Mönchengladbach. Nach der Krebserkrankung schafft er es ins Finale.

Michael Hector lief in Boxershorts durch die Katakomben, die vorbereiteten Final-Shirts der Kollegen rochen schnell nach Bier – Marco Russ war dagegen eher der stille Beobachter der ausgelassenen Eintracht-Feierlichkeiten. Der Einzug ins Endspiel des DFB-Pokals war für den 31-Jährigen nach seiner Krebs-Erkrankung wohl noch ein Stück emotionaler als für alle anderen Frankfurter.

Und so war er vor allem damit beschäftigt, alle Eindrücke in sich aufzusaugen. „An Fußball habe ich lange Zeit überhaupt nicht gedacht“, sagte der Abwehrspieler der Hessen nach dem 7:6-Sieg im Elfmeter-Krimi im Halbfinale bei Borussia Mönchengladbach. „Es ist noch kein Jahr her, dass ich die Diagnose bekommen habe. Dass ich nun im Endspiel stehe, ist einfach nur weltklasse.“

Im Viertelfinale gegen Arminia Bielefeld (1:0) hatte Russ schon ein emotionales Comeback gegeben. Am Dienstag war er sogar eine prägende Figur, verhinderte mit dem verwandelten Elfmeter als fünfter Schütze das Ausscheiden. Sportliche Erfolge sind für Russ, bei dem im Mai 2016 durch eine Dopingprobe ein Tumor entdeckt wurde, nun noch wertvoller, sportliches Scheitern relativiert sich. Deshalb meldete er sich auch spontan für den vermeintlich entscheidenden Schuss. „Ich dachte eigentlich, ich mache den entscheidenden zum Sieg. Aber plötzlich musste ich treffen“, erzählte er später. „Deshalb ist mir schon ein Stein vom Herzen gefallen, als ich getroffen habe.“

Doch im Endeffekt war Russ nur einer von vielen Eintracht-Helden an diesem Abend, der in die Klub-Historie eingehen wird. „Wir haben gefightet, wie Adler eben fighten“, sagte Sportvorstand Fredi Bobic. „Dieses Spiel hat so viele wunderbare Geschichten geschrieben.“

Zum Beispiel die von Torhüter Lukas Hradecky. Der Finne, schon in den Elfmeterschießen in den ersten beiden Runden und dann auch gegen Hannover und Bielefeld der Erfolgs-Garant, hielt diesmal die Schüsse von Andreas Christensen und Djibril Sow. „Er hätte aber ruhig vorher mal einen halten können“, meinte Abwehrspieler Bastian Oczipka lachend, nachdem Hradecky die ersten sechs Schüsse passieren lassen musste. dpa