Berlin. Diesel-Autos in Deutschland sollen mit neuer Software optimiert werden. Darauf haben sich die Teilnehmer beim Diesel-Gipfel geeinigt.

  • Ein Großteil der Dieselautos der Klassen Euro 5 und 6 soll ein Software-Update bekommen, um Schadstoffe zur reduzieren
  • Mehr als fünf Millionen Wagen sind betroffen, etwa die Hälfte davon Volkswagen-Fahrzeuge
  • Die Vereinbarung ist Ergebnis des Diesel-Gipfels mit Autoherstellern, Bund und Ländern

Mehr als fünf Millionen Diesel-Autos in Deutschland sollen mit einer neuen Software weniger Schadstoffe ausstoßen. Darin enthalten sind 2,5 Millionen Fahrzeuge von Volkswagen, für die schon Abgas-Nachbesserungen angeordnet wurden. Das teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) als ein Ergebnis des Diesel-Gipfels mit Bund und Ländern am Mittwoch in Berlin mit. Es handele sich um Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro 5 und teilweise Euro 6.

Ziel sei eine durchschnittliche Stickoxid-Reduzierung von 25 bis 30 Prozent der nachgerüsteten Fahrzeuge. Studien zeigten, dass damit die Schadstoffbelastung mindestens genauso stark reduziert werden könne wie durch Fahrverbote, hieß es beim VDA.

BMW bietet Prämie aus eigener Tasche an

Angeboten werden die Nachrüstungen von BMW, Daimler, Opel und Volkswagen. Für die Halter würden keine Kosten entstehen. Die Aktion soll auch keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch oder Lebensdauer haben.

BMW-Chef Harald Krüger.
BMW-Chef Harald Krüger. © imago/DeFodi | imago stock&people

BMW will 225.000 Euro-5-Dieselautos in Deutschland kostenlos nachrüsten, teilte der Autokonzern. Darüber hinaus bietet BMW europaweit eine Art Abwrackprämie aus eigener Tasche an: Wer bis zum Jahresende einen Euro-4-Diesel oder einen noch älteren Diesel in Zahlung gibt und einen Euro-6-Diesel oder einen elektrifizierten BMW oder Mini kauft, bekommt von BMW bis zu 2000 Euro Rabatt.

BMW-Chef weist Schummel-Vorwürfe zurück

Vorstandschef Harald Krüger forderte die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte über den Diesel. Zum Umweltschutz gehöre auch der Kampf gegen den Klimawandel. Der moderne Diesel stoße weniger CO2 aus als der Benziner und sei auch bei Feinstaub, Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid gleich gut oder besser.

Scharf wies Krüger Verdächtigungen zurück, BMW hätte bei Dieselabgasen geschummelt. Die BMW-Technik unterscheide sich deutlich von anderen im Markt. „Die Ergebnisse nationaler und internationaler behördlicher Untersuchungen haben bestätigt, dass Fahrzeuge der BMW Group nicht manipuliert werden“, betonte Krüger.

Umweltschützer kritisieren Gipfel: Fahrverbote „unausweichlich“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Ergebnisse des Dieselgipfels als unzureichend bezeichnet. „Mit der Entscheidung für reine Software-Updates, die nicht einmal verpflichtend sind, werden Fahrverbote unausweichlich“, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Erneut haben sich die Autohersteller gegen die Interessen von Verbrauchern und Umweltschützern durchgesetzt.“

Die Bundesregierung habe es versäumt, die Verantwortlichen des Abgasskandals angemessen in die Pflicht zu nehmen und starke Maßnahmen gegen die hohe Stickoxid-Belastung zu ergreifen. „Offensichtlich haben die kurzfristigen Gewinne der Automobilindustrie in den Augen der Bundesregierung noch immer ein größeres Gewicht als Umwelt- und Gesundheitsschutz.“

Auch Greenpeace kritisierte die Ergebnisse scharf: „Statt Millionen Menschen vor Dieselabgasen zu schützen, legt die Bundesregierung heute einen sterbenden Motor unters Sauerstoffzelt. Saubere Diesel sind den Konzernen zu teuer, und die Politik lässt es ihnen durchgehen.“

Städtetag: Fahrverbote nach Dieselgipfel noch nicht ausgeschlossen

Nach dem Dieselgipfel hält der Deutsche Städtetag Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten für noch nicht ausgeschlossen. „Falls die Grenzwerte weiterhin nicht eingehalten werden, ist zu befürchten, dass Gerichte für einzelne Städte Fahrverbote verlangen“, erklärte die Präsidentin des Städtetags, Eva Lohse (CDU), zugleich Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen.

„Entscheidend wird jetzt sein, ob die Schadstoffbelastung durch Diesel-Fahrzeuge schnell genug und stark genug sinkt.“ Die Zeit dränge wegen laufender Gerichtsverfahren zum Gesundheitsschutz der Menschen. Lohse hatte an dem Gipfel teilgenommen. Sie sprach von einem „wichtigen Auftakt“, um die Stickoxide von Diesel-Fahrzeugen in den Städten stärker zu bekämpfen und die Gesundheit der Menschen besser zu schützen. Notwendig seien „messbare Fortschritte“, das bedeute einen deutlichen Rückgang der Stickoxide.

Laschet und Dreyer: Dieselgipfel „erster wichtiger Schritt“

Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) sprach ebenfalls von einem „ersten Schritt“. Laschet sagte: „Das Schlimmste, was jetzt passieren könnte, wäre, dass immer mehr Menschen keinen Diesel mehr kaufen und auf einen Benziner umsteigen.“ Dies wäre für die CO2-Bilanz in Deutschland „eine Katastrophe“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat den Dieselgipfel mit der Autobranche als „ersten, sehr wichtigen Schritt“ bezeichnet. Die Industrie habe gezeigt, „dass sie auch erkennt, dass jetzt dringlicher Handlungsbedarf besteht“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch in Berlin.

Dem Sender Phoenix sagte Dreyer: „Es gab einen großen Konsens, dass alles getan werden muss, um Fahrverbote zu verhindern.“ Laut Dreyer wollen Bund und Länder sich zugleich noch darüber unterhalten, ob es über Software-Updates hinaus „andere technologische Weiterentwicklungen“ für gute Abgaswerte gebe. Darüber solle in Expertenrunden gesprochen werden. (dpa)