München. Ein Paar wünschte sich Kinder, dann starb der Mann bei einer OP. Doch mit seinem Sperma darf sich die Witwe nicht befruchten lassen.

Am Traum vom gemeinsamen Kind hielt sie auch nach dem Tod ihres Mannes fest: Eine 35 Jahre alte Witwe hat vor dem Oberlandesgericht (OLG) München auf Herausgabe des Spermas ihres gestorbenen Ehemannes geklagt – und den Rechtsstreit verloren.

Die Frau darf sich nicht mit dem Sperma befruchten lassen, entschied das Oberlandesgericht München am Mittwoch. Das OLG bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts Traunstein und wies die Berufung zurück. Die Revision wurde allerdings zugelassen. Der Klägerin bleibt nun noch der Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Auf künstliche Befruchtung gesetzt

Die Frau und ihr Ehemann, der im Juli 2015 mit 38 Jahren nach einer Herztransplantation starb, hatten sich vergeblich Kinder gewünscht und auf künstliche Befruchtung gesetzt. Die Klägerin möchte auch nach dem Tod ihres Mannes mit seinem Sperma, das in einer Klinik am Chiemsee lagert, künstlich befruchtet werden. Die Klinik verweigerte die Herausgabe unter Berufung auf das Embryonenschutzgesetz – aus Sicht der Klägerin widerspricht das der Verfassung.

Das Urteil gibt auch ihre Begründung wieder: „Das Interesse der Klägerin auf Fortpflanzung, insbesondere daran, die Gene ihres verstorbenen Mannes und ihre eigenen im und am Kind zu sehen und zu erleben, überwiege die Aspekte, dass das Kind ohne Vater aufwachse und es möglicherweise für das Kind ein Problem darstelle, wenn es erfahre, wie es gezeugt wurde.“

Richter: „Haben lange überlegt“

Das Gericht bestätigte aber im Wesentlichen die Ansicht der Klinik. Das „Embryonenschutzgesetz verbietet die Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tod (post-mortem-Befruchtung)“, erklärte das OLG am Mittwoch. Die Klinik könnte sich der Beihilfe zum Verstoß gegen das Gesetz schuldig machen, wenn sie das Sperma wie von der Witwe gewünscht herausgebe. „Von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Norm des (...) Embryonenschutzgesetz ist der Senat nicht überzeugt.“ Außerdem verletze eine Herausgabe das Persönlichkeitsrecht des Ehemannes und den Schutz des Samenspenders.

In der Verhandlung hatte das Gericht die Entscheidung bereits angedeutet: „Wir haben lange überlegt“, sagte der Vorsitzende Richter. „Das ist keine einfach zu klärende Frage.“ Aber: „Nicht alles, was technisch machbar ist, muss auch rechtlich zulässig sein.“

Klägerin kann vor das Bundesverfassungsgericht ziehen

Das Gericht kam schon in der Verhandlung zu dem Schluss, dass das Embryonenschutzgesetz in dieser konkreten Fragestellung nicht verfassungswidrig sei. „Es mögen gewisse Zweifel verbleiben, aber sie reichen nicht dafür aus, dass wir das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.“ Das kann nun allerdings die Klägerin mit dem Urteil tun. Die Anwältin hatte schon während des Prozesses angekündigt, dass ihre Mandantin bereit sei, ihr „Fortpflanzungsrecht“ auch in Karlsruhe einzufordern.

Georg Döhmen, Gynäkologe und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin, ist von der Entscheidung nicht überrascht. „Die Gesetzeslage ist ja für diesen Fall sehr klar.“ Döhmen sieht im Persönlichkeitsrecht des Vaters den Hauptgrund, die Proben nicht auszuhändigen. „Es kann gut sein, dass er seine Meinung geändert und die Befruchtung nicht mehr gewollt hätte“, so der Mediziner. Einer zusätzlichen Regelung bedarf es für solche Fälle nicht, so Döhmen: „Das ist eine ganz seltene Konstellation.“ (dpa/FMG)