Barcelona. Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat die Unabhängigkeit der Region gefordert – und pocht auf einen Dialog mit Madrid.

Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat vom Parlament in Barcelona ein Mandat zur Ausrufung der Unabhängigkeit gefordert. Gleichzeitig schlug er den Abgeordneten aber am Dienstagabend vor, die Abspaltung auszusetzen,

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Er rief die spanische Zentralregierung zum Dialog auf und sprach sich erneut für eine internationale Vermittlung aus. Er sei überzeugt, dass der Konflikt mit Spanien auf dem Verhandlungswege gelöst werden könne. Damit hat der Chef der Regionalregierung eine weitere Zuspitzung der Krise vorerst vermieden.

Mehrheit der Katalanen stimmte bei Referendum nicht ab

Die Rede hatte sich um eine Stunde verzögert. In örtlichen Medien wurde spekuliert, Grund für die Verschiebung der Plenarsitzung könnte Uneinigkeit im Lager der Unabhängigkeitsbefürworter sein, wie weit Puigdemont in seiner Rede gehen sollte.

Am Sonntag vor einer Woche hatte Puigdemont ungeachtet eines Verbots durch das Verfassungsgericht und gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten lassen. Bei der von den Gegnern der Abspaltung mehrheitlich boykottierten Befragung gewann das „Ja“-Lager mit rund 90 Prozent, die Beteiligung lag nur jedoch bei nur 43 Prozent. Dennoch reklamierte Puigdemont anschließend, damit habe Katalonien das „Recht auf Unabhängigkeit“ erlangt.

Rede war mit Nervosität erwartet worden

Puigdemonts Auftritt vor dem Regionalparlament am Dienstag in Barcelona war mit Spannung und Nervosität erwartet worden. Noch kurz vor seiner Rede hatte der Innenminister der Zentralregierung, Juan Ignacio Zoido, einen „letzten Aufruf“ an Puigdemont gemacht, von einer Unabhängigkeitserklärung abzusehen.

Schon ab dem Nachmittag hatten sich immer mehr Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung unweit des Parlaments versammelt. Die Stimmung war zunächst gespannt, aber friedlich. Auf dem Platz vor dem Parlament brandete immer wieder Jubel auf, wenn Puigdemont vom Ergebnis des Referendums sprach.

„Wir sind keine Verbrecher“

Puigdemont kritisierte bei seiner Rede von dem Parlament in Barcelona die Zentralregierung in Madrid heftig. Diese habe jeden Versuch des Dialogs von Seiten Kataloniens abgelehnt: „Die Antwort war immer eine radikale und absolute Weigerung, kombiniert mit einer Verfolgung der katalanischen Institutionen“, sagte der katalonische Regierungschef. An alle Spanier gerichtet fügte er hinzu: „Wir sind keine Verbrecher, keine Verrückten, keine Putschisten.“

Ministerpräsident Mariano Rajoy wollte am Mittwoch (16.00 Uhr) vor der Abgeordnetenkammer in Madrid Stellung zu Puigdemonts Aussagen beziehen.

Sowohl die Abstimmung als auch ihr Ergebnis ist in Spanien und auch in Katalonien höchst umstritten. In der regionalen Hauptstadt Barcelona waren am Sonntag Hunderttausende Menschen gegen die Abspaltungspläne auf die Straße gegangen. (dpa/rtr)