Berlin. Eigenwillig bis verschroben. Die Figur der Kommissarin Bella Block wurde für Hannelore Hoger zur Rolle ihres Lebens. Jetzt wird sie 75.

Gewisse Schauspieler funktionieren wie Marken: Götz George war Schimanski. Klausjürgen Wussow war Professor Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik. Und Hannelore Hoger war Bella Block. Nach über zwanzig Jahren hat sie jüngst den Dienst als Hamburger TV-Kommissarin quittiert. Frau Block befindet sich im Ruhestand. Frau Hoger auch. Kürzertreten wollte sie. Sonntag könnte sie sich Zeit nehmen zu feiern – es ist ihr Geburtstag.

Die Schauspielerin treibt ein ewiges Verwirrspiel um ihr Geburtsdatum: Immer wieder tauchen in ihren biografischen Angaben Zahlen zwischen 1941 und 1943 auf. Aber ihr sei es „wurscht“, wann man ihr gratuliert, so sagte ihre Agentin einmal. Jetzt gilt der 20. August 1942 als der Tag, an dem sie das Licht der Welt erblickte.

Bella trank Kerle unter den Tisch, sie fluchte wie ein Bierkutscher

„Wurscht“, das ist so ein Wort, das auch zu Bella Block passt. Was hat sie ihre Kollegen mit ihrer zickigen Art in die Verzweiflung getrieben. Mit der Schnoddrigkeit, mit der sie besserwisserische Chefs abblitzen ließ und mit ihrem Mut, unkonventionell zu sein, hat sie Fernsehgeschichte geschrieben: Heute ruft so eine Kommissarin weniger Staunen hervor. Aber vor 20 Jahren sah das anders aus. Männer, ja, die durften trinken, launisch sein und nicht der Idealfigur entsprechen. Aber nicht die Frauen.

Es gab Iris Berben als Rosa Roth, die im weißen Mantel und auf Pumps zum Tatort schritt. Es gab Sabine Postel als „Tatort“-Kommissarin, die zwar ein bisschen herrisch sein konnte, doch ansonsten lautlos funktionierte. Bella aber: Sie trank die Kerle unter den Tisch, sie fluchte wie ein Bierkutscher. Doch wenn sie Herz zeigte, im Umgang mit Opfern wie auch mit Psychopathen, dann war das so fein gespielt, so abseits des Klischees, dass der Zuschauer mehr die Tragödie als den Kriminalfall sah.

Mit Hannelore Hoger ist nicht immer gut Kirschen essen

Hoger, zweifache Grimme-Preisträgerin, trägt das Streitbare mit sich herum wie dieses rote Haar, das kein Alter kennt. Wie viel Bella denn in ihr stecke – das wird sie oft gefragt. In jeder Rolle stecke etwas von ihr, sagt sie abwehrend.

Sie selbst sieht sich zwar als Frau ohne „Diva-Allüren“, „ohne Primadonnen-Gehabe“, doch dass mit ihr nicht immer gut Kirschen essen ist, weiß sie schon. „Ich kann schroff und kriegerisch sein“, gibt sie in Interviews zu. Eine Therapeutin habe ihr einmal geraten: „Schreiben Sie Ihre Wut in Briefen auf. Aber schicken Sie diese Briefe niemals ab.“

Durch die „Geisel“ wurde sie der Star der deutschen Bühne

Diese Wut, wo kommt die her? Sie ist eine Kämpferin – und Kämpferinnen sind in der Regel keine sanften Engel: Hoger, die einen großen Teil ihrer Kindheit hinter der Bühne des Ohnsorg-Theaters verbrachte, weil ihr Vater dort kleinere Rollen spielte, geriet als junge Frau in eine Lebenskrise. Sie spielte Theater in Ulm. Dann wurde sie schwanger. Eine Ledige mit Kind – es war ein Skandal. Tochter Nina – heute ebenfalls eine bekannte Schauspielerin – wuchs hauptsächlich bei den Großeltern auf. Hannelore Hoger spielte in Gaststätten Theater – bis zum Umfallen. Sie kämpfte, doch das Geld reichte nie. Aus ihrer Heimat Hamburg kamen Essenspakete. Ihre Tochter kam nur zu Besuch.

Dass sie es geschafft hat, dass sie zu den Großen deutscher Bühnen zählen sollte, lag an einem Zufall. Eine Schauspielerin erkrankte, sie übernahm – es wurde ihr Durchbruch. „Die Geisel“, 1961 legendär von Peter Zadek als Revue im irischen Puff inszeniert, war Skandal und Sensation – die Hoger bald der Star der deutschen Bühnen.

Früher wollte sie von ihrer Rolle der Bella Block nicht lassen, heute ist das anders

Geheiratet hat sie nie. „Ich habe aber immer gern in Beziehungen gelebt, die eigentlich eheähnlich waren. Nur bevor es zum Thema Hochzeit kommen konnte, gingen sie in die Brüche.“ Warum das so war, deutet sie mit ihrem Erfolg: „Ich wurde bekannter – und es gibt Männer, die können das schlecht vertragen“, sagte sie gern.

Lange hatte sie behauptet, dass sie es sich gar nicht leisten könnte, die Bella Block nicht zu spielen. Die Rente reiche nicht fürs Altersheim. Doch diese Ansicht hat sie hinter sich gelassen. Jetzt sagt sie: „Wie lange soll ich das noch machen? Bis ich 104 bin?“ Sie sei im Rentnerinnenleben angekommen. „Ich habe keine Angst vor einem Loch, außer, dass ich stolpere und in eines falle.“ So hätte es Bella Block auch formuliert.