Washington. Trump bleibt beim Vorwurf des millionenfachen Wahlbetrugs, auch wenn es keinerlei Indizien gibt. Die eigenen Leute verstehen ihn nicht.

Führende Republikaner drängen US-Präsident Donald Trump dazu, nicht länger öffentlich von einem massenhaften Wahlbetrug im November zu sprechen. „Das erschüttert den Glauben an die Demokratie und beschädigt seine Glaubwürdigkeit, dieses Land zu regieren“, sagte Senator Lindsey Graham am Dienstag.

Der ehemalige Konkurrent von Trump als Präsidentschaftskandidat forderte den Amtsinhaber auf, Beweise für seine Behauptung vorzulegen, wonach am 8. November zwischen drei Millionen und fünf Millionen Menschen (Einwanderer ohne Stimmrecht) illegal gewählt haben sollen.

Trump griff Thema wieder auf

Obwohl alle zuständigen Behörden – Landeswahlleiter in 50 Bundesstaaten, Beobachter-Organisationen – wie auch die überwältigende Mehrheit der US-Medien die Spekulation als „komplett substanzlos“ bezeichneten, brachte Trump das Thema im Gespräch mit Spitzen der Republikaner im Kongress jetzt wieder auf.

Hintergrund: Trumps Rivalin Hillary Clinton hatte knapp drei Millionen mehr Stimmen errungen als Trump, der wiederum im ausschlaggebenden Wahlleute-Gremium mit 304 zu 227 Stimmen eindeutig die Nase vorn hatte und die Wahl rechtmäßig für sich entschied.

Clintons Wählerstimmen-Mehrheit nagt an Trump

„Trump wurmt das“, sagen Republikaner im vertraulichen Gespräch, „er fühlt, dass sein Sieg nicht als hundertprozentig wahrgenommen wird.“ Bereits im November wartete der New Yorker Unternehmer mit der These auf, ohne „Wahlbetrug“ hätte er Clinton auch bei der „popular vote“ klar bezwungen.

Trump hält offenbar bis heute daran fest. „Er glaubt, was er glaubt auf der Basis von Informationen, die er bekommen hat“, sagte sein Sprecher Sean Spicer am Dienstag, es gebe „Studien und Beweise“. Spicer, der sich einer persönlichen Wertung bewusst enthielt, verwies pauschal auf eine Untersuchung des anerkannten Pew Instituts. Dort ging es aber um etwas anderes.

Studienautor sah keinen Beleg für Fälschung

Die Initiatoren fanden bereits vor Jahren heraus, dass die Wählerverzeichnisse nicht korrekt waren. So wurden unter anderem 1,8 Millionen Karteileichen gefunden. Eine andere Untersuchung 2014 ergab, dass bei den Wahlen 2008 und 2010 rund 14 Prozent von Nicht-Wahlberechtigten „angedeutet haben, dass sie sich in die Wählerverzeichnisse eingetragen haben“. Gleichbedeutend mit Wählengehen ist das nicht.

Um Missverständnisse auszuräumen, erklärte David Becker, einer der Autoren der Studien: „Wir haben Millionen veraltete Wählereinträge gefunden, die sich durch Umzug oder Tod erklären, aber keine Belege, dass daraus Wahlfälschung entstanden ist.“

Statistisch 50 bis 120 Betrugsversuche

Das „Brennan Center for Justice“ bestätigte den Befund. Die Quote für Wahlbetrug liege in den USA statistisch gesehen zwischen 0,00004 und 0,0009 Prozent. Bei 137 Millionen abgegebenen Stimmen sind das zwischen 50 und 120 Stimmen.

Parteifreunde Trumps, etwa der Abgeordnete Charlie Dent, riefen den Präsidenten auf, die Dinge ruhen zu lassen und sich auf die Regierungsarbeit zu konzentrieren.

Studienautor sah keinen Beleg für Fälschung

Demokratische Abgeordnete fürchten eine weitere Erosion des angekratzten Vertrauens der Bürger in das politische System, wenn Trump die schwerwiegenden Vorwürfe nicht gründlich untersuchen lässt – oder schweigt. Sie sehen Trump als „Wiederholungstäter“.

Um seinen Vorgänger Barack Obama zu diskreditieren, hatte Trump seit 2011 aktiv die sogenannte „Birther“-Bewegung“ unterstützt. Die Gruppe behauptete, Obama sei unrechtmäßig ins Amts gekommen, weil er nicht in Amerika geboren sei. Erst im September 2016 rückte Trump von seiner Haltung ab, die das rechtsradikal-rassistische Spektrum in Amerika lange Zeit befeuert hatte: „Präsident Obama wurde in den Vereinigten Staaten geboren, Punkt.“