Göttingen. Böller auf Polizisten geworfen: Die Zahl der Verletzten steigt. Der Göttinger Polizeichef findet deutliche Worte und weist Kritik zurück.

  • Die Polizei wird an Silvester in Göttingen mit Feuerwerk beschossen
  • Insgesamt 14 Menschen werden dabei verletzt
  • Aktuell laufe die Aufarbeitung der Geschehnisse in Grone
  • Der Göttinger Polizeichef macht sich Sorgen
  • Im weiteren Landkreis Göttingen bleibt es zu Neujahr ruhig

In Göttingen sind in der Silvesternacht 2023/2024 aus einer größeren Gruppe von Menschen heraus Polizisten mit Böllern beworfen und mit Raketen beschossen worden. Dabei sind nunmehr 13 Beamtinnen und Beamte leicht verletzt worden, teilte die Polizei am Freitag mit. Zunächst waren zwölf Verletzte gemeldet worden. Auch ein Zivilist wurde leicht verletzt. Ebenso wurde ein Einsatzfahrzeug beschädigt, die Schadenssumme würde sich hier auf mehrere tausend Euro belaufen.

Die Polizei musste unmittelbaren Zwang anwenden und auch Pfefferspray einsetzen. Fünf Tatverdächtige konnten den Angaben zufolge identifiziert werden. Die Ermittlungsverfahren wegen tätlichen Angriffs und Landfriedensbruchs richten sich gegen zwei Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren sowie drei 28-, 31- und 43-jährige Männer, hieß es am Freitag. Alle wohnen im Stadtteil Grone.

Silvester in Göttingen: Lage in Grone eskaliert, 13 Polizisten verletzt

Was war passiert? Wie die Polizei am Montag berichtete, kippte am Neujahrsmorgen in Grone-Süd gegen 0.10 Uhr die zunächst friedliche Stimmung. „Aus dem Schutz einer circa 30 bis 50 Personen großen Gruppe heraus wurden die Einsatzkräfte auf dem Jonaplatz unvermittelt massiv und offenbar gezielt mit Pyrotechnik beworfen und auch beschossen. Durch den Bewurf und die explodierenden Knallkörper wurden insgesamt 13 der Einsatzkräfte leicht verletzt. Sie erlitten unter anderem Knalltraumas sowie Abschürfungen hauptsächlich an den Extremitäten. Alle Verletzten blieben weiterhin dienstfähig“, so die Polizei.

Die Polizei konnte vier Tatverdächtige identifizieren und bei günstiger Gelegenheit ergreifen. Im Rahmen der Zugriffe sowie auch im Vorfeld mussten die Einsatzkräfte wiederholt Zwang in Form von einfacher körperlicher Gewalt anwenden und in einem Fall auch Pfefferspray einsetzen. Die vier Tatverdächtigen wurden nach Feststellung der Personalien und Aussprechen eines Platzverweises aus den polizeilichen Maßnahmen entlassen.

Nach einem weiteren, erneuten Bewurf der Einsatzkräfte mit Böllern wurde um kurz nach 1 Uhr ein weiterer Tatverdächtiger vor Ort gestellt. Im Rahmen der Festnahme kam er laut Polizei zu Fall und zog sich eine leichte Kopfplatzwunde zu. Die Verletzung wurde von einem Rettungssanitäter der Polizei vor Ort versorgt. Anschließend wurde der Tatverdächtige ebenfalls mit Platzverweis vor Ort entlassen.

Ab etwa 2 Uhr ließen die polizeilichen Einsatzanlässe im Stadtgebiet von Göttingen spürbar nach und die Lage entspannte sich deutlich. Derzeit arbeite die Polizei an einer detaillierten Sachverhaltsaufklärung, unter anderem durch die Auswertung einzelner Zeugenaussagen und Videoaufnahmen.

Gewalteskalation an Silvester in Grone - Leiter der Polizeiinspektion Göttingen besorgt

Rainer Nolte, Leiter der Polizeiinspektion Göttingen, blickt mit Besorgnis zurück auf die Eskalation an Silvester in Grone:

„Wir verspüren in Göttingen insgesamt eine zunehmende Verrohung und mangelnde Akzeptanz bestimmter Personen- und Tätergruppen auch gegenüber der Polizei. Die Hemmschwelle, seinen Frust oder auch innewohnende Gewaltphantasien gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten, aber auch unbeteiligten Mitmenschen auszulassen, sie anzugreifen und dabei auch eine körperliche Schädigung bewusst in Kauf zu nehmen, sinkt. Wir beobachten dies im täglichen Dienst, aber auch zu besonderen Einsatzanlässen. Die im Nachgang aufgekommene Kritik einzelner Personen am Vorgehen bzw. der Einsatztaktik der Polizei in der Silvesternacht in Grone, weise ich an dieser Stelle strikt zurück. Wir waren gut auf den Einsatz am Jahreswechsel vorbereitet, sowohl personell als auch taktisch. Die unvermittelte Gewalteskalation auf dem Jonaplatz gegenüber unseren Einsatzkräften lässt uns fassungslos zurück. Was sich um kurz nach Mitternacht vor allen Augen abgespielt hat, ist nach meiner Auffassung Teil eines gesamtgesellschaftlichen Problems“, so Nolte.

Die unvermittelte Gewalteskalation auf dem Jonaplatz gegenüber unseren Einsatzkräften lässt uns fassungslos zurück.
Rainer Nolte - Leiter der Polizeiinspektion Göttingen

Und weiter: „Unsere Aufgabe als Polizei ist es, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, sie vor Gefahren und auch Übergriffen zu schützen. Dafür nehmen meine Beamtinnen und Beamten rund um die Uhr auch Angriffe auf die eigene körperliche Unversehrtheit in Kauf. Die Zahl der in Grone verletzten Einsatzkräfte ist inzwischen von zwölf auf dreizehn gestiegen. Mehr möchte ich dazu an dieser Stelle nicht sagen, die Zahl spricht für sich. Wir werden die Ereignisse aus der Silvesternacht zeitnah intern und auch im engen Austausch mit der Stadt Göttingen und weiteren Institutionen nachbereiten. Nur durch gemeinsames Zusammenwirken ist es möglich, dieses gesamtgesellschaftliche Problem zu bewältigen. Wir als Polizei sind im Rahmen unserer Möglichkeiten gern bereit, unseren Teil dazu beizutragen. Erneute Zwischenfälle dieser Art sind nicht hinnehmbar und dürfen sich auch nicht wiederholen.“

Keine Angriffe auf Feuerwehr und Rettungsdienst im Kreis Göttingen bekannt

Im weiteren Landkreis Göttingen verlief die Nacht zum Jahreswechsel ansonsten ohne besondere Zwischenfälle oder herausragende Einsatzanlässe, so die Polizei am Montag weiter. Informationen über Angriffe auf Einsatzkräfte der Feuerwehr oder Rettungsdienste wurden im Laufe der Nacht in Stadt und Landkreis Göttingen ebenfalls polizeilich nicht bekannt.

In der Innenstadt von Göttingen war die Polizei ab dem Silvesterabend mit zusätzlichen Beamtinnen und Beamten zur Überwachung der Einhaltung des Böllerverbotes und für weitere besondere Anlässe im Einsatz. Aufgrund der Entwicklungen im Zusammenhang mit illegaler Böllerei im Stadtteil Grone in den vergangenen Tagen fuhren die Polizisten in den Bereichen Jonaplatz und Elmpark verstärkt Streife.

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In der unmittelbaren Innenstadt meldeten Zeugen der Polizei um kurz nach Mitternacht das Zünden von Silvesterfeuerwerk in der Roten Straße und der Burgstraße. Als die Einsatzkräfte vor Ort eintrafen, zogen sich die mutmaßlichen Verursacher in ein Wohnobjekt zurück. Es konnten in der Folge keine Personen mehr ermittelt werden.

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