Charleston. Das Video strotzt vor vulgärem Sexismus: Wenn Trump nicht von selbst geht, muss ihn seine Partei aus dem Rennen nehmen – ein Kommentar.

Als der Kandidat Donald Trump einer breiten Öffentlichkeit in Amerika und darüber hinaus noch nicht als der Schmierlappen bekannt war, der er definitiv ist, verstieg sich der Bau-Unternehmer zu einer ebenso bizarren wie viel über ihn sagenden These: Er könne auf der Fifth Avenue in New York einen Menschen erschießen – trotzdem würden seine Anhänger ihm loyal folgen.

Jetzt, wo die ganze Welt weiß, wo Donald Trump in seiner widerwärtigen Hybris glaubt, Frauen anfassen zu dürfen – nämlich am primären Geschlechtsorgan – wird sich zeigen, ob der Mann, der Amerikas Präsidentschaftswahlkampf zu einer geistlosen und hässlichen Veranstaltung ohne Beispiel deformiert hat, wirklich unzerstörbar ist.

Hoffentlich nicht.

Trumps Prahlhans-Video ist der Super-Gau

Trumps Prahlhans-Video, das absichtsvoll unmittelbar vor dem zweiten Schaulaufen im Fernsehen mit Hillary Clinton am Sonntagabend den Weg in die Öffentlichkeit fand, ist der Super-Gau.

Was der triebgesteuerte Geschäftsmann da vom Stapel lässt, reiht sich ein in eine lange Kette von frauenverachtenden Ausfällen, die das Bild eines pathologischen Narzissten ergeben. Trump gehört in Behandlung, nicht ins Weiße Haus.

Jedem Amerikaner gleich welcher Religion oder politischen Zugehörigkeit, der sich Würde und Anstand bewahrt hat, muss Trumps Playboy-Plädoyer für allzeit bereite Übergriffigkeit die Fremdschämröte ins Gesicht treiben.

Trump als Wegbereiter für sexuellen Missbrauch

Der Mann, der die größte Macht der Erde führen will, entpuppt sich darin als Wegbereiter für sexuellen Missbrauch. Das Frauenbild, das hier durchschimmert, löst nicht nur Brechreiz aus. Man kann den Groß-Schauspieler Robert de Niro verstehen, der öffentlich seinem Verlangen Ausdruck verliehen hat, Trump „ins Gesicht zu schlagen“.

Dass Trumps Entschuldigungsversuch ein Rohrkrepierer wurde, war programmiert. Er ist beratungsresistent. Glaubwürdig hat sich diese hässliche Karikatur eines Möchtegern-Staatsmannes noch nie von eigenen Fehlern distanziert.

Seine Ankündigung, im TV-Duell am Sonntagabend den Spieß umzudrehen und Hillary Clinton für die 20 Jahre und mehr zurückliegenden Frauengeschichten ihres Mannes Bill in Sippenhaft zu nehmen, lässt darum Schlimmstes befürchten. Erstens sind die Fälle nicht miteinander zu vergleichen. Und zweitens: Was hat das mit der Zukunft der Vereinigten Staaten zu tun? Der jede durchschnittliche Intelligenz beleidigende Wahlkampf in den USA droht vollends zur Freak-Show zu werden.

Republikaner-Partei machte Trump erst möglich

An dieser Stelle muss ein letztes Mal an die Verantwortung der republikanischen Partei für das Desaster erinnert werden. Sie war es, die Trump erst möglich gemacht, die dem Brunnenvergifter und politischen Nichtskönner eine Bühne geboten hat, auf der er seine Rolle als Volkstribun für die Verlierer der Gesellschaft formen konnte. Die „Grand Old Party“, und wenn es ihr letzter Dienst am Vaterland der großen Ideale sein sollte, muss diese Horror-Show beenden.

Trump muss, wenn er es denn nicht selber tut, sofort aus dem Rennen genommen werden. Auch wenn Millionen Wutbürger der Partei dann für immer von der Fahne gehen, die Trump mit inhaltsleeren, gleichwohl wirkungsvoll jedes Ressentiment bedienenden Parolen aus der Apathie gerissen hat.

Besser mit Dezenz untergehen am 8. November – was mit einer Last-Minute-Berufung von Vize-Kandidat Mike Pence oder einem anderen moderaten Vertreter wahrscheinlich verbunden wäre – als weiter Mittäter sein bei einer politischen Farce, die schon jetzt das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt stark beschädigt.

Donald Trumps schlimmste Sprüche

Für die größte Aufregung hat im Wahlkampf ein Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2005 gesorgt. Darauf ist zu hören, wie Donald Trump sich extrem vulgär und sexistisch über Frauen äußert. Kurz vor dem Zusammentreffen mit einer Schauspielerin sagt er zu einem TV-Moderator: „Ich sollte besser ein paar TicTacs nehmen, nur falls ich sie küsse. Weißt du, Schönheit zieht mich automatisch an. Ich fange einfach an, sie zu küssen. (...) Ich warte gar nicht ab. Und wenn du ein Star bist, lassen sie dich das machen. Sie lassen dich alles machen. Du kannst ihnen zwischen die Beine greifen, du kannst einfach alles machen.“
Für die größte Aufregung hat im Wahlkampf ein Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2005 gesorgt. Darauf ist zu hören, wie Donald Trump sich extrem vulgär und sexistisch über Frauen äußert. Kurz vor dem Zusammentreffen mit einer Schauspielerin sagt er zu einem TV-Moderator: „Ich sollte besser ein paar TicTacs nehmen, nur falls ich sie küsse. Weißt du, Schönheit zieht mich automatisch an. Ich fange einfach an, sie zu küssen. (...) Ich warte gar nicht ab. Und wenn du ein Star bist, lassen sie dich das machen. Sie lassen dich alles machen. Du kannst ihnen zwischen die Beine greifen, du kannst einfach alles machen.“ © REUTERS | MIKE SEGAR
Diese Litanei wiederholt der 70-Jährige gern: „Wir müssen Recht und Ordnung zurückbringen. (...) Illegale Migranten haben Waffen, und sie erschießen Leute.“
Diese Litanei wiederholt der 70-Jährige gern: „Wir müssen Recht und Ordnung zurückbringen. (...) Illegale Migranten haben Waffen, und sie erschießen Leute.“ © REUTERS | MIKE SEGAR
Eine Entschuldigung darf man demnach wohl auch nicht für diese Aussage erwarten: „Hillary will den zweiten Verfassungszusatz abschaffen. Wirklich abschaffen. Falls sie es schafft, ihre Richter auszuwählen, kann man nichts dagegen machen. Obwohl, vielleicht können ja die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes etwas tun, ich weiß ja auch nicht.“ Von Kritikern wurde der Satz so verstanden, dass Trump über einen Attentat auf Hillary Clinton fabulierte.
Eine Entschuldigung darf man demnach wohl auch nicht für diese Aussage erwarten: „Hillary will den zweiten Verfassungszusatz abschaffen. Wirklich abschaffen. Falls sie es schafft, ihre Richter auszuwählen, kann man nichts dagegen machen. Obwohl, vielleicht können ja die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes etwas tun, ich weiß ja auch nicht.“ Von Kritikern wurde der Satz so verstanden, dass Trump über einen Attentat auf Hillary Clinton fabulierte. © dpa | Cristobal Herrera
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