Braunschweig. Der 79-Jährige steigt aus Altersgründen als Veranstalter des ATP-Tennisturniers im Bürgerpark aus. Er gilt als ein Mann, der Menschen zusammenbringt.

Ein Leben, das für eine Autobiografie mindestens ein Dutzend dicke Bände füllen könnte. Harald Tenzer ist randvoll mit Erinnerungen. Der 79-Jährige ist ein wandelndes Geschichten- und Anekdotenbuch. Stundenlang kann er erzählen. Wie er etwa im Wolfsburger Stadion Bratwürste verkaufte mit Uwe Seeler. Oder wie er mit seinen Wanderfreunden Gerhard Glogowski und Bernd Gersdorff die 5680 Meter des Kilimandscharo erklomm. Unvergessen auch die Zeit, als er mit Franz Beckenbauer und Thomas Gottschalk in der Adidas-Traditionsmannschaft kickte.

Eine Charity-Veranstaltung war das damals, die zu einer der beeindruckendsten Veranstaltungen seines Lebens werden sollte. Schirmherrin war Kanzlergattin Hannelore Kohl. „Ein reicher Juwelier hatte dafür eine transparente Pagode vor dem Schloss Charlottenburg aufbauen lassen“, staunt er noch heute. 1000 Gäste durften rein; jeder musste 1000 Mark berappen. Der Juwelier hatte eigens eine Primaballerina der Metropolitan Opera aus New York einfliegen lassen. „Am Ende gab es 750.000 Mark für einen guten Zweck.“ Der Erfolg des exklusiven karitativen Coups freut ihn noch immer.

Seit 2015 trägt Tenzer das Bundesverdienstkreuz

Harald Tenzer, der Gentleman-Netzwerker. Ein Unikat. Immer gern bereit, Herzblut in Dinge zu stecken, die ihn begeistern. Stadtbekannt in Braunschweig, geschätzt in der Region und vernetzt wie kaum ein anderer. Erfolgreicher Unternehmer, engagierter Politiker, kreativer Veranstalter, vielfältiger Ehrenämtler mit einigen Präsidentschaften. Und seit 2015 auch Bundesverdienstkreuzträger.

Er lädt uns ein, in seinem Haus mit ihm Rückschau zu halten. Die Wände im Keller dokumentieren sein Leben hinter Glas: Zeitungsartikel, Broschüren, Briefe, Fotos, Speisekarten. Alles fein säuberlich gerahmt. Beim gemeinsamen Sponsoren-Dinner von Hertha BSC und Eintracht Braunschweig im Mai 1989 gab‘s nachweislich „Schweinerücken Jurasienne“.

Fußball und Tennis – in beide Sportarten hat Tenzer viel Leidenschaft gesteckt. 1956 schon spielte er in der Knabenmannschaft der Eintracht. Tenzer, der sein Geld vor allem mit Mineralöl machte, hat nicht nur als Präsident von Eintracht Braunschweig einen erfolgreichen Neuanfang angeschoben. 1987 initiierte er den Sponsoren-Pool „Eintracht 100“ und stellte den Club damit auf solide finanzielle Füße. Ziel war es einerseits, Geld einzuwerben, andererseits sollten aber auch die vielen Unternehmen und deren Mitarbeiter sich wieder mehr mit „ihrer“ Eintracht identifizieren. Der Sponsoren-Pool löste Jägermeister als Haupt- und Trikotsponsor ab.

Tenzer kombinierte Tennis und Nachtleben

2007 rettete Tenzer dann das ATP-Tennisturnier vor dem Untergang und führte es mit neuem Eventkonzept in eine vielversprechende Zukunft. Nun kamen zum Sport auch Party und Netzwerktreffen hinzu. Nach dem letzten Ballwechsel des Tages ist seitdem auf der Anlage noch lange nicht Schluss. Tenzer holte die Tennis-Ikonen Becker, Steeb und Stich, und unter seiner Ägide wurde das Turnier auch zum Liebling der internationalen Spielerschar. Die wählte die Braunschweiger Veranstaltung bereits sechsmal zum besten ATP-Challenger-Turnier der Welt – in dieser Spielklasse ein Novum im Tenniszirkus. 2015 nahm Tenzer die Ehrung in der Londoner O2-Arena entgegen. Er erinnert sich, wie der Laudator einräumte, Braunschweig sei auf der Weltkarte nicht leicht zu finden. Aber es habe eben das beste Challenger-Turnier des Planeten.

Tenzers Motto: „Man erzielt die besten Ergebnisse mit Machern. Egal welcher Partei. Wir brauchen mehr Macher und nicht so viele Wahrsager“, meint er entschieden. Anpacken statt heiße Luft verblasen. Er sagt das ganz sanft und lächelt milde. Man kennt ihn bedacht und besonnen. „Über die Jahre habe ich gelernt, dass es lohnt, Konsens zu schaffen und dass ein Zusammenspiel der Kräfte meist erfolgreicher ist als mancher Alleingang.“ Er bemühe sich stets, ein Klima zu schaffen, in dem Lösungen gesucht würden. „Früher“, so räumt er ein, „war ich wohl etwas ungeduldiger bei der Entscheidungsfindung.“

Die Liste der Begegnungen mit Prominenten ist lang

Heute gilt er als ein Mann, der Menschen zusammenbringt. An seiner Kellerwand sehen wir ihn mit viel Prominenz: Maybritt Illner, Richard von Weizsäcker, Ernst Albrecht, Sepp Meier, Wolfgang Overath, Berti Vogts. Mit Braunschweigs ehemaligem Stadtdirektor Jürgen Bräcklein stand sich Tenzer derweil nicht gut. Da gab es Knatsch wegen der geforderten Stadion-Sanierung. Eine ganzseitige BZ-Anzeige kündet vom Appell namhafter Sponsoren, die Arena endlich zu modernisieren. „Wie sehr habe ich darum gekämpft!“, seufzt Tenzer.

Was ihm im Leben am wichtigsten sei? „Die Familie“, antwortet er ohne Zögern. Er ist Vater und Opa und gebührend stolz auf seine zwei Töchter, den Sohn, die drei Enkelkinder. Kümmert er sich gut? „Ich glaube ja“, sagt er und lächelt wieder dieses typische milde Lächeln.

Tenzer steigt aus Altersgründen als Veranstalter des Turniers im Bürgerpark aus. 2022 hatte er den Löwenanteil seiner Firma Brunswiek Marketing an die Volksbank BraWo verkauft, die seitdem Titelsponsor des Turniers ist. Nur zehn Prozent hat er behalten. Und auch die will er über kurz oder lang abgeben.

Rückzug aus dem Turniergeschehen aus Altersgründen

Es war ein hochemotionaler Moment, als er im vergangenen Jahr nach dem Doppel-Finale auf dem Center Court die Nachricht von seinem Rückzug verkündet hatte. „Es war eine großartige Zeit, und ich weiß das Turnier in besten Händen“, sagte Tenzer, und das überraschte Publikum reagierte mit stehenden Ovationen für seine Leistung als Veranstalter.

Er wird auch in diesem Jahr noch ein wenig beratend zur Seite stehen. „Ich liebe das Turnier eben sehr“, sagt er. Tenzer ist für so vieles in seinem Leben dankbar. Für all die Begegnungen mit netten Menschen, für die Chancen, die Herausforderungen, die Erfolge. Sein Leben sei immer erfüllt gewesen. „Das gibt mir die Kraft und den nötigen Respekt, um mich mit meiner belasteten gesundheitlichen Situation abzufinden.“ Er zuckt mit den Achseln. Und lächelt.

Zur Person

Geboren am 2. Februar 1944 in Hahnenklee, Studium der Politikwissenschaft in Berlin, ungeplante Übernahme des Familienunternehmens, Ausbildung zum Kaufmann, Gründungsmitglied der Braunschweiger Wirtschaftsjunioren, IHK-Vizepräsident, Vorstandsmitglied der Unternehmerverbände Niedersachsen, Präsident des Großhandelsverbandes Braunschweig, Präsidiumsmitglied im Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels, Handelsrichter am Landgericht, Braunschweiger CDU-Ratsherr und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, Präsident von Eintracht Braunschweig, Mitglied des Ausschusses der Deutschen Fußball-Liga.