Berlin. Menschen ohne Bleibeperspektive sollen nach wenigen Wochen ausreisen müssen. Die Kanzlerin erhofft sich davon auch einen Sog-Effekt.

Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig schneller und konsequenter aus Deutschland abgeschoben werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich am Donnerstag in Berlin auf eine wesentlich intensivere Zusammenarbeit bei der Abschiebung. Dazu solle zeitnah die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, sagte Merkel nach einem Treffen im Kanzleramt.

„Wir setzen im übrigen sehr stark auf freiwillige Ausreisen, wissen allerdings, dass freiwillige Ausreisen dann nicht erfolgen, wenn Menschen wissen, dass es nie eine verpflichtende Rückführung in ihr Heimatland gibt“, sagte Merkel nach dem Treffen.

Noch nicht alle Punkte sind geklärt

Die Bundesregierung hatte einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt, der von den Ländern im Grundsatz unterstützt wird. Allerdings müssten noch einige Punkte geklärt werden. Geplant sind danach nun mehrere Ausreisezentren, in denen sich Ausreisepflichtige kurz vor ihrer Abschiebung aufhalten müssen. Zudem soll ein neues „Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“ (ZUR) von Bund und Ländern Sammelabschiebungen erleichtern.

Beide Seiten betonten, dass das Vortäuschen einer Identität oder Straftaten eine schnelle Abschiebung zur Folge haben müssten. Die Abschiebehaft für Gefährder soll ausgeweitet, ihre Überwachung erleichtert werden. Die zulässige Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll von vier auf zehn Tage verlängert werden. Andererseits sollen auch Anreize für eine freiwillige Rückkehr geschaffen werden. Die Bundespolizei soll mittelfristig mehr Kompetenzen bekommen. Dazu soll es aber zunächst eine Arbeitsgruppe geben.

Abschiebung aus der Erstaufnahme

Die Kanzlerin betonte, abgelehnte Bewerber sollten möglichst schon aus Erstaufnahmeeinrichtungen rückgeführt werden. Mit einer konsequenteren Abschiebungspraxis solle auch erreicht werden, dass mehr abgelehnte Asylbewerber freiwillig Deutschland verlassen. Dafür sind vom Bund für dieses Jahr 40 Millionen Euro eingeplant. Weitere 50 Millionen sind für die Wiedereingliederung von Rückkehrern in ihrer Heimat vorgesehen.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering (SPD), unterstrich, Ziel sei, dass diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben, nach wenigen Wochen – möglichst noch aus der Erstaufnahmeeinrichtung – in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Wenn ausreisepflichtige Ausländer merkten, dass es Deutschland ernst meine mit der Rückführung, dann werde auch die Zahl der freiwilligen Rückkehrer steigen, sagte Sellering, der derzeit den Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hat.

Neues Zentrum für Rückführungen

Für das vom Bund vorgeschlagene Zentrum für Rückführungen wollen die Länder nach den Worten des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) Personal entsenden. „Wir sind uns einig, dass ein Rückführzentrum, eine Bündelung aller Behörden, die es zum Teil schon gibt, unter Bundesverantwortung in Potsdam eingerichtet werden soll.“

Nach dem Treffen wies er darauf hin, dass zur Feststellung der Identität künftig im Zweifel auch die Handys der Asylbewerber ausgelesen werden sollen. Bouffier machte deutlich, nur der Bund könne mit den Herkunftsstaaten Verhandlungen über die Aufnahme ihrer Staatsbürger führen. Notwendigkeiten wie das Ausstellen von Passersatzpapieren könnten zentral erledigt werden. Dies seien im übrigen schwierige Prozesse.

De Maiziere - Flüchtlingszahlen in 2016 deutlich gesunken

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    14.400 Asylanträge im Januar

    Rund 55.000 Menschen kehrten 2016 freiwillig aus Deutschland in ihre Herkunftsländer zurück, 25.000 wurden abgeschoben. Im vergangenen Jahr suchten 280.000 Menschen in Deutschland Schutz – nach 890.000 im Asyl-Rekordjahr 2015. Im Januar stellten rund 14.400 Ausländer einen Asylantrag. Die meisten von ihnen (2712) stammten aus Syrien und dem Irak (1130). Auf den Plätzen drei und vier lagen Eritrea (990 Anträge) und Afghanistan (963). Auch 573 türkische Staatsbürger beantragten im Januar Asyl.

    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) rief vor dem Treffen zu mehr Konsequenz bei Abschiebungen auf. Es steige die Zahl derer, die bleiben dürften. „Aber auch die Zahl der Ablehnungen steigt, deswegen müssen wir mehr für Rückführungen und Abschiebungen machen“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Dazu sollen auch Abschiebungen nach Afghanistan gehören, was bei einigen von SPD und Grünen regierten Ländern auf Ablehnung stößt. (dpa)