Herzberg. Die derbe Komödie „Girls‘ Night Out“ erntet die Lacher der Frauen.

Lucia Aniellos derbe Komödie „Girls‘ Night Out“ ist ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung der feministischen Bewegung, die im vergangenen Jahrzehnt nach einer neuen Ausrichtung suchte. Aniello bedient sich eines spezifisch weiblichen Sexismus auf Ballermann-Niveau, um in ihrem Film die Geschlechter-Stereotypen in Frage zu stellen, während sie und ihr Drehbuch-Co-Autor Paul W. Downs die Figuren aber zugleich in gesellschaftlich vorgegebenen Rollen-Schemata verhaftet zeigen. Das ist reinste Dialektik.

Der Film ist quasi ein Diskurs über die Rolle der Frau im noch jungen 21. Jahrhundert: aussichtsreiche Politikerin mit ambitionierten Karriereplänen im Widerstreit mit ihren Träumen von einer harmonischen Ehe; fürsorgliche Grundschullehrerin mit Hang zum exzessiven Alkoholkonsum und Promiskuitivität; in Scheidung lebende Mutter und Ex-Lesbe; Menschenrechtsaktivistin mit einem starken Hang zum drogenaffinen Hedonismus und eine dümmliche Australierin mit einem guten Herzen – die Charaktere in „Girls‘ Night Out“ schillern förmlich vor ihrer inneren Widersprüchlichkeit. „Entschuldige mal, Schlampe, ich bin eine verdammte Zuckerschnute!“ bringt es Jilian Bell alias Lehrerin Alice auf den Punkt.

Junggesellinnenabschied mit einem toten Stripper

Der Plot ist schnell zusammengefasst: Die besten Freundinnen Pippa, Jess, Blair, Frankie und Alice verabreden sich zehn Jahre nach ihrem Collegeabschluss in einem Strandhaus in Miami Beach zu einem wilden Junggesellinnenabschied. Jess (gespielt vom Star des Films, Scarlett Johansson) will bald heiraten. Es gibt Drinks und Koks, es wird wild getanzt und gekotzt. Doch die Partystimmung endet jäh, als die sexhungrige Alice (Jillian Bell) sich buchstäblich auf den völlig überraschten Stripper stürzt und ihm in ihrer rasanten Wolllust den Schädel an der Kante des Kamins einschlägt. Der ganze Rest des Filmes dreht sich dann um die Bemühungen der wilden Weiber, das zerbrochene Lustobjekt verschwinden zu lassen.

In einem amüsanten parallelen Handlungsstrang werden der sensible Bräutigam und seine Freunde, eine Versammlung von rotweinschlürfenden Weicheiern, bei deren lächerlich-harmlosen Junggesellenabschied gezeigt.

Aus der maskulinen Perspektive bringt der Film eine erschütternde Erkenntnis mit sich: Frauen als Gruppe, noch dazu alkoholisiert und unter Drogen, sind offenbar genauso verdorben, schweinisch, notgeil und primitiv wie viele ihrer männlichen Zeitgenossen. So werden sie von Aniello jedenfalls präsentiert. Und das schallende Gelächter aus dem zu 99 Prozent mit Frauen besetzten Kinosaal zeigte, dass diese Darstellung weiblicher Eskapaden gut ankommt.

Man kann aus der offenkundigen Zustimmung des weiblichen Publikums nun verschiedene Schlüsse ziehen: Sei es, dass der Film die Wirklichkeit exakt abbildet und deshalb von den Zuschauerinnen äußerst positiv aufgenommen wurde – im Sinne einer Bejahung von gesellschaftlich verdrängten Tatsachen. Oder im Sinne eines revolutionären weiblichen Bewusstseins, dass sich wünscht, endgültig mit der männlichen Bevormundung zu brechen und auch mal hemmungslos die Sau rauszulassen. Vielleicht war es auch der vor diesem „Frauenfilmabend“ gereichte alkoholische Aperitif, der seinen Beitrag zum großen Vergnügen leistete, den die Damen deutlich vernehmbar hatten. Der Film bestätigt jedenfalls die gängige Humor-Theorie, dass ein schweinischer Witz vor großem Publikum so gut wie immer funktioniert.

Die größten Lacher gab es unter anderem in der Szene, als dem erschlagenen Stripper zur Tarnung die Party-Brille mit dem männlichen Geschlechtsteil als falsche Nase aufgesetzt wurde