Göttingen. Der Bundestagsvizepräsident wird nach 31 Jahren im Parlament nicht erneut für den Bundestag kandidieren. Das teilte er dem Harz Kurier mit.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann wird bei der Bundestagswahl im September 2021 nicht erneut im Wahlkreis Göttingen antreten. „Nach 30 Jahren als Abgeordneter im Niedersächsischen Landtag und im Deutschen Bundestag ist für mich jetzt der richtige Zeitpunkt, noch einmal etwas anderes zumachen und mir neue Projekte vorzunehmen“, sagte Oppermann.

Er sei mit Herzblut Parlamentarier und habe die damit verbundenen enormen Gestaltungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft. Oppermann: „Ich durfte in drei spannenden Jahrzehnten die Politik in Deutschland an vorderster Stelle mitgestalten und bin dankbar dafür, dass mir meine Wählerinnen und Wähler das ermöglicht haben.“

Begonnen hat die politische Karriere von Thomas Oppermann im Alter von 36 Jahren, als er 1990 zum ersten Mal in den Niedersächsischen Landtag gewählt wurde. 1998 holte Gerhard Schröder ihn als Minister für Wissenschaft und Kultur in sein Kabinett. Oppermann betrachtete dieses Ressort als Glücksgriff, definierte es als Innovations-Ministerium. Er entbürokratisierte die Hochschulen und gab fünf von ihnen (darunter die Göttinger Georg-August-Universität) die Möglichkeit, sich in Stiftungen des Öffentlichen Rechts umzuwandeln.

Nach 15 Jahren im Landtag kandidierte Oppermann bei der Wahl 2005 erstmals für den Bundestag. Schon nach zwei Jahren stieg er zur Nummer 2 der Fraktion auf und wurde auf Vorschlag von Peter Struck zum Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt. In dieser Zeit war er auch Mitglied und Vorsitzender des Geheimdienst-Kontrollgremiums. Nach der Bundestagswahl 2013 wurde Oppermann als Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier SPD-Fraktionsvorsitzender und steuerte die Parlamentsarbeit in der Großen Koalition. Sein Ziel, Bundesinnenminister zu werden, konnte er nicht verwirklichen.

Nach der Bundestagswahl 2017 gab Oppermann die Fraktionsführung an Andrea Nahles ab und wurde Bundestagsvizepräsident. In dieser Funktion setzt er sich für die Einführung eines Lobbyregisters und eine Verkleinerung des Bundestages ein. Sein Credo: „Ein Parlament, das es nicht schafft, sich selbst Grenzen zu setzen, beschädigt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die parlamentarische Demokratie.“ Außenpolitisch engagiert sich Oppermann als Vizepräsident des Deutschen Bundestages für eine enge parlamentarische Zusammenarbeit mit jungen Demokratien.

Oppermann hat den Wahlkreis Göttingen viermal hintereinander direkt gewonnen. „Die Demokratie lebt vom Wechsel und vergibt Mandate nur auf Zeit. Es ist nicht nur eine Kunst, ein Mandat zu erringen, sondern auch, es im richtigen Zeitpunkt wieder abzugeben. Ich wollte immer, dass mir das gelingt, und freue mich jetzt auf einen neuen Lebensabschnitt“, sagt Oppermann. Seine persönliche Entscheidung sei bereits vor einigen Monaten gereift, er habe aber mit der Bekanntgabe bis jetzt gewartet, um mit der vollen Autorität für wichtige Göttinger Projekte kämpfen zu können. Oppermann versicherte, dass er sein Mandat und sein Amt als Bundestagsvizepräsident bis zum Ende der Wahlperiode mit vollem Einsatzfortführen werde. Im Bundestagswahlkampf werde er sich mit allen Kräften für die SPD und Kanzlerkandidat Olaf Scholz engagieren.