Montréal. Der McLaren-Rennstall und sein Motoren-Lieferant Honda drohen sich gegenseitig.

Die Verantwortlichen bei McLaren flüchten sich längst nur noch in blanke Ironie. „Ich freue mich auf einen netten Hummer“, sagte Teamchef Eric Boullier, als er auf seine Erwartungen für den Großen Preis von Kanada angesprochen wurde.

Beim Traditionsrennstall ist allen bewusst, dass mit den lahmenden Honda-Motoren in der Formel 1 kein Blumentopf zu gewinnen ist. Lange machte das Team gute Miene zum bösen Spiel, das ist jetzt vorbei. Die Zeichen stehen auf Trennung.

„Es kann so einfach nicht weitergehen“, sagte Boullier und ergänzte: „Es geht nicht um Enttäuschung, es geht um pure Frustration. Die Leistung wird schlechter und wir können nicht ständig unsere Ziele verfehlen.“ Vor drei Jahren waren McLaren und der japanische Motoren-Hersteller eine Ehe eingegangen, die wieder WM-Titel und Grand-Prix-Siege bringen sollte, doch mittlerweile ist ein schmutziger Scheidungskrieg im Gange.

Honda will alles tun, um die Partnerschaft zu retten

Der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso hat seinen Abschied angekündigt, falls es bis September keine Siege gibt. Und dafür wird es garantiert nicht reichen, denn der Antriebseinheit fehlen nicht nur etwa 90 PS zur Spitze, sie ist auch höchst unzuverlässig und sorgt ständig für Ausfälle. „Wir wollen von unserem Partner die gleiche Leidenschaft und den gleichen Einsatz, den wir selbst an den Tag legen“, forderte Boullier.

Beim Chassis hat McLaren große Fortschritte gemacht und den Anschluss an den Rest des Feldes geschafft, mit einem völlig unterlegenen Motor bringt das aber rein gar nichts. Keinen einzigen WM-Punkt haben Alonso und Teamkollege Stoffel Vandoorne (Belgien) in dieser Saison geholt. Honda werde „alles tun“, um die Partnerschaft zu retten, versicherte Chef Yusuke Hasegawa nicht zum ersten Mal: „Es ist sehr unglücklich, dass wir sie nicht davon überzeugen können, dass wir das schaffen.“

Wenig überraschend ist es allerdings nicht. Zu lange versuchen McLaren und Honda nun schon vergeblich, an die goldenen Zeiten anzuknüpfen. In Montréal prangen am Eingang zur Box die Logos von acht Konstrukteurs- und zwölf Fahrertiteln, die daran erinnern sollen.

Lewis Hamilton war 2008 der letzte Weltmeister des Teams, der Spanier Alonso wollte ihm gerne folgen, doch das wird in der jetzigen Konstellation ein ferner Traum bleiben.

„McLaren gehört an die Spitze und sollte um den Titel kämpfen“

„Wir sind angetreten, um Weltmeister zu werden. Nach drei Jahren müssen wir sagen, dass wir das Ziel verfehlt haben. Es muss sich etwas ändern. Für das Team, für mich“, sagte Alonso: „Wenn man nicht erkennen kann, dass sich Dinge zum Positiven wandeln, musst man sich vielleicht ein anderes Projekt suchen.“

McLaren-Boss Zak Brown äußerte bereits sehr deutlich ernsthafte Zweifel an einer weiteren Zusammenarbeit mit Honda. Ein für Kanada versprochenes Upgrade des V6-Turbo musste verschoben werden, die Zukunft sieht düster aus. „Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, etwas zu ändern“, sagte Alonso: „McLaren gehört an die Spitze und sollte um den Titel kämpfen.“

Möglich wäre das eventuell mit einer Rückkehr zu den Motoren von Mercedes oder einem Wechsel zu Ferrari. Allerdings kann sich McLaren die Trennung von Honda nicht so einfach leisten und muss hoffen, dass die Asiaten freiwillig aufgeben. Die deftigen Breitseiten der Protagonisten des Rennstalls könnten dieses Szenario allerdings einleiten. sid