Washington. Das erste Treffen von Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Trump kann nicht alle Spannungen beseitigen.

Vielleicht war es der düstere Lagebericht aus dem Ministerium für Militär-Veteranen, der dem Gastgeber den Grimm aufs Gesicht getrieben hatte. Oder das jüngste Bulletin über die kränkelnde Reform der staatlichen Krankenversicherung, die Donald Trump kurz vor dem Eintreffen Angela Merkels im Weißen Haus von Top-Vertretern der republikanischen Partei in Empfang nahm.

Wer weiß das schon. Was man weiß: Amerikas Präsident, durch eine langjährige Fernseh-Karriere auf Bildersprache und deren Bedeutung geeicht, verweigerte der Bundeskanzlerin gestern im Oval Office nach einem Vier-Augen-Gespräch zum Auftakt den obligatorischen Handschlag. Aufgefordert von Fotografen, blieb der Geschäftsmann stumm, fast eingefroren. Ganz anders als bei der Britin Theresa May oder dem Japaner Shinzo Abe.

Einseitige Kühle

Dabei hatte die sichtlich gut aufgelegte Merkel, die sich zur Feier des irischen St. Patrick-Tages einen grünen Blazer angezogen hatte, kurz zuvor die Bereitschaft zum „Shakehands“ sogar leise abgefragt. Trump wollte nicht. „Sendet ein schönes Bild heim nach Deutschland!“ knurrte er die Medien-Vertreter an. Wie, bitteschön, soll das gehen? Und überhaupt: Warum diese einseitige Kühle beim ersten Aufeinandertreffen, das wegen Schnee und Eis um drei Tage nach hinten verschoben werden musste?

In der anschließenden Pressekonferenz im festlich geschmückten East Room war von dem für Körpersprache noch zu analysierenden Moment nicht mehr die Rede. Zu breit die Themenpalette von Afghanistan, Nato, Ukraine bis Anti-Terror-Kampf (wo sich Merkel jeweils vom Blatt abgelesenes Lob und Anerkennung für deutsches Engagement abholte). Und zu ernst die Probleme etwa im Sektor Wirtschaft, wo Trumps Berater Deutschlands Handelsüberschuss auf dem Kieker haben (was aber erst beim Mittagessen danach zu Sprache kommen sollte).

Mundwinkel steil nach unten

Nur so viel vorweg: Ein Isolationist sei er keineswegs, sagte Trump. Aber: „Wir wollen Fairness.“ Allein, das betont Herzliche, das Trump etwa dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau kürzlich an gleicher Stelle zuteil werden ließ, blieb durchgängig aus. Mal zeigten die Mundwinkel des angespannten wirkenden 70-Jährigen steil nach unten. Etwa, als deutsche Journalisten fragten, warum er viele Medien als „fake news“ bezeichnet und doch selber nachweisbar Unwahrheiten verbreitet.

Angela Merkel und Donald Trump bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz.
Angela Merkel und Donald Trump bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz. © REUTERS | JOSHUA_ROBERTS

Mal sah der Geschäftsmann distanziert lächelnd zu seiner Rechten hinüber, wo Merkel konzentriert aber entschieden in sich ruhend die Unterschiede klar machte, ohne den Hausherrn auf offener Bühne zu vergraulen. Flüchtlingen müsse man eine Perspektive bieten, sagte die Regierungschefin, als die Abschottungspolitik der neuen US-Regierung angerissen wurde.

Stabilisierung der Welt

Trump dagegen wiederholt sein Mantra von der nationalen Unversehrtheit. Zur abermals von ihm vorgetragenen Forderung, Deutschland müsse empfindlich mehr in die Nato-Kasse einzahlen, erlaubte sich die zum dritten Mal beruflich auf amerikanische Präsidenten treffende Physikerin den Hinweis, dass man auch Entwicklungshilfe und andere zivile Beiträge zur Stabilisierung der Welt in Rechnung stellen müsse.

Während Trump unliebsame Fragen (warum die Geringschätzung gegenüber der EU?) wegatmete, gab Merkel ein klares Bekenntnis ab, Deutscher Erfolg sei immer auch der Erfolg Europas. Ausdrücklich honorierte Trump Merkels ideelles Gastgeschenk: Berufsschule und Lehre, kurzum: das Konzept der dualen Ausbildung. Siemens, BMW und andere deutsche Unternehmen, die Trump mit Strafzöllen behelligen will, praktizieren das System an ihren US-Standorten seit langem mit Erfolg.

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Angela Merkel am Weißen Haus in Washington: Die Bundeskanzlerin traf am 17. März US-Präsident Donald Trump zum ersten Mal persönlich.
Angela Merkel am Weißen Haus in Washington: Die Bundeskanzlerin traf am 17. März US-Präsident Donald Trump zum ersten Mal persönlich. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Als Merkels gepanzerter Wagen vor dem West Wing vorfuhr, begrüßte Trump die Kanzlerin.
Als Merkels gepanzerter Wagen vor dem West Wing vorfuhr, begrüßte Trump die Kanzlerin. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Bei dieser Gelegenheit reichte der US-Präsident der Kanzlerin noch die Hand.
Bei dieser Gelegenheit reichte der US-Präsident der Kanzlerin noch die Hand. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Dass er das im Oval Office nicht tat, sorgte für viel Aufregung in den Medien.
Dass er das im Oval Office nicht tat, sorgte für viel Aufregung in den Medien. © REUTERS | JONATHAN ERNST
Nach einem kurzen Gespräch unter vier Augen wurden die Fotografen und Kameraleute ins Zentrum der Macht gelassen, um Bilder in die Welt zu schicken. Als die beiden Regierungschefs mit „Handshake, Handshake“-Rufen gebeten wurden, noch ein weiteres – und eigentlich übliches – Motiv zu liefern, reagierte Trump nicht.
Nach einem kurzen Gespräch unter vier Augen wurden die Fotografen und Kameraleute ins Zentrum der Macht gelassen, um Bilder in die Welt zu schicken. Als die beiden Regierungschefs mit „Handshake, Handshake“-Rufen gebeten wurden, noch ein weiteres – und eigentlich übliches – Motiv zu liefern, reagierte Trump nicht. © dpa | Evan Vucci
In Videos ist zu hören, wie die Kanzlerin den Präsidenten fragt, ob er noch einmal die Hände schütteln wolle: Auch darauf reagierte Trump nicht.
In Videos ist zu hören, wie die Kanzlerin den Präsidenten fragt, ob er noch einmal die Hände schütteln wolle: Auch darauf reagierte Trump nicht. © dpa | Evan Vucci
Ein angestrengter Moment, der sowohl in den traditionellen als auch in den sozialen Medien viel kommentiert wurde.
Ein angestrengter Moment, der sowohl in den traditionellen als auch in den sozialen Medien viel kommentiert wurde. © dpa | Michael Kappeler
Anschließend das Roundtable-Gespräch: Merkel und Trump trafen mit ihren Delegationen zu Gesprächen zusammen. Neben den Politikern waren Manager großer Unternehmen dabei – und Trumps Tochter Ivanka.
Anschließend das Roundtable-Gespräch: Merkel und Trump trafen mit ihren Delegationen zu Gesprächen zusammen. Neben den Politikern waren Manager großer Unternehmen dabei – und Trumps Tochter Ivanka. © dpa | Michael Kappeler
Als der Präsident das Wort ergriff, dankte er erst seiner Tochter für die Organisation des Treffens und dann der Bundeskanzlerin für ihr Kommen.
Als der Präsident das Wort ergriff, dankte er erst seiner Tochter für die Organisation des Treffens und dann der Bundeskanzlerin für ihr Kommen. © dpa | Michael Kappeler
Die erste gemeinsame Pressekonferenz von Angela Merkel und Donald Trump im prächtigen East Room.
Die erste gemeinsame Pressekonferenz von Angela Merkel und Donald Trump im prächtigen East Room. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Themen waren unter anderem das Bekenntnis zur Nato, der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“, aber auch Flüchtlingspolitik.
Themen waren unter anderem das Bekenntnis zur Nato, der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“, aber auch Flüchtlingspolitik. © dpa | Michael Kappeler
Merkel hob die Notwendigkeit eines fairen Handels zwischen Deutschland und den USA hervor. In beiden Volkswirtschaften stecke großes Potenzial, beide Seiten müssten gewinnen können. Die Globalisierung solle offen gestaltet werden, forderte Merkel. Sie machte deutlich, dass Freizügigkeit gerade auch für die deutsche Wirtschaft wichtig sei.
Merkel hob die Notwendigkeit eines fairen Handels zwischen Deutschland und den USA hervor. In beiden Volkswirtschaften stecke großes Potenzial, beide Seiten müssten gewinnen können. Die Globalisierung solle offen gestaltet werden, forderte Merkel. Sie machte deutlich, dass Freizügigkeit gerade auch für die deutsche Wirtschaft wichtig sei. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Trump sagte, er erwarte „großartige Handelsbeziehungen mit Deutschland“. Er betonte: „Wir wollen Fairness, keine Siege.“
Trump sagte, er erwarte „großartige Handelsbeziehungen mit Deutschland“. Er betonte: „Wir wollen Fairness, keine Siege.“ © REUTERS | JIM_BOURG
Trump wies den Eindruck zurück, er setze auf Abschottung. „Wir sind ein sehr starkes Land, vielleicht bald auf einem Level, das es noch nie gegeben hat“. Dennoch sei er als US-Präsident ein Handelsmann und in keinerlei Hinsicht ein Isolationist.
Trump wies den Eindruck zurück, er setze auf Abschottung. „Wir sind ein sehr starkes Land, vielleicht bald auf einem Level, das es noch nie gegeben hat“. Dennoch sei er als US-Präsident ein Handelsmann und in keinerlei Hinsicht ein Isolationist. © dpa | Michael Kappeler
Eine deutsche Journalistin sprach Trump auf sein angespanntes Verhältnis zu kritisch berichtenden Medien an. Trump gab keine Antwort.
Eine deutsche Journalistin sprach Trump auf sein angespanntes Verhältnis zu kritisch berichtenden Medien an. Trump gab keine Antwort. © dpa | Evan Vucci
Merkel sagte Trump zu, die deutschen Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen. Deutschland habe sich auf das Nato-Ziel verpflichtet, bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben. „Wir werden auch weiter in diese Richtung arbeiten.“
Merkel sagte Trump zu, die deutschen Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen. Deutschland habe sich auf das Nato-Ziel verpflichtet, bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben. „Wir werden auch weiter in diese Richtung arbeiten.“ © dpa | Evan Vucci
Nicht nur Journalisten besuchten die Pressekonferenz der beiden Regierungschefs, auch Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner, ein Berater des Präsidenten, waren dabei.
Nicht nur Journalisten besuchten die Pressekonferenz der beiden Regierungschefs, auch Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner, ein Berater des Präsidenten, waren dabei. © REUTERS | JIM_BOURG
Chefstratege Stephen Bannon und Stabschef Reince Priebus (v.r.) im East Room.
Chefstratege Stephen Bannon und Stabschef Reince Priebus (v.r.) im East Room. © REUTERS | JIM_BOURG
Einen leicht ungläubigen Blick erntete Trump, als er auf eine Frage nach seinen Überwachungsvorwürfen antwortete. Ein Journalist wollte wissen, ob er weiter an seiner nicht belegten Behauptung festhalte, Präsident Obama habe seine Telefone abgehört. Trump sagte in Anspielung auf die Überwachung von Merkels Handy durch US-Geheimdienste, da habe er wohl etwas gemeinsam mit der Kanzlerin. Der feine Unterschied: Obama gab 2013 zu, dass Merkels Handy überwacht worden war und entschuldigte sich. Für Trumps Behauptungen gibt es keine Beweise.
Einen leicht ungläubigen Blick erntete Trump, als er auf eine Frage nach seinen Überwachungsvorwürfen antwortete. Ein Journalist wollte wissen, ob er weiter an seiner nicht belegten Behauptung festhalte, Präsident Obama habe seine Telefone abgehört. Trump sagte in Anspielung auf die Überwachung von Merkels Handy durch US-Geheimdienste, da habe er wohl etwas gemeinsam mit der Kanzlerin. Der feine Unterschied: Obama gab 2013 zu, dass Merkels Handy überwacht worden war und entschuldigte sich. Für Trumps Behauptungen gibt es keine Beweise. © REUTERS | JONATHAN ERNST
Nach dem Affront im Oval Office beendete Trump die Pressekonferenz mit einem Handschlag.
Nach dem Affront im Oval Office beendete Trump die Pressekonferenz mit einem Handschlag. © REUTERS | JIM_BOURG
Dann gingen Merkel und Trump zu einem gemeinsamen Essen.
Dann gingen Merkel und Trump zu einem gemeinsamen Essen. © REUTERS | JOSHUA ROBERTS
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Geheimdienste aufrecht halten

Die Unternehmenschefs Joe Kaeser (Siemens) und Harald Kügler (BMW) in der Delegation der Kanzlerin brachten eigens Azubis mit ins Weiße Haus, um die Alternative zum College-Studium aufzuzeigen. Trump sprang darauf an, erkannte den Nährwert für das oft dramatisch unqualifizierte amerikanische Arbeitsheer. „Es gibt Leute, die sind nicht besonders gute Studenten. Aber die können mit geschlossenen Augen einen Motor auseinandernehmen.“ Hinter verschlossenen Türen sagte der Präsident, man wolle fünf Millionen Lehrstellen schaffen.

Am Ende, bevor es zum Lunch ging, dann doch noch so etwas wie Gemeinsamkeit, wenn auch eine gekrampfte. Trump wurde gefragt, ob er seine Vorwürfe an die eigenen und neuerdings auch britischen Geheimdienste aufrecht hält, dass er das Ziel von Lauschangriffen geworden sei. Trumps sinngemäße Antwort: ja. In Anspielung an die unter Vorgänger Obama praktizierte Überwachung von Merkels Mobiltelefon durch die NSA sagte der Präsident mit sarkastischem Unterton: „Zumindest hier haben wir vielleicht etwas gemeinsam.“

Das Treffen von Merkel und Trump im Protokoll: