Cagliari. Im komfortablen Fahrzeug bietet so ein Urlaub einen guten Service.

Mediterraner Frühling, prall und sinnlich: wilder Mohn, grüne Macchia, ein intensiv duftender Blütenteppich. Bougainvillea, die in Kaskaden über die Balkone quillt. Alte Herren, die in der Nachmittagssonne auf dem Dorfplatz sitzen und an ihrem Mirto nippen, dem lokalen Likör. Es sind die vertrauten Szenen, die Sehnsuchtsbilder und die Aromen des Südens, die uns schon im Bus auf diese Insel einstimmen.

Gut drei Stunden dauert die Fahrt quer über die Insel, von
Olbia im Nordosten bis in das pittoreske Hafenstädtchen Alghero im Nordwesten. Es ist ein besonderer Bus, der uns am Flughafen abgeholt hat: Setra S 516 ist seine offizielle Typbezeichnung, „2+1 Panoramabus“ nennt ihn Guido Gröpper, Chef der Kieler AK Touristik. Großzügige Glasflächen, insgesamt nur 30 bequeme Ledersessel, eine Beinfreiheit, die es mit mancher Business Class in der Luftfahrt aufnehmen kann und – neu in der Bustouristik – erstmals nur jeweils ein Sitz auf der linken Seite, ideal für Singles.

Die Passagiere werden ohne Extrakosten mit dem Taxi von ihren Wohnungen in Hamburg, Schleswig-Holstein, aus dem nördlichen Niedersachsen und dem westlichen Mecklenburg-Vorpommern zum Abfahrtsort oder zum Flughafen gebracht. Zur Begrüßung im Bus ein Glas Sekt, die Hotels im Vier-Sterne-Bereich, ein solides Preisniveau.

Die meisten Reisen, bei denen der Bus am Zielflughafen wartet, dauern sieben bis neun Tage. Von Irland bis Spanien, von Norwegen bis Kroatien sind Europas reizvollste Reiseländer im Katalog vertreten. Italienische Regionen sind dabei besonders gefragt, allen voran die Toskana, die Amalfiküste oder Sizilien. Bei Sardinien hingegen wird häufiger von der Liebe auf den zweiten oder dritten Blick berichtet. Der eher raue Charme dieser Insel wirkt wie ein fremdartiger Zauber. Seine prähistorischen Turmbauten, die
Nuraghen, lassen sich nur schwer erschließen. Oft wird Sardinien auf die Costa Smeralda reduziert, dem in die Jahre gekommenen Refugium der Schönen und Reichen.

Die Costa Smeralda war Zieldes internationalen Jetset

Eine Woche sind wir mit dem Panoramabus die Küsten entlang und „quer durch“ gefahren. Wir haben die bizarren, rosafarbenen Granitfelsen an den einsamen Buchten bestaunt und in ihnen, jeder seiner Fantasie entsprechend, Figuren, Skulpturen und Gebilde gesehen: Elefanten, Bären, Henry-Moore-Monumente, die Elbphilharmonie oder eine versteinerte Brandung.

Wie ausgestorben sind uns die Landschaft und viele Dörfer vorgekommen, „als höre hier die Welt auf“, wie einst D. H. Lawrence in seinem Reisetagebuch notierte. Er war vor knapp 100 Jahren auf Sardinien, und seine so kritischen wie amüsanten Eindrücke lassen sich noch heute nachvollziehen. Dann wieder, ein paar Serpentinen weiter, wuseliges Leben, auf Plätzen rund um den Hafen von Cagliari. Man mag Sardinien als ein reines Badeziel buchen, weil die Strände und Buchten wirklich so traumhaft sind. Man kann aber auch, wie wir es getan haben, sieben Tage lang mit dem Bus durch Sardinien fahren – und sich am Schluss nicht einig sein, wo schließlich die Liebe zu diesem Mittelmeer-Juwel eingesetzt hat. In Bosa? Oder doch an einer der unzähligen Felsbuchten auf den Inselchen des Maddalena-Archipels. Oder gleich zu Anfang, die Altstadt von Alghero?

Klein-Barcelona, wie sie gern genannt wird, war lange Zeit eine katalanische Hochburg, von den Königen von Aragon zu einer Festung ausgebaut. Die dicken Mauern, die Paläste und Kirchen, die Plätze und Flaniermeilen am Hafen atmen jeden Tag spanisch-italienisches Flair. Refugien der Ruhe, wie etwa der Kreuzgang der Klosterkirche San Francesco, bilden dazu den angenehmen Kontrast. Es gehören auch die Nuraghen zu unserem Programm, so wie Paris ohne Eiffelturm oder Rom ohne Kolosseum nicht möglich sind. Für die einen sind diese Hügel imposante Zeugnisse einer frühen Hochkultur, für andere ein Haufen klobiger Steine. Aber wenn die Zeit knapp ist, dann wenigstens Su Nuraxi, eine Art Zitadelle, die seit gut 3000 Jahren aus der Hochebene der Marmilla ragt, Weltkulturerbe seit 1997.

Natürlich wollen wir sehen, was aus Aga Khans Traum geworden ist, der vor 50 Jahren die Costa Smeralda und Porto Cervo zu einem Hotspot des internationalen Jetsets ausgebaut hat. Und sie
kamen alle, Soraya und Roger Moore, die Beatles und die
Royals, Roman Abramowitsch und neuerdings auch Wladimir Putin. Geblieben sind die üblichen Verdächtigen des Luxushandels.

Wir haben zum Glück längst nicht alles „abhaken“ können und wollen, was sehenswert ist auf dieser Insel. Gewiss wäre es auf
der einen Seite sehr schön gewesen, wenn wir etwas mehr Zeit
gehabt hätten in Cagliari, der
lebhaften Inselhauptstadt. Oder für eine Wanderung auf den Punta
la Marmora, mit fast 1900 Metern der höchste Berg auf Sardinien.

Auf der anderen Seite haben wir es wohl genau richtig gemacht. Irgendwann haben wir auch auf die dritte Nuraghe verzichtet und uns stattdessen in einer gemütlichen Osteria niedergelassen. Bei einem Glas Rotwein – vielleicht waren es auch zwei –, frischem Landbrot, deftiger Wurst und würzigem Käse haben wir die Götter der grauen Vorzeit hochleben lassen und abends im Hotel dafür den Reiseführer studiert.

Mit den Szenen des Südens sind wir nach einer Woche in Olbia wieder in den Flieger nach Hamburg gestiegen. Und mit Salsiccia Sarda, der luftgetrockneten Schweinewurst im Handgepäck, dazu einem Fläschchen Mirto und einem Tütchen feinster Safranfäden von den Krokusfeldern bei San Gavino Monreale, haben wir zu Hause unser kleines Inselglück genüsslich verlängern können.