Mit 96 in Rente – Prinz Philip will ab jetzt kürzertreten
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Von Jochen Wittmann
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London. Zehntausende von Terminen und Tausende Reden: Prinz Philip gilt als fleißiger Royal. Künftig wird der Ehemann der Queen kürzertreten.
Als Prinz Philip 1953 zum „Captain General“ der Royal Marines ernannt wurde, war das eines der ersten Ehrenkommandos, die er übernahm. Da erschien es nur passend, dass am Mittwoch eine Parade der Royal Marines am Buckingham Palast auch Philips letzten offiziellen Soloauftritt markierte.
Der Herzog von Edinburgh, wie einer unter vielen Titeln Philips lautet, zieht sich in den Ruhestand zurück. Mit 96 Jahren, denkt der Prinzgemahl von Elizabeth II., hat er seinen Teil getan. Das bedeutet aber nicht, dass Philip ab sofort nicht mehr in der Öffentlichkeit zu sehen wäre. „Von Zeit zu Zeit“, gab der Buckingham Palast bekannt, werde der Herzog durchaus noch „einige Veranstaltungen auswählen, auf denen er neben der Queen erscheinen wird.“
Jetzt sollen die jüngeren Royals ran
In seinen hohen Alter, lautet einhellig die Reaktion der Untertanen, hat sich Philip das Kürzertreten redlich verdient. Seit 1952 hat der Prinz 22.219 Soloauftritte als royaler Repräsentant hinter sich gebracht, 637 Auslandsreisen absolviert, 5493 Reden gehalten und 14 Bücher veröffentlicht.
Sein Verdienst um Krone und Vaterland steht außer Frage. Jetzt sollen mal die Jüngeren ran, lautet die Botschaft, die Philips Rückzug aussenden soll. Ein Generationenwechsel im Hause Windsor ist langsam überfällig.
Queen denkt natürlich nicht an Rücktritt
Natürlich denkt die Queen selbst nicht an einen Rücktritt. Zwar ist sie auch schon 91 Jahre alt, aber ihr Throneid ist ihr heilig, und in ihm hat sie ihren Dienst für „ein ganzes Leben“ geschworen. Sollte sie einmal physisch nicht mehr fähig sein, ihren Job als Staatsoberhaupt auszuüben, würde Prinz Charles als Regent einspringen. Schon jetzt übernimmt der Thronfolger mehr und mehr Aufgaben der Monarchin, und auch seine Söhne Prinz William und Prinz Harry leisten ihr Teil, die Arbeitslast der Queen zu verringern. Auf Auslandsreisen braucht die Queen nicht mehr zu gehen, und wenn sie im Inland unterwegs ist, dann achten ihre Höflinge darauf, dass die Monarchin keine allzu steilen Treppen mehr erklimmen muss.
Davon abgesehen ist es für Elizabeth II. selbstverständlich, dass sie die Kärrnerarbeit der Monarchie mit ihren endlosen Pflichten, hier ein Krankenhaus zu eröffnen und dort eine Brücke einzuweihen, weiterbetreiben wird. Philip, der in den letzten 65 Jahren stets an ihrer Seite stand, wird ihr dabei fehlen.
Queen Elizabeth II.: Das Leben der Monarchin in Bildern
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Prinz Philip eckte oft mit seinen Sprüchen an
Das gilt nicht nur für sie. Mit den Jahren hat sich der knorrige Aristokrat in die Herzen der Briten gespielt, und das war nicht immer so. Früher einmal sah man ihn weit kritischer. Von den Anfeindungen aufgrund seiner griechischen Herkunft oder deutschen Verwandschaft – Elizabeths Mutter, die Queen Mum, nannte ihn noch den „Hunnen“ – ganz zu schweigen. Philip eckte oft mit Sprüchen an, die die Medien regelmäßig als Ausrutscher geißelten.
Dass Philip kein Blatt vor den Mund nahm und damit oft anstieß, ist unbestritten. Mit seinen Vorurteilen hielt er selten hinter dem Berg. Schlitzaugen werdet ihr bekommen, sagte er einmal zu englischen Studenten in Peking, wenn ihr noch länger hierbleibt. Die Variante gegenüber britischen Geschäftsleuten in Budapest lautete: „Ihr könnt noch nicht lange hier sein, ihr habt ja noch keine Schmerbäuche.“ Und auf den Cayman-Inseln fragte er seine Gastgeber, ob ihre Vorfahren auch Piraten gewesen wären.
tg Zitate von und über Prinz Philip
„Die Philippinen müssen halb leer sein - ihr seid alle hier in unseren Krankenhäusern.“ (Im Februar 2013 laut BBC beim Besuch in einem Londoner Krankenhaus zu einer Krankenschwester von den Philippinen)
„Bewerft ihr euch immer noch gegenseitig mit Speeren?“ (Frage von Prinz Philip an einen Ureinwohner bei einer Australien-Reise nach einem Bericht der Londoner Abendzeitung “Evening Standard“ vom 1. März 2002)
„Wie schaffen Sie es, die Einheimischen lange genug vom Alkohol fernzuhalten, damit sie die Prüfung schaffen?“ (Soll er 1995 einen Fahrlehrer in Schottland laut BBC gefragt haben)
„Wenn ihr noch länger hier bleibt, bekommt ihr Schlitzaugen.“ (1986 bei einem China-Besuch laut BBC zu britischen Studenten in Peking)
„Willkommen, Herr Reichskanzler.“ (1997 zum damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl)
„Taub? Wenn ihr da so nahe dran seid, kein Wunder, dass ihr taub seid.“ (Im Mai 1999 laut BBC zu taubstummen Jugendlichen bei einem Festival in Cardiff mit Hinweis auf die laute Band)
„Die wichtigste Erfahrung, die wir gemacht haben, ist die, dass Toleranz der entscheidende Bestandteil jeder glücklichen Ehe ist (...) Sie können mir glauben: Die Queen verfügt über Toleranz im Überfluss.“ (Prinz Philip nach 50 Ehejahren mit Elizabeth, November 1997)
„Prinz Philip ist, glaube ich, bekannt dafür, keine Komplimente anzunehmen. Aber durch all die Zeit war er eine konstante Kraftquelle und ein Ratgeber.“ (Die Queen in ihrer Rede zum 60. Thronjubiläum, März 2012)
„Ich bin noch nie zuvor von einem Herzog von Edinburgh gefahren worden. Es war eine sehr sanfte Fahrt.“ (US-Präsident Barack Obama am 22. April 2016 beim Besuch in London. Prinz Philip hatte den Wagen gesteuert, der ihn mit Queen Elizabeth II. und dem Ehepaar Obama die wenigen Meter vom Hubschrauber nach Schloss Windsor brachte.)
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Prinz Philip zu Kohl: „Guten Tag, Herr Reichskanzler!“
Nicht nur auf andere Länder drischt er ein: „Britische Frauen“, befand Philip, „können nicht kochen.“ Er brachte es fertig, eine ganze Nation zu beleidigen, als er einen Fahrlehrer im schottischen Oban fragte: „Wie schaffen Sie es, die Einheimischen lange genug vom Saufen abzuhalten, um sie durch die Prüfung zu bringen?“ Und richtig taktlos wurde er, als er einmal Helmut Kohl auf Deutsch mit einem knarzigen „Guten Tag, Herr Reichskanzler!“ begrüßte.
In den letzten Jahren hatte man ihm die Ausrutscher verziehen, amüsierte sich sogar darüber und schätzte wohl auch insgeheim, wie beharrlich der Prinz an seiner Exzentrik festhält. Es hatte wohl mit dem Alter zu tun. Wer so lange dabei ist, denken die traditionsbewussten Briten, und sich selbst treu bleibt, hat sich die Sympathien der Untertanen verdient. Selbst der eher republikanisch gesinnte „Guardian“ konnte sich den Respekt nicht verkneifen: „Ist es nicht ein wenig peinlich“, fragte das Blatt seine Leser, „dass wir unseren lustigsten Royal importieren mussten?“