Berlin. CDU-Generalsekretär Peter Tauber über den Koalitionspartner, die Pläne der Kanzlerin – und über Mobbing-Vorwürfe aus seiner Heimat.

Es sind schwierige Wochen für Peter Tauber: der Streit mit der CSU über die Flüchtlingspolitik, ein sozialdemokratischer Koalitionspartner, der nach neuen Mehrheiten sucht – und aus der hessischen Heimat des CDU-Generalsekretärs kommen Mobbing-Vorwürfe. Beim Besuch unserer Redaktion gibt sich Tauber gelassen.

Herr Tauber, wie lange wollen CDU und CSU noch streiten?

Peter Tauber: Als Generalsekretär gehört es zu meinen Aufgaben, auf die Beschlüsse der CDU zu verweisen. Die können auch mal anders sein als die der CSU. Wir müssen aber immer wieder sagen, dass wir in der Flüchtlingspolitik gemeinsam als Union sehr viel durchgesetzt haben – von der Verschärfung des Asylrechts bis zur Integrationspflicht.

Die CSU wird keine Ruhe geben, bis eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen beschlossen ist ...

Tauber: Beide Unionsparteien haben das klare Ziel formuliert, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren. Und das ist uns gelungen. Für die CDU gilt: Bei Asylbewerbern und Flüchtlingen, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu uns kommen, kann es keine Obergrenze geben. Diese Menschen müssen aber zurück in ihre Heimat, wenn der Fluchtgrund – Krieg oder individuelle Verfolgung – entfällt. Anders sieht es bei der dauerhaften Einwanderung aus. Diese sollte sich natürlich nach dem Bedarf unseres Landes – etwa für Fachkräfte – richten. Dabei kann man genau festlegen, wen man braucht, wer zu uns passt und wie viele kommen können. Diese Zahl kann, wie in klassischen Einwanderungsländern, von Jahr zu Jahr variieren.

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Und dem soll die CSU zustimmen?

Tauber: Ich finde: Das ist eine gute Grundlage für weitere Überlegungen. Beide Unionsparteien wissen schon, dass sie nicht dafür gewählt werden, miteinander zu streiten. Sondern die Leute erwarten, dass wir die aktuellen Probleme lösen und uns Gedanken über die großen Zukunftsthemen machen. Dem dienen unter anderem die gemeinsamen Deutschlandkongresse von CDU und CSU.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit dem Chefredakteur der Berliner Zentralredaktion, Jörg Quoos.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit dem Chefredakteur der Berliner Zentralredaktion, Jörg Quoos. © Reto Klar | Reto Klar

Reicht es überhaupt für ein gemeinsames Wahlprogramm – und einen gemeinsamen Kanzlerkandidaten der Union?

Tauber: Aus meiner persönlichen Sicht: Selbstverständlich. Aber entscheidend wird sein, dass wir die Alternative mit Blick auf 2017 deutlich machen: eine Politik der Mitte mit der Union – oder Rot-Rot-Grün. Wir als bürgerliche Parteien müssen klar benennen, dass die nächste Bundestagswahl eine Richtungswahl wird. Zukunft schafft man nicht mit links.

Damit geben Sie die Grünen als möglichen Koalitionspartner verloren. Waren Sie nicht mal für Schwarz-Grün?

Tauber: Mir geht es darum, möglichst viel CDU-Politik umzusetzen – und dafür ist es besser, wenn man zwischen mehreren Partnern wählen kann. Die Grünen müssen sich aber erst mal entscheiden, wo sie hinwollen. Schwarz-Grün kann durchaus eine Alternative zur großen Koalition sein. In bestimmten Fragen – etwa bei einer soliden Finanzpolitik – gibt es größere Schnittmengen mit den Grünen als mit den Sozialdemokraten. Andererseits sind mit den Grünen die Gegensätze bei der Energiepolitik größer. Der SPD würde es aber grundsätzlich guttun, wenn sie wieder richtig Opposition ist – und nicht ständig in der Regierung Opposition spielen muss.

Was geben Sie als Wahlziel aus? Wieder 40 Prozent plus X?

Tauber: Die 34 Prozent, die wir derzeit in den Umfragen haben, reichen mir nicht. Ich glaube, dass die Union deutlich erfolgreicher sein kann. Dafür müssen wir Vertrauen zurückgewinnen, daran arbeiten wir. Und dann werden wir einen kurzen, überzeugenden Wahlkampf machen.

Angela Merkel sagt ja nicht einmal, ob sie noch einmal antritt.

Tauber: Sie wird es zum richtigen Zeitpunkt sagen. Es ist der Wunsch von vielen, dass sich Angela Merkel für eine vierte Amtszeit zur Verfügung stellt – und ich gehe davon aus, dass sie das bei ihren Überlegungen auch berücksichtigt.

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Und welche Rolle soll Horst Seehofer spielen?

Tauber: Er hat ja gesagt, dass er nicht immer den Libero für die CSU machen kann. Ich glaube, Horst Seehofer ist so stark, dass er jede Position in der Mannschaft spielen könnte.

Sie werden mit dem Satz zitiert: „Wer hier nicht für Angela Merkel ist, ist ein Arschloch und kann gehen.“ Sorgt man so für Geschlossenheit in einer Partei? Oder war das einfach Umkleidekabinengerede?

Tauber: Natürlich rede ich so nicht öffentlich. Ich kann mich nicht erinnern, ob der Satz vor fast einem Jahr tatsächlich so gefallen ist. Ich weiß nur noch, dass es eine sehr emotionale Debatte war in einer kleinen Runde mit politischen Freunden. Wenn ich das gesagt habe, tut es mir leid.

Es sind auch Mobbing-Vorwürfe gegen Sie erhoben worden. In Ihrem Heimatverband kursierte ein Papier, das mit „Pflegehinweise für das Kaninchen“ überschrieben war. Damit sollte vor zehn Jahren die CDU-Geschäftsführerin im Main-Kinzig-Kreis, Anne Höhne-Weigl, aus dem Amt befördert werden. Warum haben Sie das nicht unterbunden?

Tauber: Ich habe das Papier weder geschrieben noch in Auftrag gegeben. Ich wusste damals, dass es so etwas gibt. Und in der Tat hätte ich, obwohl ich seinerzeit gar kein Amt in der Kreispartei hatte, sagen müssen: So geht das nicht. Das war sicherlich ein Fehler.

Frau Höhne-Weigl behauptet, Sie hätten selbst nach der Mobbing-Anleitung gehandelt.

Tauber: Ich habe mit der Kollegin als Kreisvorsitzender drei Jahre gut zusammengearbeitet. Und ich rede nicht schlecht über ehemalige Mitarbeiter.

Zu Ihren Aufgaben als Generalsekretär gehört, eine Strategie gegen die rechtspopulistische AfD zu entwickeln. Wie weit sind Sie damit?

Tauber: Wir haben eine sehr klare Strategie: Es kann mit der AfD keine Zusammenarbeit geben. Denn sie steht für ein Deutschland, wie es Christdemokraten nicht wollen: näher an Putin als an Obama, raus aus der Nato und dem Euro. Allerdings dürfen wir nicht auf dem hohen Ross sitzen und deren Wähler beschimpfen, sondern müssen den inhaltlichen Streit mit der AfD aufnehmen – etwa bei den Themen Europa, innere Sicherheit und Wirtschaft.

Ihre Strategie geht nicht auf. Die AfD legt bei Wahlen und in Umfragen weiter zu.

Tauber: So etwas zahlt sich nicht in wenigen Monaten aus, das braucht seine Zeit. Die Leute müssen sehen, dass unsere Lösungen funktionieren. Außerdem: Nur ein Teil der AfD-Wähler haben früher uns gewählt. Es müssen also alle Parteien ihre Hausaufgaben machen.

Fehlt der CDU eine klare konservative Stimme, wie sie ein Alfred Dregger verkörperte?

Tauber: Für Alfred Dregger habe ich selber noch Wahlplakate geklebt. Und wir haben auch heute profilierte Konservative wie Volker Bouffier, oder bei den jüngeren Kollegen beispielsweise Patrick Sensburg oder Steffen Bilger. Einen Fehler dürfen wir jedenfalls nicht machen: Ständig zu lamentieren, dass es keine Konservativen mehr gebe in der Union. Sonst wird das zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Was wir jetzt bei den Themen innere Sicherheit und Integration beschlossen haben, folgt dem Gedanken einer Leitkultur. Das ist nichts anderes als konservative Gesellschaftspolitik. Ich würde mir wünschen, dass sich einige CDU-Abgeordnete, die sich als konservativ begreifen, das etwas selbstbewusster ans Revers heften würden.