Paris. Der spanische Oscarpreisträger Javier Bardem spricht über seine schreckliche Schulzeit und das Klischee des Latin Lovers.

Als Frischzellenkur für den fünften Teil von „Fluch der Karibik“ (aktuell im Kino) hat sich Produzent Jerry Bruckheimer ein schauspielerisches Schwergewicht an Bord geholt: Javier Bardem (48) als furchteinflößender Piratenjäger. Der spanische Filmstar glänzte schon in „Skyfall“ als bitterböse Bond-Nemesis und wurde für seine Rolle als psychopathischer Killer in „No Country for Old Men“ 2008 mit dem Oscar ausgezeichnet. Im Newport Bay Club Hotel in Disneyland Paris traf Ulrich Lössl auf einen gar nicht finsteren, sondern sehr freundlichen und warmherzigen Javier Bardem.

Im neuen „Fluch der Karibik“-Teil sind Sie als Geister-Kapitän Salazar von Rachgier besessen. Haben Sie sich schon mal an jemandem gerächt?

Nein, ich bin eher der gelassene Typ. Ich glaube auch nicht, dass man eine große Befriedigung verspürt, wenn man sich an jemandem rächt. Da entsteht doch vor allem eine große Leere. Rache ist in meiner DNA nicht eingeschrieben. Ich empfände das auch eher als große Zeitverschwendung. Denn ich konzentriere mich lieber auf gute Gefühle.

Wie war denn die Zusammenarbeit mit Hauptdarsteller Johnny Depp? Wie man hörte, gab es am Set in Australien größere Probleme.

Was Johnnys Privatleben betrifft, darüber würde ich kein Sterbenswörtchen verlieren. Aber was seine Arbeit als Schauspieler angeht, da finde ich ihn ganz hervorragend, er ist ein echter Könner. Sein Timing – gerade in den lustigen Szenen – vollkommen. Abgesehen davon ist er ein sehr sensibler und herzensguter Mensch, der am Set sehr entspannt ist und sich mit allen gut versteht. Wir mussten öfter beim Drehen ein bisschen warten, bis Johnny alle Crew-Mitglieder umarmt hatte.

Sind Sie eigentlich stolz darauf, dass Sie als Spanier in Hollywood so großen Erfolg haben?

Ich freue mich über meinen Erfolg, sicher. Aber nicht deshalb, weil ich es als Spanier nach Hollywood geschafft habe. Dass ich auf Gran Canaria zur Welt gekommen bin, ist ein geografischer Zufall, mehr nicht. Ich lebe allerdings aus Überzeugung in Spanien. Das ist mir wichtig. Schon wegen meiner Kinder (mit Penélope Cruz, die er 2010 heiratete, hat er Sohn Leonardo, 5, und Tochter Luna, 2). Sie sollen im Kulturkreis ihrer Eltern aufwachsen. Deshalb haben Pe und ich Madrid als unseren Lebensmittelpunkt gewählt. Denn da leben unsere Familien, Verwandte und Freunde. Mein Nationalstolz kommt übrigens schnell an seine Grenzen: Wenn Spanien im Fußball die Weltmeisterschaft gewinnt – dann finde ich das toll. Aber das ist es dann auch schon.

Sie stammen aus einer berühmten Schauspielerdynastie. Hat das Ihre Entscheidung, selbst Schauspieler zu werden, stark beeinflusst?

Das weiß ich gar nicht so genau. Vielleicht lag es auch nur daran, dass ich ein ziemlich schlechter Schüler war. Vor allem den Zwang, der in der Schule auf uns ausgeübt wurde, fand ich schrecklich. Zu meiner Zeit war der Rohrstock im Unterricht noch gang und gäbe. Die meisten Lehrer haben ihn sehr gerne benutzt. Dazu kam, dass ich als Jugendlicher sehr schüchtern und unsicher war. Es hat also eine ganze Weile gedauert, bis ich den Mut hatte, aus den starren Konventionen auszubrechen. Und da ich mich schon immer für künstlerische Arbeit interessierte, ich wollte Maler werden, habe ich es eben auch mal mit der Schauspielerei versucht. Und das hat dann ja ganz gut funktioniert.

Sie haben es in Ihrer Karriere vermieden, als „Latin Lover“ abgestempelt zu werden …

... indem ich mich ganz bewusst diesen eindimensionalen Macho-Figuren entzogen habe. Übrigens finde ich auch dieses „Sexsymbol“-Gerede total an den Haaren herbeigezogen. Völliger Unfug. Die Leute, die so etwas in die Welt setzten, sollten mich mal nach dem Aufwachen sehen.