London. Sienna Miller spricht im Interview über den Wandel zur ernstzunehmenden Schauspielerin. Sie hätte gern studiert und liebt kluge Männer.
Sienna Miller (35) ist eine viel beschäftigte Frau. Gerade ist ihr Gangsterepos „Live by Night“ angelaufen, auf der Berlinale war nun ihr Film „Die versunkene Stadt Z“ zu sehen. Vielleicht rüstet sie sich deshalb mit einem grünen Energiedrink fürs Interview im Londoner „Claridge’s Hotel“. Sie sprüht vor Vitalität, wenn sie über die Filme und das Leben als Mutter spricht.
Für „Live by Night“ haben Sie ausgedehnte Liebesszenen mit Ben Affleck gedreht. Wie haben Sie die erlebt?
Sienna Miller: Für mich waren sie einfach komisch. Wenn du so tust, als würdest du Liebe machen, und jemand hält ein Mikrofon über deinen Kopf, dann ist das halt surreal.
Sie sind gut im Geschäft. Haben aber eine vier Jahre alte Tochter. Ist das nicht etwas schwierig, alles unter einen Hut zu kriegen?
Miller: Der Eindruck täuscht. Ja, ich habe eine ganze Reihe an tollen Filmen gedreht, aber die haben mich gar nicht so viel Zeit gekostet. Der Dreh zu „Live by Night“ dauerte zwei Wochen, „Die versunkene Stadt Z“ einen Monat – im letzten Jahr habe ich vielleicht sechs Wochen gearbeitet.
Und das ist okay, denn nichts macht mir mehr Freude, als Mutter zu sein. Nach einem Jahr Pause bin ich jetzt ganz wild, wieder zu drehen.
Sechs Wochen Arbeit im Jahr – eigentlich klingt das so, als würden Sie das Luxusleben eines Faulenzers führen.
Miller: Ich drehe nicht einfach Däumchen. Ich habe meine eigene Produktionsfirma aus der Taufe gehoben. Dafür muss ich stapelweise Material lesen. Und wir sind im letzten Jahr nach New York gezogen. Einen solchen Umzug zu organisieren, ist gewaltige Arbeit. Auch muss ich zusehen, dass meine Tochter mit ihrer neuen Vorschule klarkommt. Der Mutterjob allein ist der härteste der Welt.
Was wäre, wenn Ihre Tochter mal Ihrem Beispiel folgen möchte?
Miller: Ich würde es nicht zulassen, dass sie als Kind schon schauspielert. Aber ich liebe meinen Job – wenn sie sich später mal für die Schauspielerei entscheidet, wäre das schon okay. Es gibt Schlimmeres. Aber wenn es nach mir ginge, dann würde sie den Nobelpreis für Physik gewinnen.
Sie hatten ja ein ziemlich turbulentes Leben – einschließlich wilder Liebesgeschichten mit Jude Law und Daniel Craig. Nicht zu vergessen Ihren Kampf gegen die Boulevardpresse, die Ihr Handy hackte. Wie sehen Sie das heute?
Miller: Mein ganzes Privatleben war nicht viel anders als das, was die meisten Leute im College erleben. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich gefilmt und fotografiert wurde. Ich bereue jedenfalls nichts.
Sie sagten einmal: „Ich lasse mich nicht leicht unterkriegen“.
Miller: Das ist meine Natur. Ich weiß nicht, woher das kommt. Das Einzige, was ich wusste, war: Die Schauspielerei ist meine Leidenschaft. Nichts und niemand sollte mich davon abhalten. Und deshalb habe ich für mein Privatleben gekämpft.
Damals war es hart, denn die Leute kannten nur mein Image aus den Boulevardmedien. Viele Kollegen fangen als Schauspieler an und werden dann Celebrities. Bei mir war es andersrum.
Viele Promis beim Berlinale-Auftakt
Und es gibt wirklich nichts, das Sie bedauern?
Miller: Doch – und zwar, dass ich keine richtige Uni-Ausbildung hatte. Zu der Zeit, als ich das hätte machen könnten, ließ ich mich viel zu leicht von anderen Dingen ablenken. Mein Leben war total chaotisch, und ich selbst zu zappelig. Ich habe mir selbst die Chance auf eine richtige Ausbildung genommen.
Jetzt ist der Gedanke, an der Uni zu sitzen, mich brav nach einem Stundenplan zu richten und mir Themen für eine Seminararbeit geben zu lassen, traumhaft. Es wäre so beruhigend. Aus dem Grund genieße ich es, für meinen Job zu recherchieren und zu lesen.
Was macht Ihnen sonst noch Spaß?
Miller: Wenn ich Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringe. Ich liebe lange Spaziergänge. Mit meinem Hund muss ich ja sowieso Gassi gehen.
Und was ist mit Männern? Was lieben Sie an denen?
Miller: Intelligenz. In jeder Hinsicht – intellektuell, emotional, sozial. Intelligenz ist die attraktivste Eigenschaft, die ein Mann haben kann.
Im „Live by Night“ hängen Sie ja mit den klassischen Bösewicht- und Gangstertypen ab. Stimmt das Klischee, dass Frauen keine netten Jungs mögen?
Miller: Das ist nicht gesund. Einige fühlen sich zu gefährlichen, bösartigen Partnern hingezogen, andere suchen Liebe und Güte. Das gibt es bei Männern und Frauen.