Stralsund. Die „Katharina von Bora“ bietet Passagieren eine Ostsee- und einer Flusskreuzfahrt zugleich – von Stralsund über Rügen bis Potsdam.

Mit leuchtend rotem Bug liegt die „Katharina von Bora“ im Stadthafen von Stralsund. Ferdinand von Schill wartet schon in schicker Robe an der Kaikante, um den ankommenden Passagieren die Stadt zu zeigen, in der er beim Freiheitskampf 1809 seinen Kopf verlor. Stolzen Schrittes schreitet er voran, schließlich wurde er 1806 von König Friedrich Wilhelm III. zum Premierleutnant ernannt. Die Gäste der Kreuzfahrt von Stralsund über Rügen und Usedom bis Potsdam folgen schmunzelnd und staunen über die Backsteingotik.

Über Nacht liegt das Schiff in Lauterbach auf Rügen

Nach einem kurzen Ausflug auf die Insel Hiddensee nimmt das Schiff Kurs auf Rügen. Es geht nach Lauterbach, zum ältesten Seebad Pommerns. 1810 ließ Wilhelm Malte I. Fürst von Putbus seinen Heimatort als klassizistische Planstadt nach dem Vorbild des englischen Bath ausbauen – mit klaren Vorgaben, die noch heute eingehalten werden: einmal im Jahr sind die Häuser zu weißen, vielfältige Rosenstöcke zieren das Stadtbild.

Ab 1895 bot sich neben dem Pferdefuhrwerk eine neue Möglichkeit, von Putbus in das Ostseebad Binz zu gelangen: Die Rügensche Kleinbahn nahm ihren Betrieb auf. Auch heute dampft der „Rasende Roland“ durch die saftiggrüne Landschaft, sein Signal ist weithin zu hören. Die „Katharina von Bora“ liegt über Nacht in Lauterbach, unweit des Badehauses Goor aus dem Jahr 1818. Das heutige Vier-Sterne-Hotel mit imposanten Säulen überzeugte Elizabeth von Arnim bei ihrem Besuch 1901 nicht. Sie befand, der griechische Tempel sei „entschieden kümmerlich“.

Also schnell weiter. Am nächsten Tag überquert die „Katharina von Bora“ den Greifswalder Bodden, um nach Usedom zu gelangen. Kapitän Joachim Schramm ist in seinem Element. Das große Wasser gefällt dem 57-Jährigen. „Eigentlich wollte ich Hochseekapitän werden“, erzählt er, „doch das war in der DDR nicht möglich – zu viel West-Verwandtschaft“. Karriere machte er trotzdem: 1984 wurde er einer der jüngsten Kapitäne der DDR und fuhr von da an jede erdenkliche Art von Binnenschiff. Am Ende fehlten nur noch die Kreuzfahrer. Ihnen widmet er sich jetzt seit 15 Jahren.

Auf Usedom reihen sich die Seebäder wie Perlen an einer Kette aneinander. In Heringsdorf ließ es sich schon Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen 1820 gut gehen, ab 1826 verkehrten regelmäßig Fahrgastschiffe. Das Touristenaufkommen wuchs, ab 1893 konnten die größeren Dampfschiffe an einer 500 Meter langen Seebrücke anlegen. Und Ende des 19. Jahrhunderts ließ Kaiser Wilhelm II. eine Bahnverbindung von Berlin aus errichten, sodass er in weniger als drei Stunden zur Sommerfrische gelangen konnte.

Nach dem Stopp in Stettin fährt das Flussschiff auf der Westoder – genau auf der Grenze zwischen Deutschland und Polen – durch eine verwunschene Landschaft, die die Gespräche an Deck verstummen lässt. Man lauscht dem Rufen des Kranichs, sieht die Spuren der Biber und mit ein wenig Glück einen jagenden Seeadler. Der Nationalpark Unteres Odertal ist die einzige intakte Polder-Landschaft Deutschlands.

Nach so viel Natur steht ein spannender Moment für Technikfans auf dem Programm: das Schiffshebewerk von Niederfinow. Passgenau wird die „Katharina von Bora“ in den Wassertrog hineinmanövriert, über den Köpfen der Passagiere wachsen die Stahlstreben in schwindelerregende Höhen.

Natur – Technik – Kultur: Zum Abschluss steht die größte deutsche Unesco-Welterbestätte auf dem Fahrplan: die Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft. Vom Sonnendeck aus sehen die Passagiere die Pfaueninsel, die Heilandskirche von Sacrow, das Schloss Glienicke und den Flotowturm im Park Babelsberg, bevor die „Katharina von Bora“ nahe der Potsdamer Innenstadt anlegt. Auch auf dem letzten Landausflug verfolgen die Gäste die Spuren der Kaiser und fotografieren die Kartoffeln auf dem Grab des Alten Fritz im Schloss Sanssouci.

Nach neun Landausflügen in einer Woche reisen die Passagiere voller neuer Eindrücke ab. Viele haben die Schönheit ihres Landes neu kennengelernt. Und wer kann schon von sich behaupten, gleichzeitig auf einer Ostsee- und einer Flusskreuzfahrt gewesen zu sein?