Göttingen. Am 1. Juni vor zehn Jahren detonierte eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Göttingen. Drei Menschen wurden dabei getötet. Am Montag wurde ihrer gedacht.

Im Rahmen einer Kranzniederlegung haben der Präsident des Landesamtes für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN), Michel Golibrzuch, Thomas Bleicher vom Kampfmittelbeseitigungsdienst, Polizeivizepräsident Gerd Lewin von der Polizeidirektion Göttingen sowie Polizeivizepräsident Uwe Lange von der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen (ZPD) am Montagmittag der vor zehn Jahren ums Leben gekommenen Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD) gedacht. Die Gedenkfeier fand an dem Ort statt, wo infolge einer unerwarteten Detonation eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg drei Angehörige des KBD starben und sechs weitere verletzt wurden. Am Unglücksort in Göttingen steht heute die Sparkassen-Arena, in der eine Gedenktafel an das Ereignis erinnert.

Der Niedersächsische Innenminister, Boris Pistorius, sagte: „Vor genau zehn Jahren wurden die Gefahren, die von den Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs auch noch Jahrzehnte nach dessen Ende ausgehen, leider auf erschreckende Weise Realität. Drei ausgewiesene und gleichermaßen besonnene Experten des KBD kamen bei ihrer wertvollen Arbeit für unser Gemeinwohl ums Leben, sechs weitere wurden verletzt. Meine und unsere Gedanken sind heute bei den Opfern dieses tragischen Unglücks von Göttingen und bei deren Angehörigen“. Die Erinnerung an deren Tod mache klar, dass Kampfmittel nach wie vor eine Bedrohung seien. „Der KBD setzt sich weiterhin tagtäglich unter hohem persönlichen Einsatz für die Entschärfung und Beseitigung ein, dafür danke ich herzlich.“

Tief ins Gedächtnis eingegraben

Für das LGLN erinnerte Michel Golibrzuch an das Geschehen: „Das tragische Unglück von Göttingen hat sich tief in das kollektive Gedächtnis des KBD in Niedersachsen eingegraben. Wir werden die verstorbenen Kollegen nicht vergessen.“ An seiner Seite stand Thomas Bleicher, damals wie heute Leiter des KBD. „Der 1. Juni 2010 wird für uns ein stets präsenter Schicksalsschlag bleiben, der uns auch heute bei jedem Einsatz begleitet. An diesem Tag entschärften wir bereits in Oldenburg und Tettenborn erfolgreich zwei Kampfmittel. Für die Abendstunden waren noch Bombenentschärfungen in Hannover und Göttingen vorgesehen, an denen zwei Teams parallel arbeiteten. Als gegen 21.30 Uhr bei den Vorbereitungsarbeiten in Göttingen der Bombenblindgänger ohne Fremdeinwirkung detonierte, wandelte sich ein zuvor sonniger Tag binnen Sekunden zum dunkelsten Tag in der über 70-jährigen Geschichte des KBD“, zeigte sich der Leiter noch immer betroffen.

Nach der Explosion waren Einsatzkräften aus Feuerwehr, Rettungsdiensten und Polizei vor Ort. „Heute erinnert eine Gedenktafel in der Sparkassen-Arena an das Geschehen vom 1. Juni 2010. Sie führt uns jeden Tag die Gefahren vor Augen, denen der KBD überall und jederzeit ausgesetzt ist. Und sie erinnert uns schmerzlich an den Tod von drei Kollegen, die angetreten sind, um Göttingen ein Stück sicherer zu machen“, so Gerd Lewin von der PD Göttingen. Er würdigte das Engagement aller Einsatzkräfte im Zuge des Rettungseinsatzes.

Unglaube und tiefe Bestürzung

„Unglaube und tiefe Bestürzung waren unsere ersten Reaktionen. Wir standen regelrecht unter Schock“, erinnerte sich Uwe Lange von der ZPD in Hannover. Was danach anlief, war eine Welle des Mitgefühls und der Fürsorge, wie es die Angehörigen der ZPD noch nie erlebt hätten, so Lange. „Wenn auch der KBD als Dienststelle nicht mehr zu uns gehört: Es sind und bleiben unsere Kollegen, derer wir heute mit einem Gefühl der Verbundenheit gedenken. Ohne die große Anteilnahme und Unterstützung aus Niedersachsen und weit darüber hinaus hätte es bestimmt noch viel länger gedauert, das Unfassbare zu verarbeiten. Es ist uns allen wichtig, auch daran zu erinnern.“

Die Staatsanwaltschaft Göttingen kam im Sommer 2011 zu dem Ergebnis, dass im Umgang mit dem Blindgänger kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten festzustellen gewesen sei.