Der bisherige Chef des deutschen Disney-Channel, Lars Wagner, besucht regelmäßig die Fernsehmesse MipCom in Cannes. Auch in diesem Jahr war er dort, aber nicht für Disney. Der Medienmanager hat, sagt er selbst, den Konzern verlassen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bisher nicht. Ein Sprecher mag die Personalie nicht kommentieren. Mitte August hatte der Sender gemeldet, Wagner kümmere sich nun um digitale Innovationen in Europa, Afrika und dem Nahen Osten. Es spricht viel dafür, dass der einstige Senderchef diesen Job nie angetreten hat.

Ebenso wenig mag sich der Disney Channel zu weiteren Personalien äußern: Wie viele Quellen übereinstimmend berichten, hat sich der Micky-Maus-Sender auch von Programmchef Ralf Gerhardt sowie Marketingleiter Nico Wohlschlegel getrennt. Dass einen Monat nach der Trennung von drei Topmanagern der Disney Channel noch immer sprachlos ist, lässt tief blicken. Man muss es wohl in dieser Deutlichkeit sagen: Der Versuch, die führenden deutschen Kindersender Super RTL sowie den öffentlich-rechtlichen Kika frontal anzugreifen, ist krachend gescheitert.

Als der Kanal 2014 vom Pay TV ins frei empfangbare Fernsehen wechselte, konnte er auf eingeführte Formate des eigenen Konzerns setzen wie „Hannah Montana“ oder „Phineas und Ferb“, die bis dahin bei Super RTL liefen. Dennoch gelang es ihm nicht, bei den Drei- bis 13-Jährigen einen Marktanteil von zehn Prozent zu erreichen. Derzeit liegt er bei 9,1 Prozent. Die Marktführer Super RTL und Kika sind mit 21,1 und 19,6 Prozent weit enteilt. Es heißt, die Amerikaner hätten zu sehr auf die Strahlkraft der Marke Disney gesetzt und zu wenig auf deutsche Besonderheiten geachtet.

Dass der Abgang der Topmanager auch diesen Problemen geschuldet ist, liegt nahe. Aber der Anlass ist ein anderer: Weltweit müssen Disneys Fernsehtöchter ihre Kosten um zehn Prozent senken. Dies soll vor allem durch Personalabbau geschehen. Hintergrund sind Probleme im TV-Geschäft, besonders beim Sportsender ESPN, der mit gestiegenen Preisen für Sportrechte und rückläufigen Abo-Zahlen zu kämpfen hat. Dass mit einem solchen Personalabbau an der Senderspitze begonnen wird, ist ungewöhnlich und spricht eher dafür, dass dieser Schritt auch mit den Problemen im deutschen Markt zu tun hat. Die Geschicke des Disney Channel leitet nun Thorsten Braun, eigentlich Chef des Werbevermarkters Disneymedia+. Wie es weitergeht, ist unklar. Gemunkelt wird über weniger eng definierte Zielgruppen. Immerhin kann man sich bei Disney auch ein klein wenig über den Wettbewerber Super RTL freuen. Der Sender mit Erfolgsformaten wie „Bob der Baumeister“ und der Spielshow „Super Toy Club“ gehört nämlich zu gleichen Teilen den Amerikanern und der RTL Group.