Braunschweig. Der Rückkehrer glaubt fest an den Klassenerhalt. Hier spricht er über seinen Wechsel, seinen körperlichen Zustand und den Spitznamen Eisen-Ermin.

15 Minuten plus Nachspielzeit – so lange ließ Eintracht Braunschweigs Interimstrainer Marc Pfitzner Rückkehrer Ermin Bicakcic am Freitag spielen. An der 1:4-Niederlage des Fußball-Zweitligisten gegen Fortuna Düsseldorf änderte das nichts mehr, doch eigentlich war klar, dass der 33-Jährige nach nur wenigen Trainingseinheiten mit dem Team nicht sofort eine Option für einen längeren Einsatz sein würde. Aber der Abwehr-Routinier ist gewillt zu helfen und blickt nach vorn: „Es war ein schönes Gefühl, hier wieder aufzudribbeln. Aber ich bin nicht so glücklich über das Spiel und das Ergebnis. Deswegen müssen wir viel arbeiten und vieles besser machen.“

Drei der vier Gegentreffer erlebte Bicakcic von draußen, vor allem die Düsseldorfer Tore nach ruhenden Bällen nervten ihn. „Die Gegentore nach Standards dürften auf diese Art und Weise nicht passieren, das sind zu einfache Tore, das sind Geschenke. Wenn der Gegner dich ausspielt oder individuelle Fehler passieren, gehört das dazu. Aber dass diese Standards reingehen, ist für mich fast ein No-Go“, ging der Innenverteidiger mit seinen neuen Mitspielern hart ins Gericht. Wohl kaum ein anderer Neuzugang hätte sich eine derart schonungslose Kritik nach ein paar Tagen im Klub erlauben können. Bicakcic schon.

Ermin Bicakcic spielte für Eintracht Braunschweig und Hoffenheim in der Bundesliga

In seiner ersten Zeit bei der Eintracht stieg er im Team von Torsten Lieberknecht in die Bundesliga auf. Nach dem Wiederabstieg wechselte er zur TSG Hoffenheim, blieb neun Jahre dort, erlebte Abstiegskampf genauso wie die Europa League und die Champions League. Mal war er Stammspieler, mal vom Verletzungspech verfolgt, aber er zeigte immer unbändigen Willen. Auch der Wechsel nach Braunschweig zurück ist kein Vorgriff auf die Fußball-Rente. „Hätte ich keine Hoffnung, wäre ich nicht hierhergekommen“, sagt er im Hinblick auf das beinahe aussichtslos erscheinende Saisonziel Klassenerhalt.

Dass Bicakcic zurück ist, ist auch Eintrachts Sportdirektor Benjamin Kessel zu verdanken. Er schrieb vor wenigen Wochen „eine ganz simple SMS“, wie der WM-Teilnehmer von 2014 berichtet. „So ist das entstanden. Und dann habe ich realisiert, dass ich mit dem Auto auf dem Weg nach Braunschweig bin.“ Und Braunschweig, das macht er deutlich, sei für ihn eine Herzensangelegenheit. „Das Feuer in mir brennt. Aus sportlicher Sicht war es in Hoffenheim nicht mehr die Vorstellung, die ich und der Verein hatten. Ich habe gesagt, dass ich etwas brauche, wo ich Gas geben kann. Ich will nicht ins Ausland, irgendwo rumkicken und ein bisschen Kohle verdienen. Da bin ich noch nicht so weit und viel zu heiß“, bekäftigt Bicakcic.

Eintracht Braunschweigs Neuzugang hat nicht bloß Kaffee getrunken

Er hielt sich in den vergangenen Monaten individuell fit. „Ich habe nicht nur Kaffee getrunken und geschaut, was könnte ich in Zukunft machen“, sagt er. Das könnte der gebeutelten Eintracht schnell zugutekommen. Pfitzner sah bei seinem alten Mitspieler schon bei dessen Kurzeinsatz eine Präsenz. „Wir werden ihn auf jeden Fall gebrauchen können. Seine Leader-Fähigkeiten werden zum Tragen kommen“, so der 39-Jährige, der einen ordentlichen Auftritt des Last-Minute-Neuzugangs sah. „Aber einen richtigen Eindruck kann ich erst in der nächsten Trainingswoche gewinnen. Dann wird auch Zeit für einen längeren Austausch mit ihm sein.“

Marc Pfitzner lebt Eintracht Braunschweig, sagt Ermin Bicakcic

Auch Bicakcic spracht von seinen Leader-Qualitäten und seiner Präsenz. „Das sind Dinge, die mich auszeichnen. Ich werde mich einbringen, vorangehen, aber auch ich brauche Unterstützung. Er wolle das Maximum geben, um in der 2. Liga zu bleiben. „Gasgeben, rennen, das sind Dinge, die muss man nicht lernen, die muss man einfach machen“, erläuterte der 1,85-Meter-Mann. Diese Tugenden zeigte er einst Seite an Seite mit Interimscoach Pfitzner im blau-gelben Dress. Insofern vertraut er dem Coach. „Marc war schon als Spieler einer, der lautstark auf dem Feld war, der immer seinen Input gegeben hat, um individuell und im Sinne der Mannschaft zu helfen. Und er lebt das auch einfach vor. Er hat das Feuer, die Emotionen. Das ist genau das, was wir brauchen.“

Als junger Spieler verließ Bicakcic einst die Eintracht, nun ist er als gestandener Profi zurück. In der Löwenstadt entstand auch sein Spitzname „Eisen“-Ermin, den er mit nach Hoffenheim nahm. Die leidenschaftliche und kompromisslose Spielweise ist geblieben. „Die Eintracht hatte für mich immer einen besonderen Stellenwert, deswegen sehe ich es für mich persönlich als Aufgabe, hier alles zu geben, damit wir erfolgreich sind“, sagt er.