Austin. Spätestens beim nächsten Rennen in Mexiko soll Vettel matt gesetzt sein.

Zum ersten Mal in dieser Saison, wusste Lewis Hamilton schon vor dem Großen Preis der USA, könne er zu seinem Rivalen Sebastian Vettel „Schach sagen.“ Mit einem überlegenen Sieg, seinem neunten in dieser Saison und dem fünften in den letzten sechs Rennen, hat er das getan. Matt gesetzt hat er den Heppenheimer noch nicht. Noch nicht ganz. Aber mit 66 Punkten Vorsprung auf den deutschen Ferrari-Piloten bei noch maximal zu gewinnenden 75 Zählern kann der Mercedes-Fahrer gelassen nach Mexico City weiterreisen. Das ist Theorie. Die Praxis ist die: Hamilton genießt das Fahren wie noch nie, und die Attacke ganz besonders. Jedenfalls mehr als die Siegerzigarre, nach zwei Zügen war ihm fast schlecht geworden.

Bei Ferrari ahnen sie, dass die Aufholjagd in diesem Jahr zwar großartig war, aber nicht gekrönt werden wird. Teamchef Arrivabene gratulierte Toto Wolff mitten in der Mercedes-Medienrunde – ein fester Handschlag und eine ebensolche Umarmung unter Männern. „Großer Kampf“, gestand der Italiener, „nächstes Jahr“, tröstete der Österreicher. Der Große Preis der USA war so etwas wie die Generalprobe für die Ansprachen, die nach der Vergabe des Fahrertitels anstehen. Lewis Hamilton ließ sich von Sprinterlegende Usain Bolt schon mal dessen Markenzeichen, die Bogenschützen-Geste, beibringen. Der schnellste Mann auf Beinen hat dem schnellsten auf vier Rädern zum Abschied seine Spikes geschenkt, und unten auf dem Asphalt stand vor dem Rennen die WM-Trophäe, zum Greifen nah.

Ein fünfter Platz in Mexiko reicht dem Briten schon zum vierten Titelgewinn, bei 16 von 17 Rennen dieser Saison schaffte er es in den Top Fünf. Mercedes hat in Austin noch keine Party für den vorzeitig errungenen Mannschaftstitel gefeiert, wenn Hamilton dann Champion ist, lassen sie es dafür doppelt krachen. „Drei Rennen noch, das sind drei zu gewinnen“, verspricht Hamilton noch auf dem Podium. Bei dem neben ihm stehenden Sebastian Vettel sackt die Erkenntnis, dass es gelaufen ist nach dem zweiten Platz mit zehn Sekunden Rückstand, langsam ein. Bei der anschließenden Talkrunde hängt er nur noch in seinem Stuhl, als sei alle Kraft aus ihm gewichen.

Tapfer probiert er dennoch, die Moral seiner Scuderia zu heben, nachdem es auf dem Circuit of the Americas weitere technische Rückschläge gegeben hatte. In Austin war es ein unfahrbares Chassis, das von Freitag auf Samstag gewechselt werden musste, die größtmögliche Notoperation an einer Rennstrecke. Es klappte in Rekordzeit, die Mechaniker von Ferrari sind ja in Übung. Vettel holte noch das Maximum heraus, vom Ehrgeiz her ist er vielleicht sogar der wahre Champion der Königsklasse. Aber mehr als ein cleveres Manöver nach dem Start war in den USA nicht drin, Hamilton hatte ihn schon nach sechs Runden wieder eingeholt. Ein zweiter Boxenstopp war das Ende der Hoffnungen, mit Glück schaffte es der Deutsche zurück von Platz vier auf zwei. „Es gibt viele Dinge, die mir Hoffnung machen, wenn ich in die Fabrik schaue, die Ideen, die da auf dem Tisch liegen.“ Das Rennen in Texas sei eine Enttäuschung gewesen: „Ich hatte anfangs das Gefühl, dass es klappen könnte. Aber dann hat es keinen Sinn gemacht, sich groß zu wehren, wir waren einfach nicht schnell genug.“