Hamburg. Der Verband Ditib kontrolliert auch in Deutschland zahlreiche islamische Prediger. Einige seiner Mitglieder wettern gegen Weihnachten.

Die Umwälzungen in der Türkei erreichen Deutschland. Wie der Erdogan-Regierung nahestehende Gruppen haben auch Mitglieder der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) in Deutschland zuletzt massiv Stimmung gegen das christliche Weihnachtsfest und gegen Silvesterfeiern gemacht. Der Verband selbst distanziert sich.

Ditib unterhält Moscheen und ist beispielsweise in Hamburg Partner der Stadt im Vertrag mit den muslimischen Verbänden und hat so auch Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung an den Schulen. In den sozialen Netzwerken wurden Zeichnungen auch von Ditib-Organisationen verbreitet, in denen man sieht, wie ein mutmaßlich muslimischer Mann einen Weihnachtsmann zusammenschlägt. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, stammen die Bilder auch von Facebook-Seiten von Ditib-Verbänden aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Weihnachten stehe für den Unglauben der Christen

Autor Ahmad Mansour wirft Hamburg „Naivität“ im Umgang mit dem Islam vor.
Autor Ahmad Mansour wirft Hamburg „Naivität“ im Umgang mit dem Islam vor. © imago/Jürgen Heinrich | imago stock&people

Weihnachten stehe für den Unglauben der Christen, heißt es etwa in unterschiedlichen zu solchen Bildern verbreiteten Texten. Dabei wird auch der Kampfbegriff „Kuffar“, also etwa: Ungläubige/Gotteswidersacher, benutzt. „Das ist dasselbe Vokabular, das auch der IS benutzt“, sagte der Islamismusexperte und Autor Ahmad Mansour (“Generation Allah“) dem Abendblatt. Dass solche Bilder auch von Ditib-nahen-Organisationen verbreitet würden, sei „ein schlechtes Zeichen“.

Immerhin sei Ditib Partner Hamburgs bei der Salafismus-Prävention. CDU-Fraktionschef André Trepoll warf den Ditib-Vertretern vor, „sich mit ihrer offenen Ablehnung christlicher und gesetzlicher Feiertage in Deutschland gegen unsere Gesellschaft“ zu stellen. Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Kazim Abaci sagte, das Verhalten von Ditib-Angehörigen mache ihn „sprachlos“. Grünen-Chef Michael Gwosdz nannte die verbreiteten Bilder „völlig geschmacklos“.

Auch das Silvesterfest wird kritisiert

Die Religionsbehörde der Türkei, die auch Ditib-Imame mit Predigten zum Freitagsgebet versorgt, hatte zum Jahresschluss einen Text verschickt, in dem das Silvesterfest kritisiert wird. Die Feier sei für Muslime unzulässig, passe nicht zur Lebensweise von Gläubigen und gehöre in andere Kulturen, so die Auffassung. Die Predigten waren nach dem Silvester-Attentat in Istanbul auch in der Türkei kontrovers diskutiert worden. Ditib-Nord-Chef Sedat Şimşek beteuerte, in Deutschland seien diese Predigten nicht gehalten worden.

Buchautor Ahmad Mansour warf dem rot-grünen Senat zugleich „Naivität“ im Umgang mit dem Islamismus vor. „Hamburg ist bei dem Thema besonders naiv“, sagte Mansour dem „Hamburger Abendblatt“. „Weil man einen Vertrag mit den Verbänden geschlossen hat, sieht man über alle Probleme hinweg. Lehrer trauen sich in Hamburg kaum noch, diese Themen anzusprechen – weil sie nicht als Rassisten oder Islamgegner eingeordnet werden wollen.“

Häufige Agitation gegen christliche Feste

Der Weihnachtsmarkt vor dem Hamburger Rathaus, in dem der Senat tagt.
Der Weihnachtsmarkt vor dem Hamburger Rathaus, in dem der Senat tagt. © dpa | Bodo Marks

„Die Agitation gegen christliche Feste und westliche Werte gibt es in jedem Jahr“, so Mansour. „Neu ist allerdings, dass das, was früher nur von ­Islamisten kam, heute auch von der türkischen Regierung und ihrer Religionsbehörde unterstützt und verbreitet wird. Das ist eine völlig neue Qualität, aufgrund derer man auch Ditib in Deutschland neu bewerten muss.“ Predigten gegen Silvester und Agitation gegen Weihnachten behinderten massiv die Integration in Deutschland, so Mansour.

„Sie stürzen Jugendliche in schwere Identitätskonflikte und machen sie anfällig für den Islamismus. Von Ditib würde ich erwarten, dass sie den jungen Menschen klarmachen, dass niemand sich über andere stellen darf.“

„Diese Ditib-Vertreter stellen sich gegen unsere Gesellschaft“

Scharfe Kritik kommt auch vom Hamburger CDU-Fraktionschef André Trepoll. „Diese Ditib-Vertreter stellen sich mit ihrer offenen Ablehnung christlicher und gesetzlicher Feiertage in Deutschland gegen unsere Gesellschaft“, so Trepoll. „Ihre aggressiven Aufrufe an die Mitglieder ihrer Gemeinden sind nicht vereinbar mit unseren Grundwerten von Toleranz und Achtung gegenüber anderen Religionen und tragen zur Desintegration muslimischer Bürger durch bewusste Abgrenzung bei“, sagte der CDU-Politiker.

„Bezeichnungen für Christen und Juden in unserem Land als ,Ungläubige’ durch einige Ditib-Vertreter sind völlig indiskutabel und zeugen von einem religiösen Alleinvertretungsanspruch, der keinen Platz hat in unserer pluralistischen Gesellschaft. Wie kann eine solche Institution gleichzeitig Partner im Bereich der Salafismus-Bekämpfung in Hamburg sein und dafür noch öffentliche Zuwendungen erhalten?“

Ditib prüfe Äußerungen in den sozialen Netzwerken

Der Vorsitzende von Ditib Hamburg und Schleswig-Holstein, Sedat Şimşek, sagte: „Scharfe Äußerungen von Ditib-Mitarbeitern in den sozialen Netzwerken gegen Silvester oder Weihnachten sind Einzelfälle. Sie werden von uns überprüft. Sollten Fälle von Verächtlichmachung vorliegen, so gehen wir gegen diese vor.“

Ditib lehne „jede Form der Verächtlichmachung von Sitten, Bräuchen und Festen ab“, so Şimşek. „Jedoch muss immer vorher geprüft werden, ob jede Kritik an einem Brauch auch eine Verächtlichmachung darstellt. Als eine in dieser Gesellschaft verwurzelte muslimische Dachorganisation sind wir stets geleitet von dem Gedanken der Toleranz, der gegenseitigen Wertschätzung und der Akzeptanz.“

Kritik an „verschwenderischen Silvesterfeiern“

Die von der türkischen Religionsbehörde verschickte Predigt kritisiere lediglich „die verschwenderischen Silvesterfeiern“, so der Ditib-Nord-Vorstandschef. Da viele Menschen auf der Welt unter Hunger und Krieg litten, „können wir die Kritik an der Verschwendung nachvollziehen“, so Şimşek. „Jedoch hätte auch der Respekt vor anderen Sitten und Bräuchen mehr betont werden müssen.“

Dieser Text ist zuerst auf www.abendblatt.de erschienen.