Berlin. Das Vertrauen in den Rechtsstaat bröckelt wegen fehlender Ausstattung, sagt Unionspolitiker Kauder. Heiko Maas wehrt sich dagegen.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und den Bundesländern vorgeworfen, die Ausstattung der Justiz zu vernachlässigen. Aus Personalmangel könnten Staatsanwaltschaften und Gerichte viele Rechtsbrecher nicht mehr zur Rechenschaft ziehen, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion.

Immer mehr Verfahren müssten eingestellt werden. „Das ist eine alarmierende Entwicklung, die viel zu wenig beachtet wird“, kritisierte der CDU-Politiker. „Der Bundesjustizminister, der sich ja schnell für dies und das engagiert, hat die Situation auch nie richtig zum Thema gemacht. Das ist ein schweres Versäumnis.“

Kauder sieht Vertrauen in Rechtsstaat bedroht

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) weist die Vorwürfe von Unionsfraktionschef Volker Kauder zurück.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) weist die Vorwürfe von Unionsfraktionschef Volker Kauder zurück. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Besonders bedenklich nannte es Kauder, dass selbst beim Generalbundesanwalt Stellen für die Terrorismusverfolgung fehlten. „Das kann nicht sein!“ so der Fraktionschef. In einem Brief habe er Bundesjustizminister Heiko Maas jetzt gebeten, dazu Stellung zu nehmen, teilte Kauder mit. „Man kann den obersten Ankläger in der Republik, der mit für die schwersten Verbrechen zuständig ist, nicht im Regen stehen lassen.“

Viele Länder vernachlässigten seit Jahren die Justiz, beklagte Kauder. „Das untergräbt aber das Vertrauen in den Rechtsstaat. Der Staat hat nur ganz wenige Aufgaben, die man wirklich als Kernaufgaben bezeichnen kann. Dazu gehört die Durchsetzung von Recht und Gesetz.“

Maas sieht Verantwortung bei Ländern

Bundesjustizminister Heiko Maas hat eigene Versäumnisse bestritten. In den Verhandlungen mit dem Bundestag habe sich sein Ministerium mit Erfolg dafür stark gemacht, dass die Stellen beim Generalbundesanwalt erhöht würden. „Die Stellen sind vorhanden“, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen unserer Redaktion.

Bei der Besetzung sei der Generalbundesanwalt allerdings auf der Kooperation der Bundesländer angewiesen. „Es kann nicht sein, dass zwar die notwendigen Stellen vorhanden sind, sie aber wegen fehlender Mitwirkung der Länder nicht besetzt werden können“, kritisierte Maas. Bei Polizei und Justiz sei im Zeitalter der Schuldenbremse deutlich zu viel gespart worden, bemängelte der Justizminister.

Bundesweit mindestens 2000 unbesetzte Stellen

Generalbundesanwalt Peter Frank hatte sich in einem Brief an den Bundesjustizminister gewandt und mehr Personal für seine Behörde gefordert.
Generalbundesanwalt Peter Frank hatte sich in einem Brief an den Bundesjustizminister gewandt und mehr Personal für seine Behörde gefordert. © dpa | Jörg Carstensen

„Da müssen die Länder dringend gegensteuern und viele haben damit auch schon begonnen.“ Maas betonte: „Wenn wir unseren Rechtsstaat durchsetzen wollen, dürfen wir ihn nicht kaputtsparen.“ Wenn der Staat seine Gesetze nicht ordentlich anwende und vollziehe, verlören die Menschen das Vertrauen.

Auch der Deutsche Richterbund beklagt einen erheblichen Personalmangel. „Uns fehlen bundesweit mindestens 2000 Staatsanwälte und Richter, quer durch alle Bundesländer“, sagte Richterbund-Geschäftsführer Sven Rebehn dieser Redaktion. Allein in Nordrhein-Westfalen seien es etwa 1000.

Strafjustiz „sträflich unterbesetzt“

Die Verwaltungsgerichte hätten im Zuge der Flüchtlingskrise zahlreiche neue Verfahren bekommen, und die Strafjustiz sei „chronisch unterbesetzt“, beklagte Rebehn. „Das verschärft sich aktuell noch durch zahlreiche Terrorismus-Verfahren.“ Dem Generalbundesanwalt fehlten bei der Terrorismus-Bekämpfung rund 15 Strafverfolger. Das sei „ein Unding“. (FMG)