Berlin. Hochwasser, starker Regen, dazu warme Temperaturen – dieser Sommer bietet Mücken beste Voraussetzungen. Doch sie werden hart bekämpft.

Neulich durch Zufall in der Bahn mitgehört: Eine Frau erzählt ihrer Begleitung, Hubschrauber flögen über Mannheim und versprühten Pestizide über den Rheinufern, um der Mückenplage Herr zu werden. Draußen zu sitzen sei sonst manchmal gar nicht möglich. Sprach da eine Chemtrails-Verängstigte? Eine abgedrehte Aluhut-Trägerin? Mannheim ist ja irgendwie bekannt für eine gewissen Nähe zu Verschwörungstheoretikern.

Doch in ihren Worten steckte sehr wohl ziemlich viel Wahrheit. Zwar handelt es sich bei der Maßnahme, die die Frau beschrieb, nicht um Pestizide. Hubschrauber gehen am Rhein aber tatsächlich regelmäßig in die Luft, um bei extremen Mückenausbreitungen etwa nach Hochwasser oder starken Regenfällen die Populationen zu dezimieren – und zwar nicht nur in Mannheim, sondern am gesamten Oberrhein.

Mückenbekämpfer seit mehr als 30 Jahren im Einsatz

Seit mehr als 30 Jahren gibt es dort die sogenannte Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage e. V. (KABS). Stechmücken werden im Einsatzgebiet der KABS mundartlich Schnaken genannt, daher der eigentlich falsche Name. Der Verein, zu dessen Mitglieder 97 Gemeinden und Landkreise sowie die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gehören, will die Stechmückenzahl „unter Schonung der Umwelt mit ökologisch vertretbaren Maßnahmen eindämmen“.

Auf der Internetseite der KABS heißt es: „Durch die starke Massenvermehrung der Stechmücken in hochwasserreichen Jahren ist aus Gründen des Wohles der Allgemeinheit und zur Herstellung von gleichwertigen Lebensbedingungen für die betroffenen Menschen eine Bekämpfung unumgänglich.“ Wird bei Hochwasser oder starken Regenfällen im Wasser eine bestimmte Anzahl an Mückenlarven überschritten, werden die KABS-Bekämpfungsmannschaften am Boden oder mit dem Hubschrauber tätig.

BTI-Bakterien sind für Stechmücken tödlich

Das Mittel: BTI, ein Bakterium mit dem lateinischen Namen Bacillus thuringiensis israelensis. Quasi ein biologisches Insektizid. Tödlich für Mückenlarven. Und ungiftig für Menschen und andere Wirbeltiere. Die stechenden Plagegeister ließen sich damit gezielt bekämpfen, der Einsatz sei unbedenklich für Mensch und Natur, heißt es bei der KABS, die sich auf eine Vielzahl von Studien beruft.

Larven der Stechmücke: Das Bakterium BTI ist für sie tödlich.
Larven der Stechmücke: Das Bakterium BTI ist für sie tödlich. © imago stock&people | imago stock&people

Doch Naturschützer sehen das anders. So kritisiert der bayerische Landesverbrand des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), dass der Mensch sich bei der Forderung nach Bekämpfung der Mücken einseitig in den Mittelpunkt der Betrachtung stelle. Der Wirkstoff habe auch Einfluss auf andere Insekten und auf völlig ungefährliche Zuckmückenarten. Zudem werde mit der Stechmückenbekämpfung in Nahrungsketten von Vögel, Fledermäusen und Fischen eingegriffen. Ausreichende Untersuchungen über die Wirkungsweise von BTI auf Nichtzielorganismen gebe es nicht, bemängeln die Naturschützer.

Auch Privathaushalte können BTI einsetzten

Während BTI seit 1997 auch am Chiemsee zum Einsatz kommt, verzichten Gemeinden am Bodensee bislang auf die Mückenbekämpfung – aus Gründen des Artenschutzes, berichtet der Bayerische Rundfunk. In Nordrhein-Westfalen hatte die Stadt Dormagen nach einer Mückenplage im vergangenen Jahr prüfen lassen, ob ein BTI-Einsatz möglich sei. Nun hat ein Gutachten den Weg unter bestimmten Voraussetzungen freigemacht, wie die Stadt jüngst mitteilte.

Auch Privathaushalte können BTI einsetzen. Denn nicht nur Überschwemmungsgebiete an Flüssen und Seen eignen sich als Brutstätten für Stechmücken. Auch der heimische Garten bietet den Insekten Gelegenheit, sich zu vermehren, etwa in Regentonnen. In Tablettenform oder flüssig ist BTI im Internet, in Baumärkten und im Gartenfachhandel erhältlich und kann mit einer Gießkanne auf der Wasseroberfläche verteilt werden. Im Gartenteich ist der Einsatz laut KABS übrigens nicht nötig. Dort sorgen natürliche Fressfeinde wie Libellenlarven, Wasserkäfer, Wasserwanzen und Fische für die Reduzierung der Stechmückenlarven.