Dortmund. Wenn Dortmund heute Real Madrid empfängt, ist das auch ein Duell der Torjäger.

Es ist derzeit selten genug, dass die Füße mit dem Ball nicht anstellen, was sie sollen. Aber selbst bei Pierre-Emerick Aubameyang gibt es solche Momente. So wie am Montagnachmittag, als sich der Stürmer von Borussia Dortmund beim Training an einer vorgegebenen Aufwärmübung versuchte, jedoch nicht den gewünschten Erfolg zeitigte. Zur Strafe schnipsten ihm die Mitspieler mit dem Finger gegen das Ohrläppchen. Ein Ritual, das auch das Opfer erheiterte. Aubameyang lachte, wie er es eigentlich immer tut.

Das ist nicht zwingend eine Selbstverständlichkeit, weil der Angreifer im vergangenen Sommer den Verein verlassen wollte. Nicht weil Dortmund so schlimm wäre, aber weil ihn eben im fortgeschrittenen Fußballer-Alter mehr und mehr das Fernweh packt. Der ultimative Sehnsuchtsort war stets das Reich des Gegners, der sich am Dienstag (20.45 Uhr) in der Champions League vorstellt: Real Madrid. Dort zu spielen, war und ist sein Traum. Doch er hat ihn begraben. „Sie wollen mich nicht“, sagte er jüngst. Aber die Frage ist: Warum eigentlich nicht?

Schließlich ist Aubameyang in der Form seines Lebens. Jahr für Jahr wird er besser und gefährlicher und effektiver und cleverer. Das führt dazu, dass er nicht einmal den Vergleich mit dem größten aller Stars bei den Königlichen scheuen braucht: mit Cristiano Ronaldo.

Der Portugiese ist eine lebende Legende. Vier Mal ist er zum Weltfußballer des Jahres gewählt worden, er hat in der Historie der Champions League allein mehr Tore geschossen (107) als Atletico Madrid oder Benfica Lissabon. Nur zwei von unzähligen Bestmarken, die der Flügelstürmer in den vergangenen Jahren aufgestellt hat. Doch obwohl er weiterhin Leistungen auf hohem Niveau bietet, ist unübersehbar, dass auch Legenden älter werden. 33 wird Ronaldo im Februar. Derzeit steckt er in einer Krise. „Torjäger ohne Tore“, titelte die spanische Zeitung El Mundo Anfang der Woche besorgt. In den ersten vier Ligaspielen war er gesperrt, in den beiden folgenden schoss er 20 Mal aufs Tor – ohne Erfolg.

Ganz anders bei Aubameyang. Er träfe vermutlich derzeit auch aus seinem fahrenden Lamborghini heraus. Lobeshymnen sind über den Mann schon komponiert worden, die Superlative schienen nach der vergangenen Saison mit 31 Saisontreffern aufgebraucht. Nun braucht es bald womöglich Hyperlative. Oder eben eine Liebeserklärung, wie jene von Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc, der jüngst erzählte, ein bisschen verliebt zu sein in diesen Spieler. Und das war, bevor der Mittelstürmer mit dem ausgeprägten Torinstinkt weitere drei Treffer gegen Mönchengladbach erzielte. Es waren die Saisontore sechs, sieben und acht. Alle 66,9 Minuten trifft er im Schnitt in der Liga. Ein Wert, den auch Ronaldo nur zu Bestzeiten erreichte. Allerdings garniert mit deutlich mehr Vorlagen für die Kollegen.

Dennoch: Derzeit scheint Aubameyang der bessere Ronaldo zu sein. An ihren Formkurven hängen die jeweiligen Vereine: Der BVB führt die Bundesliga ungeschlagen an, der spanische Rekordmeister schleppt sich auf Platz fünf durch den Alltag. Aber Champions League ist ja kein Alltag.

Und vielleicht gilt auch bald irgendwann wieder, was Real-Trainer Zinedine Zidane vor der Partie gegen den BVB sagt: „Wenn Ronaldo nicht trifft, wird er immer kritisiert. Aber am
Ende wird er wieder den
Unterschied ausmachen, wie immer.“