Palma. Sonne und milde Temperaturen um die 18 Grad lassen die Mandelbäume schon jetzt erblühen.

Der Anblick ist faszinierend. Ein dichter Schleier in Weiß und Zartrosa hat sich über die Felder und Wiesen entlang der kurvenreichen Straße gelegt. Ein Blütenmeer, so weit das Auge reicht. Wir sind auf Mallorca zwischen den Dörfern Ca’s Concos und Alquería Blanca unterwegs.

Alle Jahre wieder startet im Südosten der Insel Ende Januar die Mandelblüte. Jeden Tag breitet sie sich ein Stückchen weiter westwärts aus. Ende Februar, spätestens Anfang März entfalten die Bäume am Fuße der Serra de Tramuntana als Letztes ihre zarte Pracht. Dann stehen alle Mandelbäume auf Mallorca in voller
Blüte.

Etwa 3,6 Millionen offiziell von den Behörden registrierte Mandelbäume sind es noch, die das mallorquinische Naturschauspiel inszenieren. Vor 20 Jahren waren es doppelt so viele. Ein böser Pilzbefall hat den Plantagen arg zugesetzt. Und auch die Bereitschaft der Bauern, die Bäume aufwendig zu pflegen, ist deutlich zurückgegangen.

Nach Auskunft des Tourismusministeriums besuchen bis zu 400 000 Touristen während der Blütezeit die Insel. Sie genießen den besonderen Zauber, der in der Frühlingsluft bei Temperaturen um 18 Grad liegt, und lassen sich von der Sonne verwöhnen, die täglich sechs bis sieben Stunden scheint. Von Alaró bis Artà, von Binissalem bis Bunyola, von Selva bis Son Servera. Mit dem Mietwagen, zu Fuß und per Rad sind Mallorcas Feriengäste in diesen Wochen unterwegs, um die schönsten Mandelblütentouren zu erkunden.

Alle großen Reiseveranstalter sowie viele Hotels locken mit exklusiven Angeboten. „Unsere Gäste sind immer wieder fasziniert“, sagt Masio Vicenç. Der 57-jährige Wanderführer ist Direktor von Grupotel Natur. Er will den Urlaubern das authentische Mallorca vermitteln. Verstärkt wird mit den blühenden Bäumen um eine Belebung der Nebensaison geworben. Seit 2010 gibt es eine Mandelblütenmesse. Die „Feria de la Flor de Almendro“ findet jedes Jahr am ersten Sonntag im Februar in der Kirche Església Nova in Son Servera statt. Es werden traditionelle Mandelgerichte angeboten, aber auch Naturkosmetik und Parfüms. Das Parfüm „Flor d’Ametler“ gibt es auch in verschiedenen Inselparfümerien. Der Mallorquiner Bernardo Vallori hat es vor
70 Jahren entdeckt. Seine Mutter und Großmutter brachten ihn auf die Idee. Sie stellten schon damals ihr eigenes Parfüm her. Die Frauen weichten die empfindlichen Blüten zusammen mit Rosmarin, Lavendel, Salbei und Minze in Wasser ein und erzeugten auf diese Weise einen überwältigenden Duft.

Die Verwendungsmöglichkeiten der Mandeln sind schier unerschöpflich. Abgesehen von ihrem Einsatz in der Küche gibt es Mandellikör, Mandelmilch, Mandeln in Honig, Mandeln mit Zuckerguss, Mandelplätzchen und Marzipan. Eine typische Nachspeise auf Mallorca ist der Mandelkuchen Gato mit Mandeleis.

Außerdem gelten Mandelkerne, geröstet oder roh, als beliebter und gesunder Snack. Der Mandelbaum stammt aus Südostasien, ist etwa 4000 Jahre alt und wurde im Jahr 903 von den Mauren auf die Insel gebracht. Aus jener Zeit ist auch die Geschichte überliefert, wer die Mandelblüte zum ersten Mal als den „Schnee von Mallorca“ bezeichnete.

Eine junge Frau bewunderte demnach im Winter aus der Ferne den Schnee auf den Gipfeln des Tramuntanagebirges. Ihr einziger Wunsch war, die weiße Pracht aus der Nähe zu sehen. Ihr Mann erklärte ihr, dass dies unmöglich sei. Im Westen der Insel regiere ein feindlicher Stammesfürst. Aber er versprach ihr: „Eines Tages bekommst du deinen eigenen Schnee.“ Er pflanzte Mandelbäume, und schon bald trugen sie ihre weißen Blüten. Sie fielen zu Boden und bedeckten wie Schnee die grüne Wiese. „Da hast du deine weiße Pracht“, sagte der Mann, und fortan nannte seine Frau die Mandelblüten den „Schnee von Mallorca“.