Osterode. Ein Blick in die Bezirke und Gemeinden in der Region Osterode lässt erste Rückschlüsse für die Politik der nächsten Jahre erahnen.

Der Südharz bleibt fest in der Hand der SPD. Das hat die vergangene Nacht in aller Deutlichkeit bewiesen. Wie ein roter Sichelmond stellt sich die Karte des südlichen Harzrandes dar. Gab es also keine Überraschungen?

Mitnichten. Ein genauer Blick offenbart im Altkreis Osterode Besonderheiten in der Wählerbewegung, die Wahlstrateginnen und -strategen in der Zukunft Hinweise geben könnten, wie die Wählerschaft hier gehalten oder aktiviert werden kann. Dafür muss man aber sehr detailliert in die Bezirke hineinlesen. Wir wagen eine erste Analyse.

SPD: Sorgen auf hohem Niveau

Alexander Saade feiert seinen Wahlsieg als Direktkandidat im Wahlkreis 12 Göttingen/Harz.
Alexander Saade feiert seinen Wahlsieg als Direktkandidat im Wahlkreis 12 Göttingen/Harz. © HK | Katharina Franz

Wahlkreisweit haben die Sozialdemokraten 3,6 Prozent der Zweitstimmen eingebüßt – gleichwohl sie in fast allen Gemeinden dennoch mit Abstand stärkste Kraft geblieben sind. Die stärksten Stimmverluste musste die SPD in Wulften verkraften (10,7 Prozent). In Elbingerode verlor die Partei nicht nur 7,8 Prozent zur vergangenen Wahl. Wie schon 2017 bleibt die CDU hier – als einziger schwarzer Fleck auf einer roten Karte – vor der SPD. Hier holte auch CDU-Direktkandidat Stefan Henkel fast 60 Prozent der Stimmen: 99 Wählerinnen und Wähler aus Elbingerode gaben dem CDU-Direktkandidaten ihre Stimme.

Besonders schmerzhaft für die SPD ist wohl auch das Ergebnis in der Einheitsgemeinde Walkenried: Mit 35 Prozent verlor sie hier 7,5 Punkte im Vergleich zu 2017.

Die SPD muss sich im Altkreis also genau ansehen, ob es nur am Landes- oder Bundestrend lag, dass sie Stimmen verloren hat. Noch plagen die Partei lediglich Sorgen auf hohem Niveau. Im Wahlkampf hat CDU-Kandidat Stefan Henkel als Angreifer bereits versucht, die fehlende Präsenz der SPD im Wahlkreis anzukreiden. Ausruhen sollte sich der frisch gewählte Alexander Saade daher eher nicht.

CDU: Präsenz und Personal

Die CDU hat in Niedersachsen ihre Ziele verfehlt. Weder wurde sie stärkste Kraft, noch konnte sie Rot-Grün verhindern. Tatsächlich hat sie ihr schlechtestes Ergebnis seit 1955 eingefahren und dem sonst eher wechselwählenden Niedersachsen eine erneute SPD-Regierung eröffnet. Personelle Konsequenzen dürften die Folge sein.

Am Wahlabend konnte die Partei im Südharz neben Elbingerode in keiner Gemeinde die Führung gegenüber der SPD behaupten. Nur vereinzelt gingen die Konservativen in bestimmten Wahllokalen als Sieger hervor. Beispielsweise wählten im Feuerwehrhaus Bartolfelde 109 Menschen mit der Erststimme die CDU – gerade mal elf mehr als die SPD.

Ein Blick über die Wahlstationen zeigt im Südharz deutlich: In den kleinen, ländlichen Gemeinden hat die CDU gute Ergebnisse geholt. Numerisch konnte sie dort aber nicht die Kraft aufbauen, die für einen Wahlkreissieg nötig gewesen wäre.

So bleibt am Ende die Gewissheit, dass die CDU zwar ein Fundament vorweisen kann, mit ihren Kandidierenden in Zukunft aber stärker in die größeren Städte wird vordringen müssen. Ob es dort reicht, nur mit Inhalten aufzutreten und sich auf Landes- oder Bundestrends zu verlassen, bleibt fraglich. Hier könnte der CDU helfen, mit starkem Personal zu beeindrucken.

Die Grünen: Schwache Angebote?

Die Grünen hatten sich landesweit wahrscheinlich ein stärkeres Ergebnis erhofft, konnten aber mit drei Direktmandaten, eines davon in Göttingen, dennoch Erfolge feiern.

Im Südharz legte die Partei überall zu, phänomenale Werte erreicht sie dabei aber kaum. Es scheint sich zu bestätigen, was Wahlforschungsinstitute wie Infratest schon länger beobachten. Die Grünen wachsen vor allem in Städten und sprechen ein jüngeres, gebildeteres Publikum an. In ländlichen Kommunen tun sie sich dagegen traditionell schwer: Demografische Zusammensetzung und die bestimmenden Themen des Alltags passen oft kulturell nicht zum grünen Zielpublikum.

Entsprechend holt die Partei im Wahlkreis 12 ihre besten Ergebnisse in der Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld und in Osterode. Am schwächsten schneidet sie in der Einheitsgemeinde Walkenried ab, wo lediglich 116 Wählerinnen und Wähler (5,9 Prozent) ihre Stimme an sie vergaben. Die Wählerinnen und Wähler, die Grün gewählt haben, taten dies vor allem per Briefwahl: Über zehn Prozent vergaben in der Teilgemeinde Walkenried so ihre Stimme an die Partei. Zum Vergleich: In Wieda und Zorge wählten kaum vier Prozent auf diesem Weg die Grünen.

Das Thema Gipskarst, dass die Direktkandidatin Almut Mackensen hier versuchte hervorzuheben, hatte also womöglich einen Effekt – zumindest in Walkenried selbst. In den beiden Harzstädtchen Wieda und Zorge konnten sich die Wählerinnen und Wähler hingegen kaum für das Angebot begeistern.

FDP & Linke: Geplatzte Träume

Die FDP gehört landesweit zu den großen Verliererinnen des Wahlabends. Sie hat ihren Platz im Landtag verloren und auch im Altkreis Osterode überall Stimmen prozentual eingebüßt. Als Lichtblick erscheint einzig noch Bad Sachsa. In Wahlbezirk 3 erreicht die Partei um den Spitzenkandidaten Ali Abo Hamoud sogar 6,64 Prozent. Ein Hinweis auf den starken Ortsverband der FDP in der Uffestadt.

Die Linke hat ebenfalls den Einzug ins Landesparlament verpasst und in fast allen Bezirken im Südharz Prozente verloren. Geringe Zuwächse gab es für die Sozialistinnen und Sozialisten in Hörden (+0,9 Prozent) und Elbingerode (+1,7 Prozent). Das stärkste Ergebnis war schließlich die Einheitsgemeinde Walkenried, mit 4,3 Prozent. Beachtlich dabei: In Zorge wählten sogar fünf Prozent die linke Partei, im Wahlbezirk Walkenried 2 sogar sieben Prozent der hier Wahlberechtigkeiten.

AfD: Neue Hochburgen?

Die AfD gehört ebenfalls zu den Gewinnern des Wahlabends. Im Wahlkreis Göttingen/Harz erhält die Partei 12,84 Prozent und wird damit drittstärkste Kraft.

Ihre Hochburgen finden die Rechtspopulistinnen und -populisten vor allem in den Gemeinden im östlichen Teil des Südharzes. In Bad Sachsa stimmten 16,28 Prozent und in Walkenried 18,5 Prozent und für die AfD. Ein Zuwachs von sechs und beinahe neun Prozent.

Spitzenreiter war dabei der Wahlbereich Wieda: 25 Prozent stimmten in der Südharzgemeinde für die AfD und ihren Kandidaten Stephan Froböse. Die Ursachen für das starke Ergebnis der AfD wird mit Sicherheit noch einigen Raum für Analyse und Spekulation lassen. An dieser Flanke haben die anderen Parteien noch eine Menge Arbeit vor sich.

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