Berlin. Dunkel, unheimlich, geheimnisvoll: Höhlen und alte Gewölbe regen die Fantasie an. Ein Streifzug führt durch Bunker, Felsen-Labyrinthe und den Lava-Dom.

Die wahrhaft spannenden Dinge warten oft unter der Oberfläche. Auch beim Reisen. Wir stellen fünf geheimnisvolle Unterwelten in Deutschland vor.

Das Labyrinth von Oppenheim

Dieses Labyrinth ist künstlich erschaffen, ab dem 13. Jahrhundert gruben die Oppenheimer ein kilometerlanges System aus Gängen und Kammern, zum Teil drei Stockwerke tief. Der Ort mit strategisch günstiger Lage am Rhein war immer heiß umkämpft, hier brachten die Bewohner sich und ihre Schätze in Sicherheit. Die Höhlengänge beherbergen zum Teil auch Grausiges. So fanden Archäologen unter jahrhundertealten Küchenabfällen Menschenknochen. Die Berichte in Chroniken sind offenbar wahr: dass Oppenheimer während der Hungersnot nach dem 30-jährigen Krieg sogar ihre Toten aßen. Spätestens bei dieser Geschichte läuft den Teilnehmern der Führung ein Schauer den Rücken hinunter. Und wer sich noch nicht genug gegruselt hat, sucht das Beinhaus unter der Friedhofskapelle der St.-Katharinen-Kirche auf. Dort stapeln sich Tausende Schädel zu hohen Wänden.

Bei der ältesten Familie der Welt

Wer einen Blick auf die ältesten Vorfahren von heute lebenden Deutschen erhaschen will, macht sich auf nach Bad Grund im Harz. Früher gab es hier „nur“ die Iberger Tropfsteinhöhle mit ihren mystischen Steinformationen. Heute geht es im Höhlenerlebniszentrum durch einen langen Gang in das Innere des Berges und auf eine Reise durch 385 Millionen Jahre Erdgeschichte, die Entstehung der Kontinente und die Ursprünge der Höhle als Korallenriff vor Madagaskar. Am faszinierendsten ist aber der Teil, der die „älteste Familie der Welt“ zeigt. In der nahegelegenen Liechtensteinhöhle fand man Menschenknochen aus der Bronzezeit. Die genaue Lage der Höhle ist ein streng gehütetes Forschergeheimnis, doch immerhin steht hier eine maßstabsgetreue Nachbildung.

Bunkertour durch Berlin

In der Berliner U-Bahn-Station Gesundbrunnen beginnt eine Zeitreise in ein beängstigendes Kapitel der deutschen Geschichte. Gleich hinter dem Eingang steht ein Schild: „Türen zur Gasschleuse und zum Schutzraum erst schließen, wenn Bombeneinschläge hörbar sind.“ Ein Pfeil über dem Treppenabsatz zeigt in die Tiefe: „zum Männer-Abort“. Da stehen noch originale Trockentoiletten aus jener Zeit. Und in den Schlafräumen warten Stockbetten, auf denen alte Lederkoffer liegen. Es ist eng, manchmal donnert eine U-Bahn vorbei, sodass man sich beinah einbildet, Bomben fallen zu hören. Dass die Schutzräume noch existieren, ist ein Glücksfall. Denn eigentlich sprengten die Alliierten nach dem Krieg die Berliner Anlagen. Diese hier am Gesundbrunnen verschonten sie jedoch wegen der unmittelbaren Nähe zum U-Bahnschacht. Heute beherbergen die Räumlichkeiten zudem das Berliner Unterwelten­Museum, das über die Auswirkungen des Bombenhagels und das Leben der Menschen in den Luftschutzräumen informiert.

Nürnberger Felsengänge

Schon mindestens seit dem 14. Jahrhundert hat Nürnberg ein menschengemachtes Labyrinth im Untergrund. Nach und nach gruben die Bürger Kammern und Gänge und durchlöcherten den Buntsandstein unter der Stadt. Hier ließen sie ihr Bier reifen und lagern. Ein Belüftungssystem aus unterschiedlichen Schächten sorgt bis heute für Frischluft in den alten Gewölben. Die waren so gut gebaut, dass sie sogar dem Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg standhielten. Zwar haben moderne Kühlsysteme ihre Funktion abgelöst, aber inzwischen gibt es auch wieder Bier in den Felsengängen. Die Brauerei im Altstadthof lagert hier mehrere ihrer Sorten – und auch deren hauseigener Whisky reift in den alten Gewölben.

Im Inneren der Lava

Mit Regenjacke und Schutzhelm klettern Besucher hinab in die vulkanischen Ursprünge der Eifel, 30 Meter in Richtung Erdinneres. Steinerne Basaltsäulen recken sich dort in die Höhe und stützen das Dach der Felskuppeln: Ein ganzes Netz unterirdischer Lavakeller spannt sich unter der Stadt Mendig – herausgehackt von Menschenhand. Hier bauten im Mittelalter Bergleute kostbares Basaltgestein ab, es entstand ein System aus Gängen und Hallen im erkalteten Lavastrom. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts nutzten Brauereien die Keller, um ihr Bier kühl zu lagern. Jetzt ist diese unterirdische Welt Teil des Lava-Dom-Museums.