Bad Grund. Seit vielen Jahren steht das Hotel Schönhofsblick leer. Der Gebäudekomplex hat eine wechselvolle Geschichte. Unter anderem war es Asylbewerberheim.

Die Papenhöhe auf dem Eichelberg ist vermutlich der Ort in Bad Grund, der an Sommerabenden am längsten Sonne hat. Von hier oben hat man einen guten Blick auf die Von-Eichendorff-Straße, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tals steil den Berg hinaufschlängelt.




„Ein Täter wurde niemals verurteilt.“

Polizeisprecher über die Ermittlungen zum Überfall auf das Asylbewerberheim


Die Papenhöhe ist umgeben von Wald und Wiesen, auf denen Kälber grasen. Es herrscht Stille. Kein Wunder, dass der Braunschweiger Kaufmann Schönhoff Ende des 19. Jahrhunderts immer wieder den Weg hierher fand und die besondere Atmosphäre genoss. Auf seinen Wunsch hin wurde eine Bank auf der Papenhöhe aufgestellt, der Platz nach ihm benannt: Schönhoff‘s Blicke.

Wenige Jahre später ließ ein Hannoveraner Ingenieur ein Haus an diesem Platz erbauen, das später über viele Jahrzehnte als Hotel Schönhofsblick geführt wurde. Das Gebäude steht heute noch, allerdings gut versteckt hinter dichter Vegetation.

Von der prachtvollen Jugendstil-Villa ist nicht viel übrig, die Natur hat sich den Raum zurückgeholt. Die Ruine ist nicht sanierungsfähig und vergessen, dabei haben Haus und Nebengebäude eine wechselvolle Geschichte.

Kleines Sommerhäuschen

In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war der Hannoveraner Ingenieur Karl Sieken häufig mit seiner Frau Elisabeth und seiner Familie zur Kur in Bad Grund. Er fühlte sich im Harz so wohl, dass er nach dem Krieg Bauland am Schönhoff‘s Blicke erwarb und ein Häuschen errichten ließ, in der die Familie den Sommer verbrachte. Das Holz für den Bau kaufte Sieken in den Harzwäldern und ließ sie von einem Zimmermannstrupp aus Geestemünde in Teichhütte zu Bauholz verarbeiten. Für die Zimmerleute und einen seiner Direktoren ließ er 1920 ein weiteres Gebäude – das spätere Hotel und Restaurant – errichten, das aufgrund des hellblauen Anstrichs im Ort bald als „blaue Villa“ bezeichnet wurde.

Pension Papenhöhe

Zur Pension Papenhöhe wurden die Gebäude, als Fritz Ehrhardt, ein Bäckermeister aus Clausthal, die Häuser kaufte. Er richtete Gästezimmer ein, eröffnete einen Milchstand und verkaufte frische Brötchen. Lange wurde die Pension von ihm allerdings nicht betrieben: 1939 kaufte der Hannoveraner Kaufmann Gerking die beiden Pensionshäuser und richtete das Hotel und Pensionshaus Schönhofsblick mit Café- und Terrassengarten ein. Gerking modernisierte die Häuser und stattete alle Räume im Jahr 1943 – mitten im Krieg – mit einer Zentralheizung aus. Im Jahr der Währungsreform, 1948, schloss er zudem einen Vertrag mit der Bundespost ab. Das Schönhofsblick wurde zum Postheim, in dem Beamte ihre Kuren verbrachten. 1955 wurde das Haus um einen Saal erweitert, der Pfingstsonntag 1956 eingeweiht wurde.

Die Familie Gerking führte das Haus viele Jahrzehnte und baute es in dieser Zeit etliche Male um. Ab Ende der 80er Jahre blieben aber die Gäste aus – Schönhofsblick wurde geschlossen.

Überfall auf Asylbewerber

Im Dezember 1990 wurde das Nebengebäude des Hotels von der Samtgemeinde angemietet, die hier afrikanische Flüchtlinge unterbrachte. In der Nacht vom 9. auf den 10. Oktober 1999 kam es zu einem Überfall auf die Bewohner: Sechs Maskierte drangen gegen 3 Uhr in das unverschlossene Gebäude ein und attackierten drei Männer. Zwei wurden verletzt, einer konnte fliehen und die Polizei alarmieren. Ein Opfer schwebte zeitweise in Lebensgefahr.

Polizei und Staatsanwaltschaft gingen anfangs von einem politisch motivierten Hintergrund oder einer Vergeltungsaktion aus der Drogenszene aus. Später vermutete man, dass die Täter aus der Umgebung kommen könnten und den Bewohnern „einen Denkzettel verpassen wollten“, heißt es in einem HarzKurier-Artikel aus dem Oktober 1999. Zwar hätte die Polizei Tatverdächtige ermittelt, hätte diese aber nicht überführen können, erklärte ein Polizeisprecher heute. Ein Täter wurde niemals verurteilt.






HEUTIGER STAND



Das Asylbewerberheim gehört laut Landkreis und Gemeinde heute der Erbengemeinschaft Gerking.

Das ehemalige Hotel steht im Eigentum einer Liquidationsgesellschaft aus Wildemann, der gerichtlich bestellte Nachtragsliquidator kommt aus Berlin. Ein gerichtlich bestellter Liquidator wird dann eingesetzt, wenn es niemanden mehr gibt, der eine Firma liquidieren kann. Eine Liquidationsgesellschaft kümmert sich somit um die Abwicklung.


Der Überfall ereignete sich sonntags, bereits am folgenden Montag wurde das Asylbewerberheim geschlossen. Die Bewohner wurden zunächst in samtgemeindeeigenen Wohnungen in Gittelde untergebracht, bis sie nach Wolfenbüttel gebracht wurden.