Walkenried. Hochwasser wie auch Trockenheit soll der Mühlgraben in Walkenried verhindern. Doch dieser ist marode, ein Aktionstag geplant.

Bisher ist die Gemeinde Walkenried von Hochwasserkatastrophen verschont geblieben, und Bilder wie im Ahrtal sind ihr bisher erspart geblieben. Aber immerhin hat der Walkenrieder Mühlgraben schon mehrfach bewiesen, dass auch er erhebliche Schäden anrichten kann, wenn es wieder einmal heftig regnet. „Die Anwohner der Mühlwiese, und nicht nur diese, können hiervon ein Lied singen“, erklärt Ortsbürgermeister Michael Reinboth.

Hitzewellen legen Graben fast trocken

Auf der anderen Seite wurde namentlich in den extrem trockenen Sommern 2021 und 2022 beklagt, dass der Mühlgraben praktisch überhaupt kein Wasser mehr führen würde. „Wie viele Fließgewässer muss eben auch der von der Bevölkerung als schon immer wahrgenommene künstliche Wasserlauf mit den zunehmenden Extremen fertigwerden. Und hierbei braucht er als sehr alte Einrichtung mehr Zuwendung und Pflege als im bisher angedeiht wurde. Denn nur dann wird er auch in Zukunft allen Anforderungen gerecht werden können“, führt Reinboth weiter aus.

Als die Walkenrieder Mönche ihn vor vielen Jahrhunderten mit Fachwissen gestalteten, gab es den Ort Walkenried noch nicht, und der Graben erfüllte, frei im Gelände liegend, seine Funktion, drei Mühlen anzutreiben und nebenbei die Abwässer des Klosters abzuleiten, problemlos. Ein „Über-die-Ufer-Treten“ hätte die Mühlen bedroht, aber über derartige Ereignisse liegen keine Berichte vor.

Unbekannte nutzen Pumpen um Wasser zu holen

Seither hat sich viel geändert: Der Mühlgraben ist von dichter Bebauung umgeben, teilweise unter der Erde verschwunden, von Verkehrsbauten überdeckt, wird zur Einleitung von Oberflächenwasser genutzt, welches früher einfach versickert wäre, und muss Unmengen an Sand, Geröll, Gras- und Baumschnitt verkraften, für die er nicht gemacht ist. Das manuelle Schöpfen von Wasser ist gestattet, aber auch hier wird der Bogen mittels Pumpen gelegentlich überspannt, und wenn er ausgetrocknet ist, nutzen weder Kanne noch Pumpe etwas.

Das kaputte Einlaufwehr oberhalb vom Freizeitzentrum, welches seiner Aufgabe, im Bedarfsfall den Graben zu sperren, nicht mehr nachkommen kann.
Das kaputte Einlaufwehr oberhalb vom Freizeitzentrum, welches seiner Aufgabe, im Bedarfsfall den Graben zu sperren, nicht mehr nachkommen kann. © FMN | Steffen Blau

Steffen Blau beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit den Walkenrieder Fließgewässern und geht seit geraumer Zeit dem Mühlgraben buchstäblich auf den Grund. Für ihn gibt es keinen Zweifel daran, dass man dem Mühlgraben viel mehr Pflege zukommen lassen muss als in der Vergangenheit, wenn er seine heutige Funktion als Dokument zisterziensischen Wirkens und Könnens, Biotop und gelegentliche Bewässerungshilfe sowie, nolens-volens, auch als Vorfluter diverser, kaum dokumentierter Einleitungsrohre weiterhin erfüllen soll – „und wenn verhindert werden soll, dass er bei Starkregen die Keller der anliegenden Häuser füllt“, so Blau.

Anlieger am Graben haben auch Pflichten

Und da gibt es eine Menge zu tun. Das fängt schon bei der Dokumentation der Eigentumsverhältnisse an. Schließlich hat jeder unmittelbare Anlieger des Grabens, zuvörderst die Gemeinde, aber eben auch alle Privatleute, bezüglich des Grabens Pflichten wahrzunehmen: Instandhaltung der Böschungen und Befestigungen, Beseitigung von Abfall, Geäst und anderen Störfaktoren und so weiter.

Der Mühlgraben in Walkenried. 
Der Mühlgraben in Walkenried.  © Privat | Frank Stricker

Wer für welchen Abschnitt zuständig ist, muss genau bekannt sein. Die Verwaltung hütet einen dicken Wälzer, den „Separations-Rezess“ von 1890, in dem alle Eigentumsverhältnisse nebst Rechten und Pflichten beschrieben sind, der aber, handschriftlich und in deutscher Schrift zu Papier gebracht, nur noch von wenigen Leuten wirklich gelesen werden kann. Von der „Quelle“, sprich der Ableitung aus der Wieda, bis zur Mündung in dieselbe unterhalb des Klärwerks gibt es überdies Schwachstellen, Undichtigkeiten, Engpässe, die zum Rückstau führen. „Manches bleibt buchstäblich im Dunklen, kann nur kriechend oder mittels Kamera erforscht werden.“ Einige Messungen hat Steffen Blau mit Hilfe Dritter inzwischen vorgenommen, anderes muss noch geschehen.

Ortspolitik widmet sich dem Thema

Inzwischen hat sich der Walkenrieder Ortsrat des Themas angenommen. Schließlich fällt der Mühlgraben als „Gewässer 3. Ordnung“ in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde. Gemeinsam mit der Verwaltung wurden bereits zwei Begehungen durchgeführt. Doch damit will man es nicht bewenden lassen.

„Denn bei allen anstehenden Arbeiten ist es wichtig, Bewusstsein für die Bedeutung und die Probleme des Mühlgrabens zu schaffen und mit Argumenten zu überzeugen. Der Mühlgraben ist ein gutes und lebendiges Stück Walkenrieder Geschichte und Kultur, er ist aus dem Ortsbild nicht wegzudenken“, betonen Michael Reinboth und Steffen Blau unisono. Dies in Erinnerung zu bringen und zugleich etwas für die Dorfgemeinschaft zu tun, gelingt am besten, indem man sich einen Samstag im Oktober aussucht und zum „Tag des Mühlgrabens“ macht. An dem Tage soll er, analog zum Umwelttag, gereinigt und, soweit das mit Bordmitteln geht, in Ordnung gebracht werden. Am Ende soll es für alle Helfer eine Bratwurst geben, und mit einem Bier wird man auf die Erfolge der Arbeit anstoßen.

Abgängige Mauern am Geiersberghang. Rutschen sie in den Graben, sind Überschwemmungen nicht zu vermeiden. 
Abgängige Mauern am Geiersberghang. Rutschen sie in den Graben, sind Überschwemmungen nicht zu vermeiden.  © Privat | Steffen Blau

Weiteres, wie Reparaturarbeiten an den Wehren, das Durchspülen von zugesetzten Rohren, das Wiederherstellen der ursprünglichen Sohle, muss von Profis übernommen werden. Auch die Expertise des Bode-Zorge-Verbandes ist gefragt, denn es gibt Schnittstellen zur Wieda, die als „Gewässer 2. Ordnung“ in dessen Zuständigkeitsbereich fällt. Aber alles duldet im Grunde genommen keinen Aufschub.

Aktionstag ist im Oktober geplant

Bei Ortsbürgermeister Michael Reinboth rennt Blau offene Türen ein. „Uns allen im Ortsrat liegt der Mühlgraben am Herzen, gar keine Frage. Und als Vorsitzender des Geschichtsvereins trete ich natürlich auch für den Erhalt des Kulturdenkmals Mühlgraben ein. Er gehört zur Klostergeschichte wie die Teiche ringsum oder die alte Wasserleitung vom verschlossenen Born ins Brunnenhaus. Wir werden den Mühlgraben aber nur erhalten, wenn wir ihn auch pflegen.“

Die Planungen zum „Tag des Mühlgrabens“ haben begonnen. Gemeindebürgermeister Lars Deiters steht der Aktion aufgeschlossen gegenüber. Wer schon jetzt Interesse verspürt, sich einzubringen, kann sich ab sofort bei Steffen Blau oder Michael Reinboth melden.

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