Berlin.

Jürgen Kyas ist auf Thomas Bach nicht mehr gut zu sprechen. „Ignoranz ist auch eine Form der Beleidigung“, sagte der Präsident des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV). Auch bei der Aufklärung des Finanzskandals um Boxweltverbands-Präsident und IOC-Mitglied Wu Ching-Kuo hatten sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) und sein Präsident vornehm zurückgehalten.

„Ich habe Thomas Bach vor drei Wochen im Auftrag unseres Exekutivkomitees um ein Gespräch gebeten. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten“, berichtet der 72-Jährige Kyas, der als Mitglied der Exekutive des Box-Weltverbandes Aiba an der Entmachtung von Wu beteiligt war.

Wu, seit 2006 Aiba-Präsident und seit Jahren Mitglied der mächtigen IOC-Exekutive, wurde am Dienstag durch die Disziplinar-Kommission der Aiba suspendiert. Dem Taiwanesen wird Misswirtschaft und zum Teil Korruption vorgeworfen. Knapp 40 Millionen US-Dollar Schulden soll der Multi-Funktionär angehäuft haben – der Box-Verband steht kurz vor dem Kollaps.

Doch Wu hat eine dicke Haut und versucht. die aufgeschreckten Nationalverbände offenbar mit seiner Mitgliedschaft im IOC zu blenden. Am Rande des IOC-Gipfes in Lima/Peru Mitte September verfasste der angezählte Präsident ein Schreiben auf Briefpapier mit IOC-Emblem und IOC-Schriftzug, wies darin alle Vorwürfe zurück und machte klar, dass er die geballte Unterstützung des Ringe-Ordens genieße.

„Wie kann es sein, dass Herr Wu auf Papier mit IOC-Emblem schreibt und den Eindruck erweckt, er habe die Unterstützung des IOC. Gleichzeitig wird uns aber vom IOC mitgeteilt, man wolle sich in die Angelegenheit nicht einmischen“, fragte Kyas. Bei allen Nationalverbänden sei das Verhalten negativ aufgenommen worden.

Das IOC erklärte, dass man sich zum Aiba-Streit nicht äußern werde, solange es auch gerichtliche Auseinandersetzungen gibt. Ein ordentliches Gericht in der Schweiz hatte Wu zunächst Recht gegeben.sid