Berlin. Nur noch eine Minderheit der ärmeren Staaten wird noch demokratisch regiert – autoritäre und korrupte Regime sind auf dem Vormarsch.

Der weltweite Rückzug der Demokratien und der Vormarsch autoritärer Regime in Entwicklungs- und Schwellenländern hat einer Analyse zufolge auch deutliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, Ungleichheit und Armut in diesen Staaten. Der „Transformationsindex“ der Bertelsmann Stiftung kommt mit Blick auf 137 Staaten von Algerien bis zur Zentralafrikanischen Republik zu dem Schluss: „Zu keinem Zeitpunkt wurden in den vergangenen zwanzig Jahren so wenige Staaten demokratisch regiert wie heute.“ Zugleich attestierten die Autoren vielen Staaten ökonomische Ungleichheit und eine verfehlte Wirtschaftspolitik. In 83 der 137 Länder herrsche eine massive soziale Ausgrenzung. Speziell in Afrika ist diese Entwicklung verheerend.

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Die Folgen der Ausbreitung von Diktaturen: Armut, Unterdrückung, Korruption

Seit 2006 analysiert die Bertelsmann Stiftung alle zwei Jahre die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft, Regierungsführung in 137 Entwicklungs- und Schwellenländern. Grundlage sind gut 5000 Seiten Länderberichte, erstellt mit 300 Experten aus 120 Ländern. Aktueller Analyse-Zeitraum war Februar 2021 bis Januar 2023. Diese Untersuchung ergab, dass nur noch 63 Demokratien mit einer Bevölkerung von insgesamt rund drei Milliarden Menschen inzwischen 74 Autokratien mit etwa vier Milliarden Menschen gegenüberstehen.

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Die Entwicklung ist dramatisch und findet vor dem Hintergrund der großen weltpolitischen Konflikte zwischen den großen autoritären Regimen wie China und Russland und der bisherigen westlichen Welt mit Europa und den USA statt. In den vergangenen Jahrzehnten hat das Credo, wonach wirtschaftlicher Erfolg an demokratische Prinzipien gekoppelt sind, an Bedeutung verloren. China und Russland weiten ihren Einfluss aus – und arbeiten dabei auch gerne mit Diktatoren zusammen.

Am Ende einer kontinuierlichen Aushöhlung der Demokratie stehe in vielen Ländern wie Bangladesch, Mosambik oder der Türkei die autoritäre Herrschaft, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Allein in den vergangenen zwei Jahren waren laut der Studie in 25 Ländern die Wahlen weniger frei und fair. In 32 Staaten sei die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit weniger geachtet und in 39 Ländern die Meinungs- und Pressefreiheit stärker eingeschränkt.

Demokratiequalität und gute Regierungsführung seien eng miteinander verwoben, erklärten die Autoren der Studie. 45 desorganisierte und korrupte Regime von Kambodscha über Simbabwe bis Venezuela, die fast alle autokratisch regiert werden, bildeten die Schlusslichter auf der Skala des effizienten Regierens. Effizient geführte Autokratien blieben die Ausnahme. Zugleich gebe es jedoch auch Demokratien, die dem Druck standhalten würden.

Regieren heißt in diesen Regimen: Machterhalt und Ausbeutung

„Regierungen in der überwältigenden Mehrheit der Länder“ sehen sich demnach „nicht als Treiber gesamtgesellschaftlicher Entwicklung, sondern als Vertreter von Partikularinteressen in einem bewusst unfair gestalteten Wirtschaftssystem“, hieß es in der Studie. Bemühungen seien nicht selten darauf ausgerichtet, ein korruptes System zu erhalten, das keinen freien und fairen wirtschaftlichen Wettbewerb erlaube. „Machtkonzentration oder Machterhalt einer kleinen Elite hat häufig Vorrang gegenüber der Ausgestaltung einer offeneren und inklusiveren Wirtschaftsordnung.“ Das habe negative Folgen für das Ausmaß von Ungleichheit und Armut.