Washington/Berlin. An seinem ersten Arbeitstag lockt Donald Trump Firmen mit Steuersenkungen, droht mit Strafzöllen und beerdigt das Handelsabkommen TPP.

Er lächelte, aber die Drohung war nicht zu überhören: US-Präsident Donald Trump hat an seinem ersten offiziellen Arbeitstag Vorständen großer Konzerne wie US-Steel, Dow Chemicals, Dell, Under ­Armour, Lockheed und Tesla Steuerfreiheit und einen radikalen Abbau von Auflagen in Aussicht gestellt, wenn sie im Gegenzug Arbeitsplätze in Amerika halten oder schaffen. „Geht nicht weg, bleibt hier, feuert keine Mitarbeiter“, sagte Trump am Morgen bei einem Treffen im Weißen Haus.

Verlagerungen von Produktionsstätten innerhalb der Vereinigten Staaten seien in Ordnung („Ihr habt 50 großartige Gouverneure, mit denen ihr verhandeln könnt“). Wer seine Waren dagegen im Ausland herstelle und Fabriken in Amerika schließe, werde mit „substanziellen Strafzöllen“ belegt. „Wir wollen fairen Handel“, sagte Trump. Der gegenwärtige Freihandel erfülle dieses Kriterium nicht. Trump versprach den Unternehmensführern die Streichung von 75 Prozent der geltenden Regulierungsauflagen – „vielleicht auch mehr“.

Ausstieg aus TPP

Als Beweis für seine Entschlossenheit verfügte Trump den offiziellen Ausstieg Amerikas aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP. Per präsidialer Anordnung machte er die über zwei Jahre von seinem Vorgänger Obama vorbereitete und vom US-Kongress bisher noch nicht abgesegnete Einigung mit Japan, Australien, Brunei, Kanada, Chile, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam zunichte. TPP sei für Amerika ein „Arbeitsplatzvernichter“, erklärte der Präsident.

Trump hingegen strebt bilaterale, maßgeschneiderte Handelsverträge an.Kritiker sehen darin einen Trend zu Protektionismus, der Amerika am Ende mehr schade als nütze. Abseits dessen legte der neue Präsident den Grundstein für Nachverhandlungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) mit Kanada und Mexiko. Trump will vor allem das Handelsdefizit mit Mexiko abbauen. Dazu werden in dieser Woche Regierungsvertreter des südlichen Nachbarn in Washington erwartet.

Skepsis in Deutschland

Trump entsendet zudem seinen Schwiegersohn und Chefberater Jared Kushner in die kanadische Hauptstadt Ottawa. Weitere Schritte im Bereich Wirtschaft, Handel, Energie-Politik am ersten vollen Arbeitstag: Trump wies das Handelsministerium an, Missbräuche ausländischer Firmen zulasten amerikanischer Arbeitnehmer zu identifizieren. Ebenso gab er Anweisung an die Umweltschutzbehörde EPA, Restriktionen für die Gewinnung von Kohle, Öl und Gas aufzuheben und den Weg für die von Obama gestoppte Öl-Pipeline Key­stone XL zu ebnen.

In Deutschland rufen die ersten wirtschaftspolitischen Amtshandlungen des Präsidenten eher Skepsis hervor. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther, geht davon aus, dass Trump mit seiner Strategie, Handelsabkommen wie TPP aufzukündigen, bestenfalls kurzfristig profitiere – etwa weil die Konkurrenz der Niedriglohnländer eingedämmt werde. Langfristig aber schwäche „Trump die USA geopolitisch“.

Heimische Wirtschaft schützen

China etwa, das bei TPP außen vor war, warte nur darauf, mit einem eigenen Freihandelsabkommen im asiatisch-pazifischen Raum in die Lücke zu stoßen und die USA auszuschließen, sagt Hüther. Ähnlich sieht das der Ökonom der Bertelsmann-Stiftung Thieß Petersen. Die Idee, die heimische Wirtschaft über Importzölle zu schützen, zähle zu den „Makro-Mythen“ der Volkswirtschaft.

Etliche importierte Waren könnten ­wegen der Zölle teurer werden. ­US-Kunden müssten also etwa beim Spielwarenhersteller Toys“R”Us mög­licherweise viel mehr Geld für Spielzeug „Made in China“ zahlen - oder fänden nur noch teurere Produkte aus hei­mischer Fertigung vor. Außerdem ­müsste mit Vergeltung durch andere Staaten gerechnet werden, was die Exportchancen eigener Produkte einschränkt.

Druck durch ausländische Firmen

Langfristig droht indes noch ein viel größeres Problem: Der Wirtschaftsexperte der Bertelsmann-Stiftung Petersen sagt, wenn der Druck durch ausländische Firmen nachlasse, sinke auch der Zwang, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den ausländischen Konkurrenten zu verbessern. Sollte es zu scharfen protektionistischen Maßnahmen kommen, wäre „Deutschland stark betroffen“, davon geht Hüther aus.

Denn gemessen an den Exportumsätzen seien die USA für Deutschland der wichtigste Markt. Besonders betroffen seien laut Hüther die Pharma- und die Automobilindustrie. Allein die Exporte von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen würden fast ein Fünftel der gesamten Warenexporte Deutschlands ausmachen, analysiert Michael Hüther. Mehr Protektionismus, weniger Zusammenarbeit im Welthandel, das schlage auf die Stimmung, sagt auch Felix Herrmann, Investmentstratege beim weltgrößten Vermögensverwalter Black Rock.

Zinsabstand zum Euro-Währungsraum

Das führte zu einer Aufwertung des Euro, und ein stärkerer Euro belastet wiederum die exportorientierten Unternehmen. Die Börsianer fragen sich inzwischen, ob ihr Enthusiasmus nach Trumps Wahl im November womöglich übertrieben war. Ein zu schnelles Wachstum der Wirtschaft durch Konjunkturprogramme werde auch die Inflation anheizen, sagt Herrmann. Das dürfte die amerikanische Notenbank Fed zu noch schnelleren Zinsanhebungen bringen als bisher erwartet.

Und das wiederum werde dann den Zinsabstand zum Euro-Währungsraum weiter ausdehnen. Wenn Investoren dadurch weiter in Dollar-Anleihen und hinaus aus dem Euroraum getrieben würden, müsse die EZB bald nachziehen und ebenfalls die Zinsen erhöhen. So könnte ausgerechnet Trumps Politik die Niedrigzinsphase auch in Europa beenden – und Sparern damit wieder zu nennenswerten Zinsen verhelfen.