Manchester/Berlin. Der Attentäter Salman Abedi hielt sich vergangene Woche am Düsseldorfer Flughafen auf. Die Britische Polizei nimmt Verdächtige fest.

Jetzt ist Detektivarbeit gefragt. Jetzt sitzen Ermittler in Düsseldorf vor den gespeicherten Videoaufnahmen von vor einer Woche und suchen nach Salman Abedi. Der 22-jährige Attentäter von Manchester war am Donnerstag vergangener Woche auf dem Düsseldorfer Flughafen, und die Frage ist nun, ob er dort jemanden getroffen hat. Ob er sich mit jemandem unterhalten hat. Ob Taschen oder Gegenstände übergeben wurden. Wenn das so wäre, dann könnte es auf den Videoaufnahmen zu sehen sein.

Nach allem, was man weiß, hat sich Abedi zwar auf dem Flughafen aufgehalten, ihn aber nicht verlassen. Er blieb nur „für kurze Zeit“ im Transit- und Sicherheitsbereich, wie die Düsseldorfer Polizei gestern mitteilte. „Weitere Erkenntnisse für Kontakte des Tatverdächtigen nach Nordrhein-Westfalen“ gebe es nicht. Jüngsten Erkenntnissen zufolge kam der Täter aus Istanbul, möglicherweise hielt er sich davor für eine paramilitärische Ausbildung in Syrien auf. Im sogenannten Schengener Informationssystem (SIS) sei der Name des Briten mit libyschen Wurzeln nicht registriert gewesen.

Polizei durchsucht mehrere Wohnungen

Er sei nicht zur Fahndung ausgeschrieben gewesen, auch seine Reiseaktivitäten seien nicht überwacht worden, hieß es. Trotzdem werden die Ermittler nun die Reisen von Salman Abedi rekonstruieren. Sie werden auch nach Parallelen mit den Reisen von anderen mutmaßlich islamistischen Personen suchen. „Es ist klar, dass es sich um ein Netzwerk handelt“, ist der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, überzeugt. Dem gehe man nach. Tatsächlich hatte sich die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu dem Anschlag bekannt.

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Messages and floral tributes left for the victims of the attack on Manchester Arena lie around the statue in St Ann's Square in central Manchester, May 24, 2017. REUTERS/Jon Super TPX IMAGES OF THE DAY
Von Sören Kittel und Alexander Kohnen

. Derzeit seien acht Personen in Polizeigewahrsam, sagte Hopkins am Donnerstagmittag, als er auf den Stufen vor dem Polizeihauptquartier von Manchester kurz vor die Presse trat. Eine neunte Person, eine am Mittwoch festgenommene Frau, sei wieder frei. Es seien mehrere Wohnungen durchsucht worden. Die Objekte, die man dabei gefunden habe, hätten „eine hohe Relevanz“ für die Aufklärung des Anschlags, so Hopkins.

Bekannte beschreiben Abedi als freundlich und unauffällig

Nach Angaben von britischen Medien handelte es sich dabei um Material zum Bombenbau. Auch in Abedis Wohnung in Manchester fand die Polizei offenbar eine Art Bombenwerkstatt, in der genügend Chemikalien für weitere Sprengsätze lagerten. Das rote Backsteinhaus in der Elsmore Road in Manchester, in dem Abedi wohnte, war auch am Donnerstag noch weiträumig abgesperrt. Noch ist unklar, mit wem der Attentäter dort zuletzt zusammenlebte. Womit er sein Geld verdiente. Welche Freunde er hatte. Womöglich war er in mehreren Wohnungen gemeldet. Menschen, die ihn zu kennen glaubten, beschrieben ihn in britischen Medien als still, freundlich und unauffällig.

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    Der Vorsitzende einer Moschee in Manchester berichtete aber, Abedi sei schnell wütend geworden. Vor zwei Monaten habe sich der junge Mann nachts in der Moschee versteckt, um religiöse Bücher zu lesen. „Ich habe ihm gesagt, er solle gehen“, sagte Abdullah Muhsin Norris einem Fernsehsender. Abedi habe gesagt, er wolle nicht wie ein Kind behandelt werden. Die Eltern des Attentäters, die angeblich sehr religiös sind, sollen vor dem Gaddafi-Regime aus Libyen geflohen sein, ihr Sohn kam 1994 in Großbritannien zur Welt.

    Bruder will von Plänen gewusst haben

    Er wuchs in Manchester auf, ging dort zur Schule und begann auch ein Betriebswirtschaftsstudium, das er im vergangenen Jahr abbrach. A­bedis Eltern leben inzwischen wieder in Libyen,

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    , ist aber wieder frei. Auch den jüngeren Bruder Hashim nahm die libysche Polizei fest, er soll sich als Mitglied des IS bezeichnet und behauptet haben, in die Anschlagspläne eingeweiht gewesen zu sein. Ein zweiter Bruder soll unter den Personen sein, die in Großbritannien verhaftet wurden.

    Über Abedis Schwester ist nichts bekannt. Vorstrafen hatte Salman Abedi keine, aber er war dem britischen Geheimdienst aufgefallen, das räumte Innenministerin Amber Rudd bereits ein. Den Grund dafür nannte sie nicht.

    Abedi zuletzt nicht mehr regelmäßig überprüft

    Ihr französischer Kollege Gérard Collomb sagte einem französischen Fernsehsender, Abedi sei nach Libyen „und dann wahrscheinlich nach Syrien“ gereist und habe sich anschließend „plötzlich radikalisiert“. Dann habe er sich „entschieden, diesen Anschlag zu begehen“, sagte der Minister, ohne Quellen zu nennen. Die britische Regierung ließ am Donnerstag verbreiten, britische Sicherheitsbehörden hätten in den vergangenen vier Jahren 18 geplante Terroranschläge vereitelt.

    Der Anschlag von Manchester

    Eine schreckliche Tat: Am Montag, 22. Mai, explodiert um 22 Uhr 30 (Ortszeit) im Eingangsbereich der Manchester Arena ein Sprengsatz. Dutzende Menschen sterben, darunter Kinder und Jugendliche. Später reklamiert der IS den Anschlag für sich. Eine Chronik der Ereignisse.
    Eine schreckliche Tat: Am Montag, 22. Mai, explodiert um 22 Uhr 30 (Ortszeit) im Eingangsbereich der Manchester Arena ein Sprengsatz. Dutzende Menschen sterben, darunter Kinder und Jugendliche. Später reklamiert der IS den Anschlag für sich. Eine Chronik der Ereignisse. © dpa | Joel Goodman
    Die Manchester Arena (Google-Earth Ansicht) ist eine der größten Hallen Europas und fasst bis zu 21.000 Besucher.
    Die Manchester Arena (Google-Earth Ansicht) ist eine der größten Hallen Europas und fasst bis zu 21.000 Besucher. © dpa | -
    Am Montagabend spielte der US-Popstar Ariana Grande ihr Konzert in der Halle. Als es zu Ende gegangen war, ereignete sich eine heftige Detonation im Eingangsbereich der Halle. (Archivbild)
    Am Montagabend spielte der US-Popstar Ariana Grande ihr Konzert in der Halle. Als es zu Ende gegangen war, ereignete sich eine heftige Detonation im Eingangsbereich der Halle. (Archivbild) © dpa | John Salangsang
    Augenzeugen-Berichten zufolge spielten sich anschließend dramatische Szenen ab. Besucher flüchteten in Panik, Opfer lagen blutüberströmt am Boden. „Ich sah ein kleines Mädchen (...), sie hatte keine Beine mehr“, sagte ein Zeuge dem Sender Sky News.
    Augenzeugen-Berichten zufolge spielten sich anschließend dramatische Szenen ab. Besucher flüchteten in Panik, Opfer lagen blutüberströmt am Boden. „Ich sah ein kleines Mädchen (...), sie hatte keine Beine mehr“, sagte ein Zeuge dem Sender Sky News. © REUTERS | ANDREW YATES
    Die Polizei ging schnell von einem Terroranschlag von einem mutmaßlich islamistischen Selbstmordattentäter aus.
    Die Polizei ging schnell von einem Terroranschlag von einem mutmaßlich islamistischen Selbstmordattentäter aus. © dpa | Peter Byrne
    Das Entsetzen bei den Menschen, die die Explosion miterlebt haben, war groß.
    Das Entsetzen bei den Menschen, die die Explosion miterlebt haben, war groß. © dpa | Peter Byrne
    Ariana Grande hat viele jugendliche Fans.
    Ariana Grande hat viele jugendliche Fans. © Getty Images | Christopher Furlong
    Eltern suchten nach dem Anschlag verzweifelt nach ihren Kindern.
    Eltern suchten nach dem Anschlag verzweifelt nach ihren Kindern. © Getty Images | Dave Thompson
    Einsatzkräfte kümmerten sich um die Opfer.
    Einsatzkräfte kümmerten sich um die Opfer. © Getty Images | Dave Thompson
    Mindestens 22 Menschen und der Attentäter starben bei dem Anschlag, darunter ein achtjähriges Mädchen. Mindestens 59 Verletzte kamen in Krankenhäuser, einige schwebten noch in Lebensgefahr. Den Rettungskräften zufolge waren unter den Verletzten zwölf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren.
    Mindestens 22 Menschen und der Attentäter starben bei dem Anschlag, darunter ein achtjähriges Mädchen. Mindestens 59 Verletzte kamen in Krankenhäuser, einige schwebten noch in Lebensgefahr. Den Rettungskräften zufolge waren unter den Verletzten zwölf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. © Christopher Furlong
    In Manchester und auch in London waren nach dem Anschlag zusätzliche Polizeieinheiten im Einsatz.
    In Manchester und auch in London waren nach dem Anschlag zusätzliche Polizeieinheiten im Einsatz. © REUTERS | ANDREW YATES
    Der Morgen danach: Die Polizei riegelte die Innenstadt von Manchester komplett ab.
    Der Morgen danach: Die Polizei riegelte die Innenstadt von Manchester komplett ab. © dpa | Peter Byrne
    Forensiker untersuchten den Tatort. Die Bombe von Manchester war nach den Worten eines behandelnden Arztes offensichtlich auch mit Nägeln bestückt. Dies habe sich bei der Behandlung der Terroropfer gezeigt.
    Forensiker untersuchten den Tatort. Die Bombe von Manchester war nach den Worten eines behandelnden Arztes offensichtlich auch mit Nägeln bestückt. Dies habe sich bei der Behandlung der Terroropfer gezeigt. © REUTERS | ANDREW YATES
    Der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, war am Morgen danach um Aufklärung bemüht. Der Attentäter habe demnach am Ende des Konzerts einen selbstgebauten Sprengsatz hochgehen lassen.
    Der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, war am Morgen danach um Aufklärung bemüht. Der Attentäter habe demnach am Ende des Konzerts einen selbstgebauten Sprengsatz hochgehen lassen. © dpa | Peter Byrne
    Premierministerin Theresa May nannte die Tat besonders „abstoßend und abscheulich“. Der Attentäter habe Zeit und Ort absichtlich so gewählt, „um das größtmögliche Blutbad anzurichten“.
    Premierministerin Theresa May nannte die Tat besonders „abstoßend und abscheulich“. Der Attentäter habe Zeit und Ort absichtlich so gewählt, „um das größtmögliche Blutbad anzurichten“. © REUTERS | POOL
    Die Polizei verhaftete am Dienstag einen 23-jährigen Mann. Auch der mutmaßliche Attentäter wurde identifiziert.
    Die Polizei verhaftete am Dienstag einen 23-jährigen Mann. Auch der mutmaßliche Attentäter wurde identifiziert. © REUTERS | NEIL HALL
    Die Polizei nannte den 22 Jahre alten Salman Abedi als Hauptverdächtigen. Seine Familie stammt aus Libyen, der junge Mann wuchs in Manchester auf. Vor seinem Haus gab es am Dienstag eine „kontrollierte Explosion“.
    Die Polizei nannte den 22 Jahre alten Salman Abedi als Hauptverdächtigen. Seine Familie stammt aus Libyen, der junge Mann wuchs in Manchester auf. Vor seinem Haus gab es am Dienstag eine „kontrollierte Explosion“. © dpa | -
    Ein Freund aus Kindheitstagen beschrieb Salman Abedi als „normal“. „Er war immer freundlich“, sagte er dem Nachrichtensender Sky News. Andere Personen bezeichneten Abedi als ruhig und respektvoll.
    Ein Freund aus Kindheitstagen beschrieb Salman Abedi als „normal“. „Er war immer freundlich“, sagte er dem Nachrichtensender Sky News. Andere Personen bezeichneten Abedi als ruhig und respektvoll. © dpa | Emilio Morenatti
    Der mutmaßliche Attentäter war dem britischen Geheimdienst bekannt. Er hatte sich wohl nach einer Reise nach Libyen und dann wahrscheinlich nach Syrien radikalisiert.
    Der mutmaßliche Attentäter war dem britischen Geheimdienst bekannt. Er hatte sich wohl nach einer Reise nach Libyen und dann wahrscheinlich nach Syrien radikalisiert. © Getty Images | Leon Neal
    Der IS reklamierte die Tat für sich und teilte das über den Propaganda-Kanal Amaq mit. Doch die Menschen in Manchester lassen sich nicht unterkriegen, wie dieses Pappschild am Ort des Unglücks zeigt.
    Der IS reklamierte die Tat für sich und teilte das über den Propaganda-Kanal Amaq mit. Doch die Menschen in Manchester lassen sich nicht unterkriegen, wie dieses Pappschild am Ort des Unglücks zeigt. © Getty Images | Jeff J Mitchell
    Am Dienstag legten die Menschen Blumen am Ort des Unglücks nieder.
    Am Dienstag legten die Menschen Blumen am Ort des Unglücks nieder. © Getty Images | Jeff J Mitchell
    „Wir lieben Manchester“: Gedenken an die Opfer.
    „Wir lieben Manchester“: Gedenken an die Opfer. © REUTERS | STEFAN WERMUTH
    Die Trauer nach der Tat war groß.
    Die Trauer nach der Tat war groß. © REUTERS | DARREN STAPLES
    Die Regierung in London hebte am späten Dienstagabend die Terrorwarnstufe auf das höchste Niveau an – von „ernst“ auf „kritisch“.
    Die Regierung in London hebte am späten Dienstagabend die Terrorwarnstufe auf das höchste Niveau an – von „ernst“ auf „kritisch“. © dpa | Ben Birchall
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    Allein seit der Attacke nahe dem Parlament in London im März seien fünf Attentate verhindert worden. Der Inlandsgeheimdienst MI5 führe 500 Ermittlungen gleichzeitig, bis zu 3000 Personen seien dabei von besonderem Interesse. Zu diesem Personenkreis habe auch Salman Abedi gehört, hieß es aus der Regierung. Zuletzt sei er aber

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    . Die Entscheidung, ob jemand als potenzieller Terrorist eingestuft werden müsse, sei „schwierig“.