Wiesbaden. Bundeswahlleiter Dieter Sarreither will am 23. September die Abwehr von Hackerangriffen proben.

Ende des Jahres wird er in den Ruhestand gehen. Er kann es noch gar nicht glauben, und noch schiebt er die Gedanken daran in weite Ferne. An die Zeit als Pensionär will Dieter Sarrei-ther noch nicht denken. Zu viel wird in diesen letzten Wochen seiner langen Karriere noch geschehen. Am wichtigsten Arbeitstag seines Lebens wird Dieter Sarrei-ther in Berlin sein, die meiste Zeit davon im Reichstagsgebäude.

Der 65-Jährige ist als Präsident des in Wiesbaden beheimateten Statistischen Bundesamtes automatisch auch Bundeswahlleiter: Er verantwortet die Abläufe der Bundestagswahl am 24. September. Noch nie zuvor war das Interesse an diesen Abläufen und der Rolle, die Sarreither einnehmen wird, so groß wie in diesem Jahr. Politiker und Sicherheitsexperten fürchten Hackerangriffe zur Bundestagswahl. Die Erfahrungen aus den Wahlen in den USA und Frankreich haben Experten alarmiert.

Auch über den Absender der möglichen digitalen Angriffe sind sie sich einig: Russland. Die

Entscheidung über Einflussversuche werde im Kreml getroffen, ist Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen überzeugt. Die Chefs des Bundeskriminalamts (BKA) und des Bundesnachrichtendienstes (BND), Holger Münch und Bruno Kahl, warnten ebenso vor wachsenden Gefahren im Cyberraum.

Großer Testlauf am Tag vor der Wahl

Doch wie groß ist die Gefahr von Datenlecks und Cybersabotage wirklich? Könnten die Ergebnisse am Abend der Bundestagswahl tatsächlich manipuliert werden?

Der Bundeswahlleiter versucht erst gar nicht, Gelassenheit vorzutäuschen. „Die Anspannung vor dieser Wahl ist schon groß“, gesteht Sarreither. Die Verantwortung für die vielen Aktivitäten im Vorfeld sei immens.

Was genau für ihn eine „sichere“ Wahl ausmacht, erklärt er so: „Letztlich läuft alles darauf hin, dass

die Daten am Wahltag von den Landeswahlleitungen sicher und ordnungsgemäß übermittelt werden und am Ende ein Ergebnis ermittelt wird.“ Und er schiebt hinterher, man werde alle nötigen Voraussetzungen dafür schaffen, den Wahltag souverän zu meistern. Doch dafür braucht er eine weitere Bundesbehörde, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Mit dem BSI stehen seine Mitarbeiter in ständigem Kontakt, das Sicherheitsamt soll die Hard- und Software überprüfen und die Statistiker bei der Beseitigung eventueller Schwachstellen unterstützen. „Das Sicherheitsniveau am Wahlabend wird extrem hoch sein“, verspricht Sarreither. „Wir arbeiten in einem stark abgesicherten verschlüsselten Netzwerk. Es handelt sich um ein internes Verwaltungsnetz, das komplett vom Internet abgeschottet ist.“ Ob er dennoch einen Hackangriff auf die Systeme am Wahlabend fürchtet? „Konkrete Anhaltspunkte dafür habe ich bisher nicht.“

Fast so entscheidend wie der 24. September wird für ihn der

23. September sein: der Tag des Testlaufs. „Wir spielen vorher mehrere Ausfallszenarien durch, etwa Hackerangriffe oder technische Probleme wie einen Stromausfall“, erklärt er. Am Wahltag selbst wird er ein großes Team um sich haben, parallel werden Personal und Rechnerkapazitäten in Wiesbaden vorgehalten. All das, damit die Teilergebnisse aus den Wahlkreisen und den Ländern von den Landeswahlleitern über ein abgeschottetes Behördennetzwerk verschlüsselt nach Berlin gesendet werden können. „Und selbst wenn es da Probleme gibt, können wir die Wahlergebnisse telefonisch entgegennehmen“, beschwichtigt er. Alles in allem sei er sich sicher, „dass ich noch in der Wahlnacht ein vorläufiges Wahlergebnis präsentieren kann“. Jedes andere Szenario wäre eine Panne.

Vor vier Jahren wurde das vorläufige Ergebnis erst in der Nacht um 03:15 Uhr bekannt gegeben. Damals, erinnert sich Sarreither, sei auch das neue Wahlrecht ein Grund dafür gewesen, warum es länger dauerte. „Wir haben in der Nacht wegen der Ausgleichsmandate noch einmal genau nachgerechnet.“ Diesmal will Sarreither schneller sein: „Wir hoffen, dass wir gegen Mitternacht das vorläufige Ergebnis bekannt geben können.“