braunschweig. Der Sport-Geschäftsführer stellt den Zweitliga-Kader unzureichend zusammen und verliert intern an Bedeutung. Er geht aber mit Stil.

Peter Vollmann geht mit Stil. In einer E-Mail mit dem Betreff „Abschied“ wendet sich der seit Dienstagvormittag ehemalige Sport-Geschäftsführer Eintracht Braunschweigs an die Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Fußball-Zweitligisten und verkündet sein Aus mit emotionalen Worten. Es haben sich trotz der „sportlichen Höhen und Tiefen“ für Vollmann „wundervolle Erinnerungen und Erfahrungen angesammelt, die ich nicht vergessen werde“. Der 65-Jährige dankt für „die gute Zusammenarbeit“. Er schreibt: „Eure Unterstützung, euer Einsatz und eure Leidenschaft für Eintracht Braunschweig haben mir stets das Gefühl gegeben, Teil einer engagierten und motivierten Gemeinschaft zu sein. Dafür“, so Vollmann, „danke ich euch von Herzen.“

Ein Abgang mit Größe, der versöhnlichen Ton in sich trägt. Dabei hätte Vollmann Gründe genug gehabt, um herumzuwerfen mit Beschwerden über den Umgang mit seine Person. Wochen-, ach, monatelang hatte er allein am Pranger gestanden und klaglos ausgehalten, von der Öffentlichkeit alleinverantwortlich gemacht zu werden für den Niedergang des gesamten Klubs. Immer wieder stellte sich Vollmann vor die Kameras und Mikrofone und versuchte zu erklären, was ihm mehr und mehr aus den Händen geglitten war. Es gelang ihm immer seltener, konsequent zu argumentieren, warum dies und das klappte, dieses und jenes aber nicht.

Peter Vollmann soll zuletzt auch den Zugang zur Mannschaft verloren haben

Zudem verlor er nach und nach die Deutungshoheit über die eigene Stellung innerhalb des Klubs. Waren mal wieder unglückliche Zitate von ihm aufgetaucht, verdrehten auch führende Mitarbeiter die Augen und schoben die Angelegenheit mit einem dahingeseufzten „Ach, Peter“ in die Schublade mit den unwichtigen Unterlagen. Auch zur Mannschaft soll Vollmann mit der Zeit den Zugang verloren haben. Nicht den Respekt, aber diese gewisse Ehrfurcht, die es einem Geschäftsführer erlaubt, in Krisenzeiten den verbalen Hammer herauszuholen. Der aber hämmerte zuletzt wohl ins Leere.

Die Hauptgrund für Vollmanns Freistellung ist dennoch ein anderer und nachvollziehbarer: die Kaderzusammenstellung. Gänzlich klar wird das durch die Klubmitteilung jedoch nicht, in der Aufsichtsrats-Boss Jens-Uwe Freitag nur sagt: „Nach dem schwachen Saisonstart und einer tiefgreifenden Analyse der vergangenen Monate sind wir zu dem Entschluss gekommen, in der sportlichen Führung auch mit Blick auf die Zukunft eine Veränderung vorzunehmen.“

Auch der Aufsichtsrat der Eintracht ist schwer beschädigt

Was genau die Analyse der Klub-Oberen ergeben hat, bleibt diffus. Deren Resultat ist jedoch Vollmanns Aus. Das Gremium ist schwer beschädigt durch die Entwicklungen der vergangenen Wochen. Freitag hatte sich als dessen Vorsteher vor der Partie gegen Elversberg (0:3) vor nicht einmal drei Wochen in unserer Zeitung noch hinter Jens Härtel und Vollmann gestellt. Jetzt sind sie beide weg. Vollmann hatte durch seine Präsenz in der Öffentlichkeit viel negative Aufmerksamkeit für die oft zitierten „Gremien“ abgefangen. Seit Dienstag stehen die anderen im Wind.

Dieser weht aber Benjamin Kessel nicht ins Gesicht. Der 36 Jahre alte Ex-Profi war im Sommer als Sportdirektor installiert worden, um Vollmann nach dessen Vertragsende Ende 2024 zu ersetzen. Kessel „wird in seiner Position jetzt schon früher als ursprünglich geplant mehr Verantwortung übernehmen und sein Aufgabengebiet erweitern. Wir haben volles Vertrauen in Benjamin und werden ihn bestmöglich unterstützen“, sagt Präsidentin Nicole Kumpis.

Benjamin Kessel auf der Bank neben Peter Vollmann.
Benjamin Kessel auf der Bank neben Peter Vollmann. © regios24 | Darius Simka

Kessel selbst habe sich durch die Zusammenarbeit mit Vollmann „einen guten Überblick über die anstehenden Themen verschafft“ und sei bereit, „schon jetzt mehr Verantwortung zu übernehmen. Oberstes Ziel ist, gemeinsam mit dem neuen Chef-Trainer die Mannschaft schnellstmöglich zu stabilisieren und den Turnaround zu schaffen“, sagt Kessel. An der Verpflichtung Daniel Schernings hatte Vollmann schon keine Aktien mehr.

Mit Wolfram Benz haben die Braunschweiger nun nur noch einen Geschäftsführer. Kessel wird zwar laut Klub „mit mehr Verantwortung“ ausgestattet, behält aber vorerst seinen Posten als Sportdirektor. Prokura hat neben Benz noch Dennis Kruppke, der Sportkoordinator.

Die Freistellungen kosten die Eintracht wohl mehr als eine Million Euro

Die Eintracht steckt mitten in einem Neustart, trägt aber nun einen noch schwereren finanziellen Rucksack. Michael Schiele (bis Sommer 2025), Jens Härtel (bis Sommer 2025) und Peter Vollmann (bis Ende 2024) sind nur freigestellt und müssen weiterbezahlt werden. Auch der neue Trainer Scherning, der vierte in diesem Kalenderjahr, muss bezahlt werden. Insgesamt sorgen die Personalien wohl für eine Belastung in Millionenhöhe.