Braunschweig. Eintracht Braunschweig soll vor der Verpflichtung von Daniel Scherning stehen. In Bielefeld und Osnabrück wird er ambivalent beurteilt.

Seinen ersten Sieg als Trainer von Arminia Bielefeld holte Daniel Scherning gegen Braunschweig. Sein letztes Spiel als Trainer von Arminia Bielefeld war ein 3:3 gegen Braunschweig. Nun übernimmt der 40-Jährige offenbar den Cheftrainerposten bei der Eintracht. 22 Spiele in der 2. Fußball-Bundesliga stehen für den Tabellenletzten noch an – und aktuell spricht kaum etwas dafür, dass schnell weitere dazukommen. Mickrige fünf Punkte, ein desolates Torverhältnis von 7:24 und eine verunsicherte Mannschaft warten auf den Nachfolger des freigestellten Jens Härtel. Doch der designierte neue Coach kennt sich zumindest aus mit komplizierten Aufgaben, wenngleich er nicht jede erfolgreich zu Ende brachte.

Für 166 Spiele war Scherning beim SC Paderborn der Assistent des heutigen Bundesliga-Trainers Steffen Baumgart (1. FC Köln). Seine ersten Schritte als Chefcoach machte er dann in der Saison 2021/22 beim damaligen Drittligisten VfL Osnabrück. Es war eine Episode, die etwas mehr als ein Jahr lang positiv behaftet war, dann provozierte Scherning seinen Abgang zu seinem Herzensverein Arminia Bielefeld. Höhere Liga, emotionale Verbundenheit – aber auch die Bürde einer kolportierten Ablösesumme von 300.000 Euro.

Daniel Scherning leistet in Osnabrück Aufbauarbeit - Eintracht Braunschweig steigt auf

Zuvor hatte der gebürtige Paderborner bei Eintrachts Niedersachsen-Rivalen emsig Aufbauarbeit betrieben. Als der VfL nach dem Abstieg in Trümmern lag und eigentlich keine sportlichen Führungskräfte mehr vorhanden waren, verpflichtete Scherning mit dem Teammanager Julius Ohnesorge ein neues Team. Nur wegen zahlreicher Ausfälle reichte es seinerzeit nicht für den Aufstieg, den in jenem Jahr die Eintracht mit Michael Schiele schaffte.

In Osnabrück galt Scherning als offener und zugewandter Typ. Damit verschaffte er sich großen Respekt. Fußballerisch setzt er vermehrt auf ein 4-3-3-System mit einem Sechser, Außenstürmern und einer zentralen Spitze. Er steht für Ballbesitzfußball, für kontrollierten Aufbau und einen spielerischen Ansatz – also für all das, was dem aktuellen Braunschweiger Kader ad-hoc nicht zuzutrauen ist. Die Eintracht ist auf Umschaltspiel getrimmt, auch wenn das zuletzt gar nicht mehr stattfand.

Der 40-Jährige hatte in Osnabrück für Aufbruchsstimmung in einer Situation gesorgt, in der alles am Boden lag, sich nach einem schlechten Saisonstart allerdings auch mit einer Portion Druck vom Acker gemacht, skizzieren Insider.

Bei Arminia Bielefeld kann sich Daniel Scherning nicht freischwimmen

Bei der Arminia übernahm er in der Saison 2022/23 einen schlecht zusammengestellten Kader, in dem sich einige Spieler trotz des Bundesliga-Abstiegs zu Höherem berufen fühlten. Scherning kam mit Stallgeruch, konnte sich als ehemaliger Spieler und Nachwuchstrainer aber nie so richtig freischwimmen. Obwohl er den Klub kannte, sprang der Funke zwischen ihm und den Fans und Medien nie richtig über. Aus dem Bielefelder Umfeld heißt es, er sei immer sympathisch gewesen, aber nie nahbar.

Sportlich wechselten sich die Hochs und Tiefs ab. In einer schwierigen Gemengelage fehlte es dem Team aber an Konstanz und Scherning offenbar die Lockerheit, die ihn sonst ausgezeichnet hatte. Nach einem 3:3 in Braunschweig, bei dem die Arminia 3:0 führte, wurde er freigestellt. Wenige Tage später folgte der Rauswurf des Sportchefs Samir Arabi.

Nun wagt sich Scherning vermutlich erstmals aus seiner geografischen Wohlfühlzone – tief ins östliche Niedersachsen, tief in den Tabellenkeller. Beraten wird er übrigens vom ehemaligen Eintracht-Stürmer René Deffke. Dessen Klient galt als einer von mehreren Kandidaten bei der Eintracht. Robert Klauß (Ex-Nürnberg) und Dimitrios Grammozis (Ex-Schalke) sollen abgesagt haben. Luxemburgs Nationaltrainer Luc Holtz soll ebenfalls auf der Liste der Braunschweiger Verantwortlichen gestanden haben.

Marc Pfitzner bleibt im Trainerteam bei Eintracht Braunschweig

Doch schon vor Schernings voraussichtlichem Amtsantritt wirkt es so, als müsse dieser bloß als Übergangslösung herhalten. Dass sich unter diesen Voraussetzungen niemand findet, der einen Wow-Effekt bei den Fans erzeugt, ist nur logisch. Marc Pfitzner, der die Mannschaft bei den Niederlagen gegen die Spitzenteams Düsseldorf (1:4) und Hannover (0:2) betreute, gilt als die Zukunftshoffnung auf der Trainerposition. Die Vereinslegende soll sukzessive aufgebaut werden. Noch fehlt ihm die Fußball-Lehrer-Lizenz. Wird er zum Lehrgang zugelassen, könnte der 39-Jährige schon im kommenden Sommer übernehmen. Im Team des neuen Eintracht-Übungsleiters bleibt er zunächst Co-Trainer.

Für denjenigen, der jetzt als Chef antritt, ist das eine undankbare Situation. Doch womöglich schluckt ein Trainer, der in dieser aussichtslosen Situation einen Vertrag unterschreibt, diese bittere Pille. Womöglich heißt er Scherning und startet mit einem Heimspiel gegen seinen Ex-Verein VfL Osnabrück (Samstag, 13 Uhr).