Berlin. Vor dem Parteitag in Köln werden die Auseinandersetzungen innerhalb der AfD schärfer. Für Parteichefin Frauke Petry geht es um alles.

Ein Problem ist AfD-Chefin Frauke Petry bereits losgeworden: Einer ihrer größten Gegner, der äußerst umstrittene Thüringer Landeschef Björn Höcke, kommt nach einigem Hin und Her nun nicht zum Parteitag nach Köln. Doch auch ohne Höcke wird das nächste Wochenende in der Domstadt turbulent. Rund 50.000 Gegendemonstranten erwartet die Polizei in der Stadt. Es soll Kundgebungen gegen die AfD und für ein multikulturelles und weltoffenes Köln geben. Gewerkschaften, Kirchen, andere Parteien und sogar das Karnevalskomitee haben aufgerufen, ein Zeichen zu setzen.

Petry-Gegner warnen vor einer Spaltung der Partei

Die größten Turbulenzen sind aber auf dem Parteitag selbst zu erwarten. Die AfD will in Köln ihr Programm für die Bundestagswahl verabschieden und den oder die Spitzenkandidaten wählen, die es dann vertreten sollen. Doch die Partei ist heillos zerstritten. Die Risse sind so tief, dass Vizechef Alexander Gauland vor einer Spaltung warnt. Setze sich Petry mit ihren Plänen durch, drohe der AfD „eine fürchterliche Auseinandersetzung“, sagte Gauland. Die wird es zwischen ihm und Petry sehr wahrscheinlich schon in Köln geben. Hinter Gauland steht dabei immer auch Höcke. Der Thüringer Rechtsaußen der Partei ist also in Köln durchaus präsent.

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    Für die 41-jährige Parteichefin geht es auf dem Parteitag um alles. Wie einst ihr Vorgänger Bernd Lucke pokert sie hoch und will die Partei auf gleich mehreren heiklen Feldern auf ihre Linie bringen – mit ungewissem Ausgang. So strebt Petry nach wie vor eine alleinige Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl an. In einer Mitgliederbefragung hatte die AfD-Basis diesen Plan bereits abgelehnt. Nun will Petry es auf dem Parteitag erneut versuchen. Ihre Gegner, darunter Gauland und Höcke, wollen die ehrgeizige Vorsitzende aber am liebsten in ein „Spitzenteam“ einbinden.

    Petry möchte die AfD schnell koalitionsfähig machen

    AfD-Vizechef Alexander Gauland.
    AfD-Vizechef Alexander Gauland. © dpa | Bernd Settnik

    Petry möchte die AfD auch schnell koalitionsfähig machen und, wie sie sagt, „auf den realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei“ schicken. So will sie der CDU weitere Wähler abnehmen und diese dadurch „entkernen“. Das steht in einem Antrag, über den Petry den Parteitag abstimmen lassen will. Sie wirft darin Gauland persönlich vor, nur Fundamentalopposition betreiben und Politik nicht selbst gestalten zu wollen. Gauland hält diesen Vorwurf für „konstruiert“. Allerdings versteht er die Hauptaufgabe der AfD derzeit allein darin, die anderen Parteien vor sich herzutreiben. Regierungsbündnisse soll die AfD nur eingehen, wenn sie stärkste Partei ist oder mindestens gleich starker Partner.

    Bisher sieht es nicht so aus, als könnte Petry sich durchsetzen. Die Mehrheit der AfD-Landesvorsitzenden ist gegen den Antrag. Auf einer Internetseite, auf der Petry um Unterstützer wirbt, haben nur 1600 der insgesamt 25.000 AfD-Mitglieder den Antrag unterzeichnet. Letztlich kommt es aber auf die Delegierten in Köln an. „Der Parteitag kann eine große Eigendynamik entwickeln“, heißt es aus Petrys Umfeld. Ein weiterer Plan der Vorsitzenden: Sie will im Grundsatzprogramm der AfD eine Brandmauer nach rechts einziehen. Darin soll stehen, dass in der Partei für „rassistische, antisemitische, völkische und nationalistische Ideologien kein Platz“ sei. Und: Der Nationalsozialismus habe „in der deutschen Erinnerungskultur einen besonderen Platz“.

    Höckes Ausschlussverfahren entzweit die Partei

    Beides zielt auf Björn Höcke und seine Anhänger am rechten Rand der Partei, die davon wenig halten. Höcke hatte in einer umstrittenen Rede in Dresden im Januar unter anderem von „dämlicher Bewältigungspolitik“ gesprochen. Die Diskussion um ihn wird auf dem Parteitag auch ganz offiziell geführt: Ein Antrag des Landesverbands Bremen sieht vor, das Parteiausschlussverfahren gegen Höcke zu stoppen. Begründung: Höcke sei eine „herausragende Person des friedlichen politischen Widerstands gegen die herrschende Klasse in Berlin und Brüssel“. Ihn aus der Partei zu werfen, gefährde die Einheit der AfD.

    Am rechten Rand der AfD: Björn Höcke.
    Am rechten Rand der AfD: Björn Höcke. © dpa | Martin Schutt

    Dass Details aus diesem Verfahren ausgerechnet vor dem Treffen in Köln bekannt wurden, ist sicher kein Zufall – und durchaus im Interesse von Parteichefin Petry. So sollen die Unterlagen, mit denen der AfD-Bundesvorstand den Ausschluss Höckes durchsetzen will, Indizien dafür enthalten, dass der Landesvorsitzende unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ Texte in rechtsextremen Publikationen verfasst und darin für die NPD geworben hat. Formulierungen, die Höcke verwendet hat und die sich in den Texten finden, sollen dies belegen. Der Thüringer Landeschef hat diesen schon länger bekannten Verdacht bisher nie völlig ausräumen wollen. Eine vom ehemaligen Parteichef Bernd Lucke geforderte eidesstattliche Versicherung hatte Höcke nicht abgegeben.

    Die weiteren Anträge, die in Köln beraten werden, haben weit weniger Sprengkraft. Für die von Petry gewünschte Realpolitik taugen sie allerdings nur bedingt.

    So wird unter anderem gefordert, die Mehrwertsteuer um sieben Punkte auf nur zwölf Prozent zu senken. „Mit dieser Forderung könnten wir das Heft des Handelns in Talkrunden und Schlagzeilen zurückgewinnen“, heißt es in der Begründung.