Gaborone. Nirgendwo in Afrika gibt es so viele Elefanten wie in Botswana.

Wer authentisch auf Safari geht und im Zelt übernachtet statt im klimatisierten Hotelzimmer, darf auch mit den Vögeln aufstehen. Also zügig raus aus den Federn. Schnell einen starken Kaffee geschlürft und den über dem Lagerfeuer gebackenen Muffin verdrückt, dann rauf auf die Sitze des offenen Geländewagens. Am Steuer wartet Max Tidimalo, ein Guide des Safariunternehmens Andbeyond. Das betreibt in Botswana etliche schicke Lodges, aber auch das rustikalere Camp „Chobe Under Canvas“. Die fünf geräumigen Zelte mit Doppelbett und privatem Badezimmer stehen versteckt an einem einsamen Platz im Galeriewald des Chobe-Flusses.

Trotz ihrer Größe bewegen sich Elefanten beinah lautlos

Eine Herde Rappenantilopen füllt sich die Mägen mit grünen Trieben, eine Warzenschweinmutter führt mit dem erhobenen Schwanz als Wegweiser ihre Frischlinge spazieren, ein einsames Flusspferd kühlt in einem Pool sein Gemüt. Dann entdeckt Max handtellergroße Pfotenabdrücke im roten Sand und folgt der heißen Spur zu einem Tatort: Ein Löwe mit schwarzer Mähne knabbert an einem in der Nacht gerissenen Büffel. Anschließend geht es hinunter ins Schwemmland des träge fließenden Chobe. Geplant ist nur ein kurzer Stopp. Doch dann kommt alles anders, weil die Könige des Buschs unerwartet eine Audienz gewähren.

Unerwartet treten sie zwischen den Bäumen ins Freie. So entspannt wie im Chobe-Nationalpark sind die Tiere anderswo nicht, erklärt Max: „Hier haben die Tiere gelernt, dass von uns keine Gefahr ausgeht.“ Die meisten Dickhäuter Botsuanas leben in dem vor 50 Jahren gegründeten Schutzgebiet. In der Trockenzeit von Mai bis Oktober sind die Tiersichtungen deswegen so gut wie an nur wenigen anderen Orten in Afrika.

Inzwischen tummeln sich derart viele Dickhäuter am Ufer, dass man sie gar nicht mehr zählen kann. „Nirgendwo in Afrika gibt es noch so viele Elefanten wie in
Botswana“, sagt Mike Chase von der Nichtregierungsorganisation Elephants Without Borders. Fast überall auf dem Kontinent schrumpft die Population, weil Lebensraum verloren geht und sowohl Wildererbanden mit ihrer Gier nach Elfenbein als auch Jäger mit dem Wunsch nach Trophäen den Dickhäutern nachstellen. In Botswana steht dagegen der Naturschutz an erster Stelle: Wilderer kommen hier viele Jahre ins Gefängnis, und die Armee schreckt bei ihren Patrouillen vor dem Einsatz von Schusswaffen nicht zurück. Inzwischen wurde auch die Trophäenjagd verboten. Botswana ist für Afrikas Elefanten also eine Arche Noah. Der Anfang September veröffentlichte „Great Elephant Census“ beziffert die Zahl der Tiere im Land auf über 130 000 – das sind mehr als ein Drittel der Population des Kontinents.

Diejenigen Elefanten, die nicht durch den Chobe-Nationalpark streifen, sind im benachbarten Okavangodelta zu Hause. Plötzlich ist überall Wasser: Sümpfe umschließen flache Inseln mit lichten Wäldern und Savannen, sattgrüne Wiesen aus Schilf und Papyrus breiten sich aus. Quelle all diesen Lebens ist der Fluss Okavango, der mehr als 1000 Kilometer von seinem Ursprung in Angola entfernt in einem riesigen Binnendelta versickert.

Viele Dickhäuter schließensich wilden Herden an

Bei Pirschfahrten im Geländewagen begegnet man Elefanten zwar nicht direkt auf Augenhöhe, blickt aber oft herab auf ihren Nachwuchs. Im Abu Camp führt Guide Joe Molekoa seine Gäste zu Fuß ziemlich nah an die Giganten heran, um Teil der Herde zu werden. Die Elefantenkühe erscheinen einem dabei wie Riesen, drei Meter hoch und massig wie ein Lieferwagen. Ewig lang wirken auch die von 100 000 Muskeln gesteuerten Rüssel, die unter viel Prusten und Plantschen das Wasser aufsaugen. Zwischendurch schnuppern die Allzweckinstrumente immer wieder in unsere Richtung, wer viel Glück hat, wird sogar umarmt. Endlich gibt es die Möglichkeit, genau hinzuschauen. Man folgt den Falten der runzeligen Haut, entdeckt lange Wimpern – und hofft auf eine Reaktion der kleinen braunen Augen, die
einen neugierig mustern.